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THW Großer Bahnhof für blaue Engel

Der älteste Ortsverband des Technischen Hilfswerks in den östlichen Ländern befindet sich in Halberstedt. Jetzt wurde ein Jubiläum begangen.

Von Dennis Lotzmann 12.09.2016, 01:01

Halberstadt l Sie sind noch dabei und stehen ihren Mann: Burkhard Stange und Hans-Ulrich Elze, Rüdiger Zimmermann und Jens Röber sowie Hans-Werner und Thomas Moritz. Sechs Männer, die in den turbulenten Monaten mit Wende, Mauerfall, Wiedervereinigung und Neuaufbruch im geeinten Deutschland Geschichte geschrieben haben. Das Harzer Sextett war 1990/91 treibende Kraft beim Aufbau einer THW-Ortsgruppe in Halberstadt. Am 29. Juni 1991 – vormittags – war es soweit: Im damaligen Klubhaus der Werktätigen wurde die THW-Truppe aus der Taufe gehoben.

Die Macher von damals handelten damit nicht nur zukunftsweisend, sondern hatten obendrein die Nase vorn. Weil im thüringischen Erfurt die Gründung zwar taggleich – aber erst in den Nachmittagsstunden – über die Bühne ging, ist der Halberstädter heute unbestritten der älteste Ortsverband in den östlichen Bundesländern.

Ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem die Harzer gern mal kokettieren. Letztlich aber, wissen sie, zählen ganz andere Aspekte. Professionelles Handeln ist gefragt, um bei Gefahren und Unglücken Menschen und Tiere zu retten und Sachwerte zu schützen. Hier arbeiteten die ehrenamtlich Tätigen wie Profis zusammen – „in einem verlässlichen Räderwerk, das stets perfekt ineinander greift“, attestierte der Halberstädter Oberbürgermeister Andreas Henke der Truppe beim Festakt.

Der Linkspolitiker war nur einer der vielen prominenten Gratulanten, die am Sonnabend der Einladung zum THW-Festakt in den Tierpark gefolgt waren. Angefangen bei der Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer über Landrat Martin Skiebe, die einstige Landtagsabgeordnete Frauke Weiß und Nachfolger Daniel Szarata (alle CDU) bis hin zu zahlreichen THW-Vertretern sowie Gästen anderer Hilfsorganisationen und Feuerwehren sowie OB Henke reichte die Schar der Gratulanten. Sie alle waren der Einladung augenscheinlich gern gefolgt.

Dass mit Burkhard Henning auch der Leiter des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ans Rednerpult trat und für den unermüdlichen Einsatz dankte, war keineswegs überraschend. Mit den Profis der Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen sind die Halberstädter in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten immer wieder gefragt gewesen, wenn Flüsse über die Ufer traten.

Die Einsätze bei Überflutungen in Staßfurt, bei der Oder-Neiße-Flut oder immer wieder an Saale und Elbe sind dem Team bestens in Erinnerungen. Aber nicht nur dort rollten die blauen Engel mit ihren blau lackierten Fahrzeugen an. Auch in Polen halfen sie bei Katastrophen. „Hinzu kommen allein in Halberstadt der Brand in der Obdachlosenunterkunft, ein schweres Busunglück sowie im ,heißen‘ Sommer 2015 der Einsatz in der Zentralen Anlaufstelle (ZASt)“, erinnert THW-Sprecher Robin Schwarzer.

Damals stampften die THW‘ler binnen weniger Stunden ein komplettes Zeltdorf aus dem Boden und bewiesen einmal mehr ihre Professionalität. „Das hat uns nicht nur Respekt eingebracht, sondern auch die Kontakte zu anderen vertieft“, erinnert sich der 23-Jährige. „Wir leben ja auch davon, dass andere wissen, was wir leisten können und uns bei Bedarf rufen.“

Robin Schwarzer, der seine Wurzeln in Wernigerode hat, ist praktisch mit dem THW groß geworden – „mit Elf bin ich eingetreten“. Bei Eileen Odenbach liegt die Initialzündung erst drei Jahre zurück. Damals hatte die heute 42-Jährige an ihrem Arbeitsplatz Bilder vor Augen, die sich eingebrannt haben: „Dort das Elbehochwasser, hinter dem Deich Leute, die gegrillt haben und im Radio nur Chaos-Meldungen. Da bin ich aufgesprungen und zum THW gegangen – ich konnte nicht anders.“

Heute ist Eileen Odenbach längst eine feste Nummer beim THW in Halberstadt. Während des Festwochenendes im Tierpark ist sie zusammen mit Ingolf und Karl Puse am Aufgang zur Fundtierunterkunft mit Faschinen-Verbau beschäftigt. Die 42-Jährige packt entschlossen an, um die Reisigbündel mit Draht zu fixieren. Mit den Faschinen wird die Treppe, die neu entstanden ist, vor Erosion geschützt.

Die Arbeiten im Tierpark sind alles andere als Zufall. Das THW pflegt seit neun Jahren eine Patenschaft zum Tiergarten. Höchst ertragreich sei sie für beide Seiten, bestätigt Leiterin Marina Breitschuh. Gebe es im Gelände irgendwas zu reparieren, seien die THW-Helfer zur Stelle.

So auch diesmal. Das THW feiert nicht nur das Jubiläum im Tierpark, sondern revanchiert sich mit einem kombinierten Fest- und Ausbildungswochenende. Dabei werden mehrere Treppen erneuert und ein Teich gereinigt. „Das ist seit Jahren eine supertolle Kooperation – das THW ist immer zur Stelle und hat für alles eine Lösung. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken“, so Marina Breitschuh.

Apropos Dank: Selbigen gab es zum Jubiläum nicht nur zigfach für die versammelte Truppe der rund 65 aktiven THW-Helfer und die 20 Jugendlichen, sondern noch einmal in ganz persönlicher Form. Während der Festveranstaltung wurde Ingolf Puse für sein „unermüdliches und überdurchschnittliches Engagement“ mit dem THW-Helferzeichen in Gold geehrt. Puse nahm die Ehrung, die durchaus auch der gesamten Truppe hätte gelten können, mit der THW-typischen Bescheidenheit entgegen: Wir haben ein Ziel vor Augen – anderen in Notsituationen als Team zu helfen.