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Stadtführung Archäologie zum Anfassen

Erstmals wird eine archäologische Führung in Halberstadt angeboten. Das Interesse an der verborgenen Stadtgeschichte ist groß.

Von Sandra Reulecke 24.07.2017, 09:47

Halberstadt l Leere Haushaltskassen sind für Halberstadt nicht erst in der Neuzeit ein Problem, berichtet Friedrich Kunkel seinen Zuhörern und erntet einige Schmunzler. Der Museumsmitarbeiter hat erstmals zu einem archäologischen Spaziergang durch Halberstadt eingeladen. Für die Teilnehmer hat er auch eine gute Nachricht parat: Zeiten, in denen es der Domstadt wirtschaftlich ausgesprochen gut ging, lassen sich mit Grabungsfunden ebenfalls belegen.

So sind Bauarbeiter in der Heinrich-Julius-Straße auf einen echten Schatz gestoßen: 300 Silbermünzen aus der Zeit um 1430. Südlich des Stelzfußes – jenem auffälligen Fachwerkhaus mit der eigentümlichen Bauweise, das 1945 zerstört wurde – haben die Arbeiter die Münzen geborgen. 1973 war das.

Gut 20 Jahre später fand an dieser Stelle, mitten in der Innenstadt, deren Bebauung zu großen Teilen im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, eine der größten archäologischen Grabungen in Halberstadt statt. Die Grundrisse von Grubenhäusern kamen dabei zum Vorschein, der Keller des alten Rathauses, längst vergessene Brunnen, alte „Luxus-Öfen“ und sogar mittelalterliche Spardosen. Proben und Funde wurden gesichert, bevor die Innenstadt in dem Zustand errichtet wurde, in dem sie sich heute befindet.

Doch nicht nur der Stadtkern ist eine Schatzkiste für Forscher: Rund 100 archäologische Grabungsplätze sind im Stadtgebiet dokumentiert, informiert Kunkel, der seit 1980 in im Museum tätig ist. „Es wäre schade, wenn das in Vergessenheit geraten würde.“

Darum schlug der 63-Jährige vor, bei Führungen die Archäologie in den Fokus zu rücken. Bei Halberstädtern und Gästen kommt die Idee gut an: 26 Reservierungen gibt es für die erste Tour, weitere Anmeldungen folgen am Sonnabend spontan. Unter den Gästen ist Marianne Bluhm. „Man muss ja schließlich wissen, wo man wohnt“, sagt die „Neuhalberstädterin“ lachend. Sie ist 2001 in die Domstadt gezogen. Die Eheleute Vahlenkamp sind bereits 1962 aus Thüringen hergezogen. An der Geschichte der Stadt seien sie sehr interessiert. Dass auch sie ein Faible für Fakten und Zahlen haben, trugen die Mitglieder des Halberstädter Vereins „Historica Harz“ sogar zur Schau – als Aufdruck auf T-Shirts. „Ein Besuch im Museum ist schön, aber eine Führung, bei der man die Sachen vor Ort sehen kann, ist spannender“, sagt Stefan Lang. Der 28-Jährige ist aus Oschersleben für die Tour angereist.

Noch bevor diese losgeht, beeindruckte Friedrich Kunkel die Teilnehmer mit seinem Einfallsreichtum: Er hat 14 Hinweistafeln mit Informationen, Grafiken und Bildern drucken lassen. Auf einem Holzgestell mit Rollen können diese sowohl präsentiert als einfach transportiert werden.

Gespannt folgen die Teilnehmer dem Archäologen vom Treffpunkt am Museum zum Holzmarkt und lauschen seinen Ausführungen. Diese sind gespickt mit allerhand Anekdoten und geballtem Wissen – und sie sind zu ausführlich. Denn beim Blick auf die Uhr muss Friedrich Kunkel feststellen, dass er nur knapp die Hälfte der geplanten Anlaufstellen schaffen würde. Er entschuldigt sich bei den Teilnehmern und schlägt eine baldige Fortsetzung vor, die gern angenommen wird. Dafür haben die Zuhörer noch eine Bitte: Nicht so lange Stehen.

Kunkel verspricht, sich die Ratschläge zu Herzen zu nehmen – bis zur zweiten Tour am Sonnabend, 14. Oktober will er sein Programm straffen und für mehr Bewegung sorgen.