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Kühlinger Straße Startschuss für Neubebauung

Archäologen graben im Zentrum Halberstadts. Danach soll der erste Spatenstich für die Neubebauung der Kühlinger Straße gesetzt werden.

Von Jörg Endries 13.10.2016, 13:04

Halberstadt l Eingezäunt ist seit einigen Tagen eine Wiese im Stadtzentrum Halberstadts – Erdhaufen türmen sich in einer Reihe. Ein Grabungsteam des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie hat laut Volksstimme-Recherche dort die Arbeit aufgenommen. Hintergrund dafür ist, dass der Wiederaufbau des am 8. April 1945 zerstörten Halberstädter Stadtzentrums in diesem Monat in seine letzte Phase tritt. 71 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges stellt sich die Halberstädter Wohnungsgesellschaft (HaWoGe) dieser anspruchsvollen Aufgabe.

Das städtische Unternehmen setzt am 24. Oktober in der Kühlinger Straße den ersten Spatenstich für mehrere neue Wohn- und Geschäftshäuser und erfüllt damit ein Versprechen, die Abrissfläche in der Kühlinger Straße 24 bis 36 städte­baulich weiterzuentwickeln. Erstmal haben die Archäologen dort das Sagen, bevor die Bagger Tatsachen schaffen. Die Fachleute untersuchen den Boden nach versteckten „Schätzen“. Ein Gesetz regelt in Sachsen-Anhalt, dass vor jedem Bau Archäologen tätig werden. Das seit mehr als 1000 Jahren besiedelte Stadtzentrum könnte für die eine oder andere Überraschung gut sein.

HaWoGe-Geschäftsführerin Beate Grebe hält mit dem Start der Bauarbeiten ein Versprechen ein. Vor fast genau einem Jahr, zur Präsentation der Entwürfe zur Neubebauung, sagte sie, dass damit im 4. Quartal 2016 begonnen werde.

Fünf Architekturbüros hatten sich am ausgeschriebenen Ideenwettbewerb beteiligt. Die Jury favorisierte den Entwurf des in Halberstadt ansässigen Büros arc architekturconzept GmbH. „Zielstellung war, eine attraktive Fassade einschließlich Eingang zu schaffen, die die Rückseite der Rathauspassagen in den Hintergrund drängt. Das ist mit dem Entwurf sehr gut gelungen“, sagte zur Präsentation im Oktober 2016 Beate Grebe. „Der Entwurf wird auch so gebaut“, bestätigte die HaWoGe-Geschäftsführerin dieser Tage auf Volksstimme-Anfrage.

Laut Plan entstehen nun 89 Zwei-, Drei- und Vier-Raum-Wohnungen. 80 Prozent sind aufgrund der hohen Nachfrage Zwei-Raum-Wohnungen im Rahmen des Projekts „neues wohnen“, einer besonderen Form des betreuten Wohnens. Der Entwurf sieht eine im Erdgeschoss durchgängige Bebauung mit darüber drei leicht versetzt dynamisch angeordneten Gebäudteilen vor. Dazu gehören ein Wohncafé und zwei Gewerberäume. Die Häuser haben sechs Etagen, mit einer Ausnahme beim Mittelgebäude mit fünf Etagen. Die Gebäude sind nach oben terrassiert und barrierefrei. Alle Wohnungen besitzen eine großzügige Freiterrasse.

Zurückhaltend ist Beate Grebe mit Informationen zur Höhe der Investition. Sie verrät nur soviel, dass diese sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen würde.

Zur Geschichte des Filetgrundstücks gehört nicht nur die Zerstörung in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Der erste Grundstein zur Wiederbebauung ist bereits in den 1980er Jahren gesetzt worden. Da Wohnraum damals in Halberstadt knapp war, wuchsen in kurzer Zeit Plattenbauten in die Höhe, die mehrere hundert Wohnungen boten. Wenige Jahre später setzte nach dem Fall der Mauer und dem stetig an Attraktivität gewinnenden Wohnungsmarkt die große Flucht aus den einst begehrten Wohnungen ein. Die HaWoGe stellte die Weichen dafür, die nicht mehr gefragten Wohnungen vom Markt zu nehmen. Insgesamt 150 Wohnungen mit einer Fläche von 11 740 Quadratmetern und 17 Gewerbeeinheiten (2190 Quadratmeter) wurden ab 2013 abgerissen. Dafür und für das Bekenntnis, die Abrissbrache mitten in der Stadt wieder zu beleben, gab es von Land und Bund Fördergeld in Höhe von 662 740 Euro.