1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Udo Lindenberg greifbar nah in Halberstadt

Musical Udo Lindenberg greifbar nah in Halberstadt

Mega-Überraschung am Theater Halberstadt: Beim Schüler-Theater-Projekt „Hinterm Horizont macht Schule“ war Udo Lindenberg zu Gast.

Von Dennis Lotzmann 15.11.2017, 22:07

Halberstadt l Udo Lindenberg zum Anfassen, Udo Lindenberg fürs Erinnerungsfoto und Udo Lindenberg zum großen finalen Abrocken: Im Halberstädter Theater hat Deutschrock-Lyriker Udo Lindenberg am Mittwochabend für die Mega-Überraschung schlechthin gesorgt. Wenige Tage vor den beiden für 22. und 23. November geplanten Aufführungen des von Harzer Schülern inszenierten Musicals „Hinterm Horizont macht Schule“ hatte der 71-jährige Rockstar selbst im Publikum Platz genommen, um eine der allerletzten Proben zu erleben. Nach der umjubelten Veranstaltung ließ sich Udo nicht lange bitten und rockte zusammen mit den Schülern, die zuvor ein tolles und inhaltlich intensives Stück geboten hatten, die Bühne. „Ein Superding, ich bin total geflasht“, zollte Udo den Schülern seinen Respekt.

Der Überraschungsbesuch des Panikrockers war streng geheim eingefädelt worden. Da Lindenberg bei den Aufführungen von "Hinterm Hirizont" in Halberstadt verhindert ist, nutzte er eine letzte Probe zum Besuch. Dass hinter der Bühne etwas Besonderes lief, ließ sich erahnen, als dort schon vor der Aufführung plötzlich Jubel losbrandete. „Plötzlich stand er vor uns und wir hatten totales Herzrasen“, so Schülerinnen, die Minuten später im Foyer auf ihren großen Auftritt warteten.

Die Geschichte, die Jugendliche der Ganztagsschule Burgbreite Wernigerode, der August-Bebel-Europaschule Blankenburg sowie der Förderschulen Albert Schweitzer aus Halberstadt und David Sachs aus Quedlinburg inszeniert hatten, erzählt Udos deutsch-deutsche Liebesgeschichte nach. Udo verliebt sich in Jessy, die Mauer zwischen DDR und BRD steht schier untrennbar zwischen ihnen. Sie sind findig, wollen sich weder bevormunden noch einsperren lassen und trotzen schließlich auch der allgegenwärtigen Staatsssicherheit, die versucht, Jessy als IM-Spitzel „Regenwurm“ zu missbrauchen.

Das Stück, das in zwei kompletten Besetzungen einstudiert wurde, wird nicht nur dank der schauspielerischen und gesanglichen Leistungen der Schüler zu einer einzigartigen Perle. Viele von ihnen seien während der Proben, die bereits im Januar begannen, über sich selbst hinausgewachsen, hieß es am Rande. Es sind auch die von den Schülern gebauten Requisiten, die Kostüme und die gekonnt eingebauten historischen Filmaufnahmen rund um den Mauerbau im August 1961 und schließlich dem umjubelten Mauerfall am 9. November 1989. Eine Schülergruppe filmte Sequenzen, die die Festnahme und Inhaftierung von Jessys Bruder Elmar durch die Stasi darstellt. Hinzu kommen Udos Lieder, die textlich passender nicht sein könnten und die von den Schülern großartig gesungen werden.

Udo Lindenberg möchte die Schüler mit seiner Stiftung, die das Projekt im Harz realisiert hat, an die vergangenen Zeiten heranführen. Ihnen soll mit eigenem Erleben verdeutlicht werden, welche menschlichen Schicksale mit der damaligen innerdeutschen Mauer verbunden waren. Auf dass damit auch die Mauern in den Köpfen verschwinden und sich so etwas nie wiederholt, wie der 71-Jährige stets betont. „Von der Diktatur von früher zur wahren Demokratie von heute“, so der Rockstar, der stets für Brücken zwischen Ost und West gekämpft hat, vor der Aufführung im Halberstädter Theater.

Finanziell hat die Harzsparkasse mit ihren Stiftungen das außergewöhnliche Schülerprojekt möglich gemacht. Nach vergleichbaren Inszenierungen in Leipzig und Greifswald ist der Harz die dritte – und möglicherweise letzte – Station für das Musical „Hinterm Horizont macht Schule“. Regie führte Michael Eisenburger, Noah Fischer übernahm die künstlerische Leitung des Projekts.

Zurück zu Jessy, Udo und ihrer grenzenlosen Liebe: Die überlebt die Trennung durch Mauer und Stacheldraht. Es gibt mit Steven nicht nur einen Nachwuchs-Lindenzwerg, sondern am Ende ein Happyend mit Wiedersehen. Und es gibt eine Botschaft, die Udos Bühnenfigur treffender kaum auf den Punkt bringen könnte: „Jetzt müssen wir es nur noch schaffen, die Reste der Mauer aus den Köppen zu kloppen.“

„Das ist echtes Gänsehautfeeling“, so der Halberstädter Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) nach der Vorstellung.