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Schach Schachtradition ist Kulturerbe

Das Schachdorf Ströbeck hat den Sprung ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes geschafft.

09.12.2016, 23:01

Halberstadt (je) l Das Schachdorf Ströbeck mit seiner über 1000-jährigen Schachtradi­tion wurde auf die bundesweite Liste des Immateriellen Kulturerbes gesetzt. „Eine E-Mail der Kultusministerkonferenz, die am Freitag bei Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke eingegangen ist, bestätigt dies“, informierte Rathaus-Sprecherin Ute Huch.

„Das Expertenkomitee würdigte Ihren Vorschlag als identitätsstiftende Tradition. Es ist beeindruckend, wie stark die Schachtradition mit all den damit verbundenen Bräuchen, Festen, Symbolen und Turnieren in Ströbeck verankert ist“, heißt es in einem Brief von Prof. Dr. Christoph Wulf, Vorsitzender des Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe, und Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz. Die Einbindung von Zugezogenen zeuge vom inkludierenden Charakter dieser Praxis. Dies sowie die frühe Vermittlung an Kinder und Jugendliche seien ­Erfolgsfaktoren für die Fortführung der Tradition. „Die nationale und internationale Vernetzung des Ortes ermöglicht zudem einen regen Austausch über die kulturelle Ausdrucksform.“

Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke): „Die Freude in Halberstadt und besonders im Ortsteil ­Schachdorf Ströbeck ist riesig! Ein großes Dankeschön darf ich im Namen aller, die die Schachtradition pflegen, an die Mitglieder der Expertenkommission Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission ­übermitteln.“ Die Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes sei eine hohe Auszeichnung, derer man sich würdig erweisen werde im weiteren Bemühen um die Bewahrung der 1000-jährigen Tradition des Schachspiels im Schachdorf Ströbeck!“

„Jetzt hat der schachverrückte Ort eine Chance, eines Tages von Deutschland für die UNESCO-Liste des ­Immateriellen Kulturerbes ­vorgeschlagen zu werden, was das erklärte Ziel der Ströbecker ist“, sagte Kathrin Baltzer, ­Leiterin des Schachmuseums.

„Ich freue mich sehr, dass Ströbeck es auf die Liste geschaft hat“, betonte Ortsbürgermeister Jens Müller (SPD) auf Volksstimme-Nachfrage. Beim ersten Anlauf sei man in Sachsen-Anhalt gescheitert. „Kathrin Baltzer hat großen Anteil daran, dass es nun geklappt hat“, so der Ortsbürgermeister. Jens Müller hofft, dass damit die Chance steigt, dass es Ströbeck mit der Schachtradition auf die UNESCO-Liste schafft.

Kein anderer Ort in der Welt pflegt seit über 1000 Jahren ungebrochen das Schachspiel. Laut Legende wurde im 11. Jahrhundert ein vornehmer Kriegsgefangener auf Befehl des Bischofs von Halberstadt im Ströbecker Wartturm festgesetzt. Die Bauern, die ihn bewachten, behandelten den Fürsten gut und er lehrte sie das Schachspiel. Das Spiel wurde seither von Generation zu Generation weitergegeben.

Um das Schachspiel herum entwickelten sich viele Bräuche. Im 17. Und 18. Jahrhundert musste ein junger Mann vor der Hochzeit seine Braut mit einer Partie Schach gegen den Dorfschulzen erspielen. Verlor der Bräutigam, musste er ein Strafgeld in die Gemeindekasse zahlen. Dieser Brauch lebte 2007 wieder auf.

1823 wurde Schach Pflichtfach in der Schule. Seither können die Schüler jedes Jahr in einem Wettstreit ein Schachbrett oder Figuren gewinnen. Die Schachsymbole an den Häusern zeugen davon.

„Insbesondere durch die Initiative des Schachvereins entstanden verschiedene Schachwettkämpfe und –turniere in Ströbeck und sind bis heute fester Bestandteil des Dorflebens. Auch Schachkongresse fanden in Ströbeck statt und große Schachspieler besuchten das Dorf für unvergessene ­Simultanspiele“, berichtete Ute Huch.

Besonders beliebt ist das Ströbecker Lebendschachensemble. Vermutlich wird bereits seit 1688 mit lebenden Figuren in Ströbeck Schach gespielt. Mit ihren bunten Programm und Informationen über die Ströbecker Schachgeschichte, sind sie ein lebendiger Repräsentant der alten Schachtradition.

Mit dem neuen Prädikat „Immaterielles Kulturerbe“ hoffen die Ströbecker, ihre Schachtradition besser schützen zu können. So zum Beispiel, falls in der Zukunft überlegt werden sollte, die Ströbecker Grund- und Schachschule zu schließen. Mit der Auszeichnung Kulturerbe habe man bessere Argumente als 2004, als die Sekundarschule geschlossen wurde, so Ute Huch.