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Stadtgeschichte Theater-Schatz für Archiv

Ein besonderes Geschenk hat Werner Hartmann gestiftet - sein ­Privatarchiv zur Geschichte Halberstadts.

Von Jörg Endries 15.03.2017, 05:00

Halberstadt l Das Gedächtnis der Stadt – das Historische Stadtarchiv – erhält einen Schatz, das kostbare Hartmann-Archiv. Bereits vor drei Jahren haben Stadtchronist und Ehrenbürger Werner Hartmann und Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) ihre Unterschriften unter eine Schenkungsurkunde gesetzt. Jetzt hat sich der 94-Jährige von einem ersten Teil, der Theater-Sammlung, getrennt und dem Stadtarchiv übergeben.

3500 Programmhefte, 16.000 Bilder und 25.000 Dias erzählen von der Theater-Geschichte in Halberstadt. Darunter befindet sich ein unscheinbares Notiz-Büchlein. „Und das hat es in sich. Es ist ein Juwel“, ist Archivarin Anette Bartl begeistert. Von der ersten bis zur letzten Seite ist es mit Zetteln beklebt, die akribisch per Schreibmaschine von Hartmann beschrieben worden sind. Er hat darin sprichwörtlich Buch geführt. „Von 1905 bis etwa zum Jahr 2000 sind dort alle ­Theateraufführungen, die es in Halberstadt gegeben hat, registriert“, erzählt der Stadtchronist im Volksstimme-Gespräch. Immer wieder würde er Anfragen aus aller Welt erhalten, wann welcher Schauspieler in Halberstadt aufgetreten ist. „Ich kann zum Beispiel sofort darüber Auskunft geben, wer hier 1914 gespielt hat“, berichtet Werner Hartmann stolz.

Welchen Schatz er in seinem Besitz hat, beziehungsweise jetzt das Historische ­Stadtarchiv, wurde ihm deutlich, als er auf Nachfrage erfuhr, dass es im Nordharzer Städtebund­theater nichts Gleichwertiges gibt. „Dort gibt es kein Archiv. Nach der politischen Wende ist alles entsorgt worden. Das ist doch unfassbar“, kritisiert Werner Hartmann.

Seit über 60 Jahren schreibt der Heimatforscher alles auf, was mit seiner Heimatstadt und der Region zu tun hat und archiviert es. Er sammelt Bilder, Fotos, Karten, Zeitungsausschnitte, Dias, Hefte, Bücher und vieles mehr.

Mit einer lebensbedroh­lichen Krankheit in den 1950er Jahren hat seine Sammelleidenschaft begonnen. Werner Hartmann war damals schwer an Tuberkulose erkrankt. Zur Heilung kam er ins Schloss Langenstein, in dem sich damals eine TBC-Heilstätte befand. „Ich hatte Langeweile, da begann ich, ein Buch zu schreiben. Das hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Andere, die nichts taten, starben an TBC“, erinnert sich der Stadtchronist.

In den zurückliegenden Jahrzehnten hat Werner Hartmann ein geballtes Wissen ­zusammengetragen. Festgehalten auf etwa 80.000 Seiten Papier, auf 45.000 Bildern und Dias, davon allein 20.000 aus Halberstadt. 1000 Bücher über Halberstadt und noch einmal 800 über den Harz füllen die Regale in seinem Haus. Für Hartmann war und ist es bis heute Bedürfnis, andere an diesem Wissensschatz teilhaben zu lassen. Aus seiner Feder stammen etwa 75 Bücher und Broschüren. Ein elektronisches Gehirn, sprich Computer, benötigt Werner Hartmann bis heute weder zum Schreiben noch zum Archivieren. „Mein Kartensuchsystem funktioniert bestens. Ein Stichwort genügt.“ Übrigens sein Kopf auch. ­Darauf ist er stolz, die Arbeit hält ihn fit. Er ist wenigstens einmal pro Woche im Stadtarchiv zu Gast. Erst vor einigen Tagen hat der rüstige Senior seinen 94. Geburtstag gefeiert.

Dass sein Lebenswerk mit der Übergabe an das Historische Stadtarchiv gesichert ist, freut den Chronisten. Wichtig ist ihm, dass das Archiv künftigen Generationen zugänglich ist. Die Stadt Halberstadt garantiert ihm das.

Seit 2014 sind Mitarbeiter des Städtischen Museums Halberstadt, zu dem das Historische Stadtarchiv gehört, mit der Aufarbeitung und Digitalisierung des Hartmann-Archivs beschäftigt, informiert Museums­direktor Armin Schulze. Damit wird es künftigen Nutzern zugänglich gemacht. Simone Bliemeister, stellvertretende Museumsdirektorin, kümmert sich um die Fotos und André Pohl aus Bernburg um die Papiere. Man habe mit 12 Stunden im Monat begonnen und schnell bemerkt, dass das nicht reicht. Bisher sind mit Stand 13. März 499 Papierfotos, 372 Dias und 501 Dokumente aufgearbeitet worden. „Das hört sich nicht so viel an. Das Inventarisieren ist aber eine sehr aufwendige Arbeit, die noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird“, so Armin Schulze.