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Tasse Kaffee Biker ohne Maschine

Er sieht zwar nicht so aus, aber Erik Voigt ist ein Biker aus Leidenschaft.

Von Sandra Reulecke 19.08.2016, 11:00

Wernigerode l „Es ist ein Stück Freiheit“, schwärmt Erik Voigt vom Motorradfahren. Dabei wirkt der Wernigeröder auf den ersten Blick gar nicht wie das Klischee vom Biker: Keine Tattoos blitzen hervor, statt Zottelmähne trägt er Kurzhaarschnitt und statt mit Biker-Kutte ist er mit einem klassischen dunkelgrauen Sakko gekleidet.

Wie es sich gehört. Schließlich ist Erik Voigt Geschäftsführer des Hasseröder Ferienparks in Wernigerode, in dem viele Familien mit kleinen Kindern ihren Urlaub verbringen. Aber ein paar Mal im Jahr schwingt sich der 47-Jährige auf das Motorrad statt in den Chefsessel.

Obwohl er den Führerschein für die PS starken Zweiräder seit der Wendezeit besitzt, hatte er noch nie ein eigenes Bike. „Dafür nutze ich es einfach zu selten. Die Maschine würde sich kaputt stehen und das Kosten-Leistungsverhältnis ist nicht gegeben.“ Auch das Fahren ist also eine kaufmännische Angelegenheit.

Mit Zahlen kennt sich Voigt gut aus. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann in Bad Harzburg. 2000 fragte ihn sein Vater, ob er mit ihm den Ferienpark errichten will. Ein Wagnis: In seinem ehemaligen Lehrbetrieb hat sich Voigt junior in die Betriebsführung hochgearbeitet, hatte ein gesichertes Einkommen. „Darüber musste ich ersteinmal zwei Nächte schlafen“, gesteht der Geschäftsführer. Aber schwer sei ihm der Wechsel in den Tourismus nicht gefallen. „Ob ich nun Kunststoffartikel oder Reisepakte verkaufe – das Prinzip ist das gleiche“, sagt er mit einem Augenzwinkern. 2005 wurde der Ferienpark eröffnet. Stressige Jahre, in denen Voigt es nach eigener Aussage versäumt hat, eine Familie aufzubauen. „Aber das kann ja noch kommen.“

Ausgleich zu den langen Tagen im Büro sei das Motorradfahren. Aber womit fährt er, wenn er doch kein eigenes Bike hat? „Mit geborgten Maschinen“, verrät er. Der große Vorteil an diesem Verfahren: Der Geschäftsmann kann so immer die neuesten Modelle ausprobieren. Die Bike-Verkäufer müssten keine Angst um ihre Motorräder haben. Er fahre nicht riskant, betont der Wernigeröder. „Die Verführung, schnell zu fahren, ist natürlich immer da“, räumt er ein. „Aber man muss sich beherrschen, Selbstkontrolle haben.“

Am liebsten fährt er Touren durch den Harz, kurze Strecken zwar, aber an mehreren aufeinander folgenden Tagen. Fast immer ist Erik Voigt in einer Gruppe unterwegs. „Allein macht es keinen Spaß“, erläutert er. Auch das mache Motorradfahren für ihn aus: der Zusammenhalt unter den Bikern. Man begegne sich auf Augenhöhe, unabhängig von Beruf und Stellung im „normalen Leben“.

Dies seien auch die Gründe gewesen, sich vor rund fünf Jahren den Bikerfreunden in Langenstein anzuschließen. Zu dem Dorf hat er ohnehin eine enge Verbindung. „Meine Eltern hatten in Langenstein einen Garten, in dem wir viel Zeit verbracht haben.“

Die Verbindungen zu einigen Langensteiner Freunden aus Kindertagen halten bis heute und so trat Voigt schon vor sechs, sieben Jahren als Sponsor der Biker-Treffen in Langenstein auf. „Besonders wichtig ist mir, dass die Bikerfreunde unabhängig sind und keiner Organisation angehören“, betont Voigt. „Zu den Treffen kommen auch Familienväter mit ihren Frauen und Kindern – die das Hobby nicht nur dulden sondern sogar unterstützen, indem sie das Bikertreffen persönlich begleiten.“ An diesem Wochenende erhöhen wieder Hunderte Motorrad-, Quad- und Trike-Fans die Einwohnerzahl des Halberstädter Ortsteils – und genießen bei den Ausfahrten ein Stück Freiheit.