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Streit Unternehmer kämpft um Bauprojekt

Unternehmer Ulrich Nitsch plant den Bau einer Seniorenwohnanlage in Halberstadt. Der Stadtentwicklungsausschuss sagt „Nein“.

Von Jörg Endries 20.03.2016, 08:00

Halberstadt l Aus allen Wolken ist Unternehmer Ulrich Nitsch gefallen als der Stadtentwicklungs-ausschuss dem Bau einer Seniorenwohnanlage an der Großen Ringstraße in Halberstadt eine Abfuhr erteilt hat. Das Projekt hat der Senior-Chef der Halberstädter Würstchen- und Konservenfabrik GmbH & Co. KG angestoßen, damit das Unternehmen auch künftig wirtschaftlich arbeiten kann, sagt er im Volksstimme-Gespräch. Das „Nein“ aus dem Rathaus würde den über 130 Jahre alten Traditionsbetrieb, der etwa 200 Arbeitsplätze sichert, belasten. Doch was hat eine Seniorenwohnanlage mit der Zukunft der Würstchenfabrik zu tun? Für Ulrich Nitsch hängt beides eng zusammen.

„Um das Unternehmen dauerhaft wettbewerbsfähig zu halten, müssen wir an unserer Kostenstruktur arbeiten“, so der Unternehmer. Ulrich Nitsch erklärt: Vor 24 Jahren habe er die Fabrik mitsamt 120 000 Quadratmetern Fläche als Bauland erworben und in die Bilanz eingestellt. Weil er die alte Würstchenfabrik total heruntergewirtschaftet übernommen hatte, wollte er hinter den alten Produktionshallen neue bauen. Davon musste sich Nitsch verabschieden, weil das Herz der Würstchenproduktion – die Rauchanlage, in der die „Halberstädter“ ihre unverwechselbare Note bekommen – nicht umgesetzt werden konnte. „Dann wäre die gesamte ‚Flora‘ in der alten Anlage verlorengegangen.“ Daher folgte eine millionenschwere Sanierung der aus dem Jahr 1913 stammenden Gebäude. Ein Drittel des ungenutzten Baulandes liegt seitdem an der Großen Ringstraße brach und kostet die Firma jeden Monat viel Geld, erklärt Ulrich Nitsch. Bislang habe man die Fläche einem Bauern zur Pflege überlassen, doch die Nicht-Nutzung des teuer bezahlten Baulands könne man sich nicht mehr leisten. Mit einer Million Euro belastet die Fläche die Bilanz des Unternehmens. „Dürfen wir die Wohnanlage nicht bauen, müssen wir diese Summe in der Bilanz vernichten. Das würde den Betrieb schwer belasten“, befürchtet Ulrich Nitsch. Um dies zu verhindern, sei das Projekt „Heines Wohnpark“ entstanden.

Der Senior-Chef hat sich von der Seniorenwohnanlage in Harsleben inspirieren lassen. 100 Bungalows sollen auf dem verwaisten Bauland an der Großen Ringstraße entstehen – barrierefrei. Dazu gehören ein Gemeinschaftshaus mit einem Betreuungsstützpunkt und Pflegedienst. Das parkähnlich angelegte Grundstück soll für jedermann frei zugänglich sein. Damit wäre nicht nur das Firmengelände sinnvoll genutzt. Die benachbarte Würstchen- und Konservenfabrik würde von der Neuansiedlung profitieren, argumentiert der Unternehmer. Die Küche des Hotels Villa Heine könnte die Bewohner auf Wunsch mit Essen versorgen, das Houskeeping die Reinigung übernehmen, die Wäscherei die Wäsche, die Poststelle kümmert sich um Paketannahme und Zeitungsverkauf und die fest in der Firma angestellten Hausmeister und Gärtner unterhalten das neue Seniorenwohnareal, benennt Ulrich Nitsch die Synergieeffekte für das Unternehmen. Er ist überzeugt: „Dieses Projekt ist für die Stadt ein Gewinn und bietet den dringend benötigten seniorengerechten Wohnraum.“ Mit dem Vorhaben sichere man Arbeitsplätze am Standort Halberstadt und die Zukunftsfähigkeit der Würstchen- und Konservenfabrik GmbH & Co. KG. Nitsch setzt daher auf weitere positive Gespräche mit der Stadt Halberstadt, damit das Bauvorhaben „Heines Wohnpark“ kein Papiertiger bleibt. Er betont: „Wir kämpfen darum.“

Die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses hatten sich während der jüngsten Tagung einstimmig gegen den Wohnpark ausgesprochen (Volksstimme berichtete). Der Standort widerspreche dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das der Stadtrat Halberstadt vor Jahren verabschiedet hat. Das Konzept fordert, die Innenstadt zu stärken, am Stadtrand sollen keine zusätzlichen Wohnbauflächen ausgewiesen werden. Das ISEK favorisiere die Konzentration von Bauinvestitionen auf die Innenstadt entlang der Entwicklungsachsen (heutige Straßenbahnlinien), wurde die Abweisung des Bauvorhabens begründet.