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Museum Heimatstube zieht ins älteste Haus

Emersleben hat eine neue Attraktion. Kai Joetze stellte er kürzlich sein neues Projekt „Heimatstube“ vor.

Von Gerald Eggert 10.10.2016, 23:01

Emersleben l Aus einem privaten Partyraum, der mit allerhand Alltagsgegenständen aus der ehemaligen DDR bestückt worden war, wuchs über die Jahre eine stattliche Sammlung, die Kai Joetze zur 825-Jahr-Feier im Jahr 2011 erstmals Besuchern zugänglich machte. Seitdem wuchs nicht nur die Zahl der Neugierigen, die es immer Anfang Oktober zum Tag der offenen Tür in den „Ost-Schuppen“ zieht, sondern auch die der Exponate.

„Die Sammlung wurde immer umfangreicher, in den kleinen Räumen fehlte Platz, Neues unterzubringen. Zumal es ohnehin schon eng war. Also lagerte ich einiges ein und begab mich auf eine lange Suche nach einem geeigneten Haus, wo man vieles unterbringen kann. Ohne Erfolg“, berichtet der Emerslebener. Bis ihm vor Monaten der Zufall zu Hilfe kam, Bekannte ihm sogar bei der Vermittlung halfen und er letztendlich ein Haus erwerben konnte, das seinen Vorstellungen entspricht.

Nach den Verhandlungen mit dem bisherigen Eigentümer wurde im Mai der Kaufvertrag unterzeichnet. Damit besitzt Kai Joetze nicht nur das älteste Wohnhaus des Dorfes, sondern auch eine große Verantwortung für das selbige. Denn das Bauernhaus in der Bauernreihe 20 stammt aus dem Jahre 1652 und steht unter Denkmalschutz.

Kai Joetze suchte eine neue Herausforderung und hat sie jetzt gefunden. „Ich war mir schon bewusst, dass ich das Ganze allein nicht stemmen kann“, gibt er zu. „Doch meine bisherigen Erfahrungen besagen, dass ich immer Mitstreiter in der Familie, unter Nachbarn und Freunden für eine bestimmt Sache begeistern kann.“ Er sollte Recht behalten. Niemand fragte, warum er sich mit einem alten Gemäuer belastet, das zudem 20 Jahre leer gestanden hat. Stattdessen erhielt er die ersten Hilfsangebote. Und seitdem hat sich eine Menge getan in dem Haus mit den mehr als einem Dutzend Zimmern.

„An vielen Wochenenden waren wir im Einsatz. Manche Leute haben sogar in der Woche zugepackt, je nachdem wie sie Zeit hatten. Man kann sagen, das halbe Dorf hat mich unterstützt. Nicht zu vergessen Familie und Freunde. Alle zusammen haben das Projekt ein großes Stück voran gebracht“, sagt Joetze mit einigem Stolz. Und während hier und dort noch gewerkelt wurde, trafen schon die ersten Einrichtungsgegenstände ein.

Und so präsentierte er zum Tag der offenen Tür ein Haus mit eingerichteten Räumen. Die Wohnzimmer mit gedeckten Tischen, ein Schlafzimmer, eine Küche mit Kohleherd und allerhand Haushaltsgeräten, Bad und Toilette boten sich den Besuchern so, als seien die Bewohner gerade ausgegangen. Zu entdecken sind im Haus zudem thematisch eingerichtete Räume wie ein komplettes Fotolabor samt Fotoapparaten, Filmkameras und Projektoren verschiedener Generationen, eine historische Schusterwerkstatt, eine Hausschlachterei, ein Spielzeugzimmer und ein Raum, der von Zinkwannen bis elektrischen Waschmaschinen vieles birgt, was mit Wäschewaschen verbunden wurde und wird. Im Flur ist eine große Eisenbahnplatte aufgebaut, in der Nachbarschaft befinden sich Sammlungen von Werkzeugen, Tapeten und Farben, Weihnachtsschmuck und anderem mehr. „Es ist erstaunlich, was in Schuppen, Scheunen, Garagen und auf Dachböden noch alles so schlummert“, zeigt sich Kai ­Joetze erstaunt.

Das größte Zimmer im Haus nennt er das Vereinszimmer, weil Vereine es für ihre Zusammenkünfte nutzen können. Einen thematischen Raum möchte er gern noch einrichten: „Es geht um die ältesten Bauernfamilien im Dorf, Pape und Dippe, denen wir damit ein Denkmal setzen möchten. Leider haben wir dazu noch kein Material.“ Es könnte sozusagen ein Denkmal im Denkmal entstehen.

„Es ist erstaunlich, was in Schuppen, Scheunen, Garagen und auf Dachböden noch alles so schlummert.“

„Johannes Struve ist wahrscheinlich der Erbauer des Hauses und hat im Auftrag der Familie Pape gehandelt“, vermutet der jetzige Besitzer. „Leider konnte ich bisher noch nichts Genaues herausfinden.“

Der Tag der offenen Tür war sowohl in der Heimatstube als auch im Ostschuppen ein großer Erfolg. Viele, die beide Objekte besichtigt haben, nahmen Platz in der an diesem Tag überdachten „Pisspottgasse“, wie alteingesessene Emerslebener die schmale Schillerstraße nennen. Denn dort wurden die Gäste nicht nur mit Essen und Trinken versorgt, hier fanden sie an den Tischen schnell Gesprächspartner und konnten sich außerdem historische Bilder aus dem Dorf anschauen.

Auf vielen Seiten des Gästebuches bedankten sich die Besucher. „Die investierte Zeit zahlt sich aus. Das alte Haus lebt wieder. Wir sind begeistert. Lob für die fleißige Truppe“, schrieben die Nachbarn Petra und Detlef Lossin. Und ein anderer Eintrag: „Als Kind war ich früher oft in diesem Haus. Allerdings konnte ich mich nicht erinnern, dass so viele Räume in dem Haus waren“, erinnert sich Martina Hirsemann.