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Tasse Kaffee Freiwillige Doppel- und Dreifachbelastung

Olaf Beder verrät der Volksstimme, wie es ist, Bürgermeister und Lehrer in einer Person zu sein.

Von Sandra Reulecke 13.08.2016, 12:32

Halberstadt/Badersleben l Wenn Olaf Beder durch seinen Heimatort Badersleben radelt, kommt er nicht weit. Hier hat jemand eine Frage zum Fest der Vereine, da gibt es eine Müllecke im Ort und das Freibad ist immer ein Thema. Auf alles soll er eine Antwort parat haben – schließlich ist der Parteilose seit dem 5. August 2009 der ehrenamtliche Bürgermeister im Ort.

Im Gegensatz zu vielen Amtskollegen leitet er die Geschicke jedoch nicht als Ruheständler. Der 53-Jährige ist Gymnasial-Lehrer am Martineum Halberstadt für Geschichte und Sport. „Ich habe meine persönlichen Interessen zum Beruf gemacht“, verrät Beder. Historisches habe ihn immer fasziniert. Und in seiner Jugend hat der 1,96 Meter große Mann Leistungssport betrieben. Rudern. „Auf nationaler Ebene war ich recht erfolgreich. Aber für Olympia hat es nicht gereicht“, sagt Beder bescheiden und lacht. Irgendwann habe er sich die Frage stellen müssen, ob er seinen Körper weiterhin mit den vielen Trainingseinheiten schinden will.

Er entschied sich dagegen und wurde Lehrer. „Immer mit jungen Leuten zu tun zu haben, hält fit. Man bleibt selbst jung“, sagt Beder. Den Beruf aufzugeben, um in die große Politik zu gehen, käme für ihn nicht infrage. „Dafür hänge ich zu sehr an meinem Job und ich käme mit den Zwängen und Rahmenbedingungen für Berufspolitiker nicht zurecht.“

Als Bürgermeister in einem Dorf sei er näher dran. „Man kann die Leute schneller mitnehmen, weil sie sehen, was um sie passiert – zum Beispiel, ob die Straße wirklich saniert wurde und wie es um das Freibad steht.“ Ergebnisse seien wichtig, um die Bürger zu motivieren – ähnlich wie es bei Schülern sei. Ohnehin gebe es viele Berührungspunkte zwischen seinem Beruf und dem Ehrenamt. „Die Schüler wollen wissen, was um sie herum passiert. Sie stellen Fragen zur Kommunalpolitik. Die Flüchtlingsdebatte oder die drohende Schließung der Diesterweggrundschule bewegen sie.“

Und ob im Unterrichtsraum oder in seiner Kommune wolle er Zukunftsperspektiven für junge Menschen schaffen. „Man muss ihnen Anreize bieten, um sie in der Region zu halten. Das betrifft Ausbildungen und Jobs ebenso wie Bauplätze und ein reges Vereinsleben, in dem sie sich gut aufgehoben fühlen“, betont der zweifache Vater. In Badersleben sei das Angebot an Freizeit-Aktivitäten groß, fügt er stolz hinzu. Zudem sei der Zusammenhalt gut. „Ich bin kein Einzelkämpfer als Bürgermeister. Im Ortschaftsrat und in den Vereinen sind viele intelligente Menschen. Die meisten ziehen an einem Strang.“ Deutlich werde dies nicht zuletzt bei Veranstaltungen im Ort. Auch er selbst ist in mehreren Vereinen Mitglied und trainiert Volleyball- sowie Basketballmannschaften.

Wie lässt sich das alles unter einen Hut bringen: Bürgermeisteramt, Unterricht, Vereinstreffen, Sport – und die Familie? „Meine Frau ist sehr verständnisvoll, sie hält mir den Rücken frei“, sagt Beder. Dennoch gebe es – trotz der Unterstützung von Mitgliedern aus dem Ortschaftsrat – Momente, in denen es ihm ein wenig zu viel wird. Weniger zu machen, komme aber nicht infrage. „Wer Veränderungen will, muss selbst etwas tun. Maulen und meckern allein hilft nicht“, ein Motto, dass er Bürgern wie Schülern gleichermaßen vermitteln möchte.