1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Notsicherung contra Sanierung

Klusfelsen Notsicherung contra Sanierung

Einsturzgefahr am Denkmal Klusfelsen. Die Stadt Halberstadt, muss schnell handeln, wenn Kapelle und Klause gerettet werden sollen.

Von Jörg Endries 08.09.2016, 13:13

Halberstadt l Ein Krimi ist für Knut Schneider die aus seiner Sicht bislang „verhinderte ­Sicherung“ des Klusfelsens mit der jahrhundertealten Kapelle und Klause. Seit vielen Jahren drängt der engagierte Maschinenbau-Ingenieur aus Halberstadt darauf, das bröselnde Natur- und Baudenkmal am südöstlichen Stadtrand nachhaltig für die Zukunft zu sichern – ein Vorgang, der bei ihm bereits einen Aktenordner füllt.

Ein erneuter Deckenabbruch Anfang Juli zwingt nun die ­Eigentümerin des Klusfelsens, die Stadt Halberstadt, zum schnellen Handeln. Ein Gutachten fordert, noch vor dem Winter die von Menschenhand in den weichen Sandsteinfelsen getriebenen Räume zu sichern. Es bestünde akute Einsturzgefahr.

Während der jüngsten Tagung des Stadtentwicklungsausschusses ist über die auf 70 000 Euro geschätzte statische Notsicherung kontrovers diskutiert worden. Knut Schneider favorisiert hingegen eine Dauerlösung, die auf Jahrzehnte eine touristische Nutzung wieder ermöglichen würde und nach seinen Angaben mit maximal etwa 60 000 Euro wesentlich günstiger sei. Wütend macht den Halberstädter, dass er mit seinem Vorschlag von der Stadtverwaltung bislang ignoriert wird.

Thomas Wald, Geschäftsführer des Stadt- und Landschaftspflegebetriebes (Stala), betonte während der Ausschuss-Tagung: „Keiner kann die Garantie übernehmen, dass die Kapelle und Klause im Klusfelsen den Winter überstehen.“ Er favorisiert die vom Halberstädter Büro Dr. Lind erarbeitete Notsicherung mit einer Stahlkonstruktion. Ein Betreten des Denkmals ist damit jedoch ausgeschlossen, dafür wären weitere Investi­tionen erforderlich.

Stadtrat Kai Fünfhausen (Die Linke) forderte eine Aufklärung über die Folgekosten. „Jetzt geht es um die Sicherung, nicht mehr. Wir haben keine Technologie zur nachhaltigen Sanierung“, unterstrich Thomas Wald. Allerdings bestätigte er wenige Sätze weiter, das Schneider-Konzept zur Rettung des Denkmals vor Jahren gesehen zu haben.

Stadtrat Kai Purfürst (CDU): „Ich bin schon dafür, den Vorschlag von Knut Schneider zu prüfen, sonst sind 70 000 Euro in den Sand gesetzt.“

Stadtrat Rainer Schöne ­(Bürgerfraktion/FDP): „Ich ­frage mich, ob es sinnvoll ist, mit technischen Mitteln die Natur zu erhalten, oder zu dulden, dass die Felsen verschwinden.“

Stadtrat Dieter Kühne ­(Bürgerfraktion/FDP): „Was passiert, wenn wir den Felsen sprengen, um die Gefahr für die Öffentlichkeit zu beseitigen?“ Darauf Thomas Wald: „Ich habe noch nie gehört, dass ein Baudenkmal gesprengt wurde.“

Ausschuss-Vorsitzender Michael Herrmann (CDU) kritisierte: „Am Fuß des Klusfelsens wachsen überall Bäume, deren Wurzeln seit Jahren den ­weichen Sandstein zerstören. Warum wird nichts dagegen unternommen?“

Knut Schneider, der während der Einwohnerfragestunde zum Thema Klusfelsen-Sicherung kein Rederecht bekam, trieb die Diskussion die Zornesröte ins Gesicht. „Ich habe bereits 2011 mit der Bergakademie Freiberg ein Sanierungskonzept erarbeitet. Eine Fachfirma aus Chemnitz stand und steht bei Fuß.“ Schneider will die einsturzgefährdeten Räume im Klusfelsen mit einer Moniereisen-Gitterträgerkon­struktion sichern, die mit einer Holzverschalung zwecks Einbringung einer Spezialsandsteinbetonmischung versehen wird. „Diese Variante ist nicht nur preiswerter. Damit wäre der Klusfelsen für Touristen wieder begehbar“, sagte der Dipom-Ingenieur. Für den dramatischen Zustand, der nach seiner Meinung mit der Umsetzung seines Sanierungskonzeptes hätte verhindert werden können, macht Schneider Stala-Chef Thomas Wald verantwortlich. Obwohl dieser seit Jahren involviert sei, habe er nicht gehandelt.

Mit der Kritik steht Knut Schneider nicht allein. Ungewohnt scharf hatte jüngst Stadtratspräsident Volker Bürger (CDU) Thomas Wald während der Tagung des städtischen Finanzausschusses angegriffen, nachdem dieser betont hatte, dass er vom Zeitpunkt des Deckeneinsturzes überrascht gewesen sei. Volker Bürger: „Die jetzige Situation ist durch Ihr Nichthandeln der letzten neun Jahre entstanden.“ Der Stala-Geschäftsführer verwahrte sich gegen diese Vorhaltungen.

Thomas Wald, der auch ­Mitglied im Verein ­Halberstädter Berge ist, im Volksstimme-Gespräch: „Der Verein, der sich die Rettung der Felsen auf die Fahne geschrieben hat, hat alle erhaltenen Spenden für die Sicherung des Klusfelsens zweckgebunden ausgegeben.“ Während der Ausschusssitzung betonte er mehrmals: „Es tut mir leid, dass es zu so einer Situation gekommen ist.“

Mit zwei Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie zwei Enthaltungen hat der Stadtentwicklungsausschuss die Vorlage zur statischen Sicherung des Klusfelsens nicht zum Beschluss empfohlen. Am heutigen Donnerstag entscheidet der Stadtrat, ob die 70 000 Euro für eine Notsicherung ausgegeben werden.