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SPD-Kreisparteitag Deutliche Worte zum Abschied

Drei Jahre stand Ronald Brachmann an der Spitze der Harzer SPD. Am Sonnabend legt er dieses Amt nieder - und findet dabei deutliche Worte.

Von Theo Weisenburger 19.11.2016, 00:01

Silstedt l Zwei wichtige Wahlen stehen an, wenn sich heute die Harzer Sozialdemokraten in Silstedt zum Kreisparteitag treffen. Der frühere Quedlinburger Oberbürgermeister Eberhard Brecht und Mario Hennig, Bundestagskandidat des Jahres 2013, kämpfen darum, von ihren Genossen als Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2017 nominiert zu werden. Und der Wernige­röder Tobias Kascha will Kreisvorsitzender werden.

Ronald Brachmann steht bei keinem dieser beiden Wahlgänge auf dem Stimmzettel, er hat auf eine erneute Kandidatur für den Kreisvorsitz verzichtet. Und doch geht es auch um ihn. Brecht ist nur angetreten, um Hennig, der nicht zu den politischen Freunden Brachmanns gehört, zu verhindern. Und Kascha wiederum ist ins Rennen geschickt worden, um Brachmann abzulösen. Dazu steht er auch: „Es hat sich im Kreis abgezeichnet, dass ein Wechsel gut wäre.“

Brachmann gehörte zu den Kritikern der früheren Parteichefin Katrin Budde und warf der Parteispitze nach dem miserablen Abschneiden der SPD bei den Landtagswahlen vor, nicht genug für einen Neuanfang getan zu haben. Vor allem aber: „Und ich hatte die Erwartung, dass diejenigen, die den bisherigen politischen Kurs zu verantworten bzw. maßgeblich mitgetragen haben, sich erst mal in Demut üben und nicht noch nach ‚Höherem‘ streben.“ Dieser Satz in seinem Anfang vergangener Woche an die Parteimitglieder verschickten Brief geht klar gegen Katrin Budde, der mit Listenplatz zwei ein sicherer Einzug in den Bundestag ermöglicht werden soll.

Diese bereits nach Bekanntwerden der Budde-Kandidatur geäußerte Kritik war wohl zuviel für die Parteispitze. Brachmann spricht davon, dass von Magdeburg aus gegen ihn Stimmung gemacht wurde. In seinem offenen Brief schreibt der Drübecker: „Es war schon vor einiger Zeit zu erkennen, dass auch in unserem Kreisverband einzelne unterwegs waren, meine erneute Kandidatur als Kreisvorsitzender zu verhindern.“

Einen Namen nennt Brachmann nicht, wen er meint, ist aber klar: Andreas Steppuhn, den einzig verbliebenen SPD-Landtagsabgeordneten aus dem Harz. Der indes gibt sich diplomatisch. Brachmanns Problem sei vor allem, dass er sein Landtagsmandat verloren habe. Das sei sicherlich eine schwierige Situation. Nun aber müsse der Kreisverband neu aufgestellt werden, Kascha sei der richtige Mann dafür.

Gegen seinen bisherigen Stellvertreter Tobias Kascha mag Brachmann auch nichts Negatives sagen. „Ich halte ihn für einen befähigten jungen Mann.“ Kascha könne unter der gegebenen Konstellation eher ein Brückenbauer zwischen den beiden Lagern im Kreisverband sein, als er selbst. Gleichwohl gibt sich Brachmann wenig zuversichtlich, dass es mit der SPD im Land bald wieder aufwärts geht. Das macht er an der nach wie vor fehlenden Bereitschaft fest, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Damit meint er die Vorgänge um den früheren Finanzminister Jens Bullerjahn, die zum Rücktritt von Wirtschaftsminister Jörg Felgner geführt haben.

Dass die Sozialdemokraten im Land derzeit wenig Muße für Zukunftsthemen haben, das verhehlt auch Brachmanns designierter Nachfolger nicht: „Wir werden uns noch einige Zeit mit uns selbst beschäftigen.“ Kascha glaubt dennoch an den Aufbruch, setzt auf Zukunftsthemen. Es geht um Nachwuchsförderung, um Bildung und um Öffentlichkeitsarbeit. Und: „Unser Einfluss auf Landesebene muss besser werden.“ Dazu müssten Impulse aus der Harzer SPD kommen, die er in den vergangenen Monaten vermisst habe, sagt er in Richtung Brachmann.

Und wie verträgt sich der geforderte Aufbruch mit der Tatsache, dass bei der Kandidatenkür zum Bundestag entweder ein Politrentner wie Eberhard Brecht zur Wahl steht oder mit Mario Hennig ein Mann, der im ersten Anlauf 2013 deutlich CDU-Frau Heike Brehmer unterlegen war? Andreas Step­puhn ficht das nicht an. „Beide sind akzeptable Kandidaten.“ Es gebe genug Beispiele, dass sogar Ministerpräsidenten mehrmals antreten mussten, ehe sie erfolgreich waren.