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Skatmeister Er reizt alle in Grund und Boden

Frank Winter ist 73 und ein Skat-Champion. Erstmals gewann der Wahl-Harzer alle drei deutschen Titel der Seniorenklasse.

Von Regina Urbat 05.08.2016, 01:01

Wernigerode l Er ist ein Spieler, ein unbequemer, reizt gern seine Gegenüber in Grund und Boden. Auch ist er nicht immer nett zu anderen, strotzt vor Selbstbewusstsein und … blufft. Von all dem, wie sich Frank Winter selbst einschätzt, ist im Gespräch mit ihm bei einer Tasse Kaffee in der Volksstimme-Redaktion nichts zu spüren.

Eher zurückhaltend gibt der 73-Jährige preis, dass er ein Champion ist. Schnell wird deutlich, der Mann, der vor acht Jahren seinen Wohnsitz von Staßfurt nach Wernigerode verlegt hat, ist der Champion in der bundesweiten Skatspielerszene im Seniorenbereich.

Zum ersten Mal gelang es einem Skatspieler, innerhalb einer Saison alle drei Titel in Deutschland zu gewinnen: Im Oktober 2015 siegte er in Berlin beim Kampf um den Deutschen Senioren-Pokal, Anfang Juli in Altenburg beim Internationalen Skat-Cup im der Seniorenklasse und wurde zudem Dritter im Gesamtklassement. Am 23. Juli wurde Frank Winter in Würzburg als Deutscher Senioren-Meister gefeiert. „Damit hatte keiner gerechnet“, sagt er und plaudert aus dem Nähkästchen.

200 Punkte lag er hinter dem Führenden vor der Abschlusspartie. „Ich setzte alles, reizte voll aus. Rang zwei konnte mir ja keiner mehr nehmen“, berichtet Frank Winter und schweigt plötzlich eine Weile. Scheinbar geht er Stich um Stich seines grandiosen Siegerspiels gedanklich noch einmal durch. Dann sagt er kurz und knapp: „Im Skat – zwei Buben – Grand!“

Dass das Glück sei, lehnt er kategorisch ab: „Es gibt kein Glück und Pech, nur Können und nicht Können.“ Um das zu belegen, führt er über jedes Turnier Buch. Seine Aufzeichnungen müssen Bände füllen, denn der gebürtige Thüringer spielt an 180 Tagen im Jahr Skat - dreimal in der Woche, hinzukommen Wettbewerbe und Punktspiele mit den Vereinskollegen vom Hasseröder Skatclub und Nichtraucher-Skatclub.

So intensiv betreibt er den Sport aber erst, seitdem er mit seiner Frau in den Harz gezogen ist, „wegen der schönen Landschaft“, wie er sagt. Nach seinem Studium war der Maschinenbauingenieur von 1966 bis zur Wende im Chemieanlagenbau Staßfurt tätig. Als Bauleiter viel unterwegs, fern der Heimat, spielte er oft Skat. Gelernt hatte er es von seinen Großeltern. „Sie waren fantastische Lehrmeister“, sagt er rückblickend.

Ihre Akribie, sich jeden Kartenwurf einzuprägen, zahlte sich aus. Frank Winter räumte schon bei allen großen Preisskatturnieren in der damaligen DDR ab, in Zwickau und Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, in Altenburg, Erfurt und Oberhof. Wie viele Pokale, Gläser, Kaffeeservices, Fleisch- und Wurstwaren er bislang gewonnen hat, können er nicht sagen, und wieviel Geld, darüber spreche er prinzipiell nicht. „Einmal“, verrät er, „habe ich einen Trabant gewonnen. Den habe ich gegen eine Wartburg-Anmeldung getauscht. Wir hatten ja ein Auto.“

Gleich nach der Wende zog sich Frank Winter vom Spieltisch zurück. Er zögerte nicht, den Weg in die Selbständigkeit zu gehen und gründete eine Heizungs-Sanitärfirma sowie eine Bau GbR. Die Freizeit war knapp, der Bauboom groß. 2003, mit 60 Jahren, trat er in den Ruhestand, kümmerte sich mit seiner Frau um die vier Enkelkinder. „Skat haben wir nicht gespielt“, sagt der Wahl-Harzer und fügt achselzuckend hinzu: „Es ist schwer, die heutige Jugend davon zu begeistern.“

Den Senior-Champion hält es aber nicht davon ab, weiter zu reizen und zu stechen, denn ans Aufhören „denke ich noch nicht“. Er will also weiter gewinnen und seine Preise, wie er es seit vielen Jahren handhabt, seiner Frau schenken. „Sie bucht für uns dann eine schöne Reise“, sagt Frank Winter, denn dieses Hobby teilen beide gemeinsam.