TV-Show Die Stimme aus Thale

Student Flo Unger singt sich bei der TV-Show „The Voice of Germany“ Runde um Runde weiter.

Von Sandra Reulecke 08.12.2016, 09:00

Wernigerode l Bühne statt Klassenzimmer: Der Lebensplan von Florian Unger hat sich in wenigen Monaten drastisch geändert. Der Lehramt-Student für Deutsch und Sport ist ein Teilnehmer der Fernseh-Castingshow „The Voice of Germany“ (Die Stimme Deutschlands), ein erfolgreicher noch dazu. Am heutigen Donnerstag singt der Thalenser um den Einzug in das Halbfinale.

„Klar wäre es toll, wenn ich weiterkomme. Aber alle sind so gut“, sagt der 23-Jährige. Er versuche, sich nicht mit den anderen zu vergleichen. Und: „Egal wie es weitergeht, ich werde Musik machen.“ Sein Traum ist es, in der Musikszene für eine kleine Revolution zu sorgen. „Es gibt sehr viele gute, deutschsprachige Sänger – aber kaum bekannte Rockmusiker, die auf Deutsch singen. Das möchte ich ändern.“ Er wolle mit etwas erfolgreich sein, das Ecken und Kanten hat.

Große Ziele. Dabei musste er überzeugt werden, sich bei der sechsten Staffel der Show anzumelden. Sein Bruder Oliver sei die treibende Kraft gewesen. Bis dato waren Gesangseinlagen bei Abi-Bällen die größten Auftritte.

Doch das Format von „The Voice of Germany“ gefiel Flo Unger auf Anhieb. „Hier ist niemand dabei, der es nicht wirklich verdient.“ Denn im Gegensatz zu ähnlichen Shows, kommt es in den ersten Sendungen, den „Blind Auditions“, nur auf die Stimme der Teilnehmer an – die Jury sitzt mit dem Rücken zur Bühne. Noch bevor sie das erste Mal vor Juroren, Kameras und Zuschauern singen dürfen, müssen sich die Teilnehmer bei einem mehrstufigen Auswahlverfahren beweisen.

Es sei eine aufregende Zeit gewesen. „Vor der ‚Blind Audition‘ hatte ich richtig Lampenfieber. Das war der Test für mich, ob die Musik beruflich etwas für mich ist“, berichtet Florian Unger, der lieber Flo genannt wird. Die Bühnen-Premiere ist gelungen. Seine Interpretation von „Bis ans Ende der Welt“ von Joris gefiel allen Juroren – Andreas Bourani, Smudo und Michi Beck von Fanta 4, Yvonne Catterfeld sowie Samu Haber. Sie lobten das Kratzige, „Dreckige“ in seiner Stimme und Flo Unger stand vor der Wahl: Von welcher der Musikgrößen will er sich coachen lassen? Er hat sich für Samu Haber entschieden. „Aber nicht nur, weil er für mich getanzt hat“, kommentiert der 23-Jahrige grinsend die Striptease-Einlage des finnischen Sängers. „Sondern weil ich glaube, dass ich von ihm eine Menge lernen kann.“

Gestaltet sich die Kommunikation nicht schwierig – angesichts des charmanten Deutsch-Englisch-Finnisch-Kauderwelschs, für das der Musiker bekannt ist? Flo Unger lacht. „Das funktioniert trotzdem gut.“

Der Student ist positiv überrascht, wie es hinter den Kulissen zugeht. „Die Coaches sind tatsächlich so, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Und es wird nicht versucht, die Teilnehmer zu verbiegen, man darf bleiben, wie man ist.“ Trotzdem sei die Sendung mit Druck verbunden. „Wir sind ständig von Kameras umgeben. Damit muss man umgehen können.“ Nicht zuletzt basiert das Prinzip einer Casting-Show darauf, dass es von Runde zu Runde weniger Teilnehmer werden.

„Deutsch ist eine so schöne Sprache. Ich nutze sie gern, weil sie authentisch ist.“

Für die Auftritte bereiten sich die Talente intensiv mit ihren Coaches vor, berichtet Unger. „Samu gibt uns Tipps, wie wir uns verbessern können. Nach den Proben gehen wir auch mal essen und er berichtet uns, wie das Musikgeschäft läuft.“ Und der Sänger nehme sich die Zeit, um Flo Unger beim Komponieren seiner eigenen Songs zu unterstützen.

Der Thalenser schreibt Texte in seiner Muttersprache. „Deutsch ist eine so schöne Sprache. Ich nutze sie gern, weil sie authentisch ist.“ Musik sei sein Medium, um Situationen und Gefühle zu verarbeiten. „Das ist eine Herausforderung, weil es auf Deutsch schnell kitschig rüberkommen kann.“ Mit seiner Musik möchte er künftig Chart-Erfolge feiern.

Einen ersten Schritt in diese Richtung ist ihm durch die Teilnahme bei „The Voice of Germany“ gelungen: Er gibt Interviews und wird auf der Straße von Zuschauern erkannt. „Das ist ein seltsames Gefühl. Ich bin doch nur ein ganz normaler Typ, der Musik machen möchte“, sagt er. Ihm sei bewusst, dass durch die steigende Bekanntheit die Gefahr besteht, die Bodenhaftung zu verlieren. „Aber mir ist klar, dass selbst ein Sieg bei der Sendung nicht bedeutet, dass man den Durchbruch geschafft hat. Er ist der erste Schritt auf einem langen, langen Weg.“ Flo Unger setzt darauf, dass ihn seine Freunde und seine Familie auf diesem begleiten werden. „Ich bin sehr heimatverbunden. Egal, wie es weitergeht, der Harz bleibt mein Zuhause. Ich mag die kleinen Städte hier und fühle mich wohl.“

Er ist sogar wieder in sein Elternhaus in Thale gezogen – die Lehramt-Pläne sind vorerst auf Eis gelegt, die Studenten-WG gekündigt. „Anfangs waren meine Eltern nicht so begeistert, sie hätten sich etwas Bodenständiges für mich gewünscht.“ Aber sie unterstützen ihn dennoch und seien stolz. Zumal Flo Unger das musikalische Talent von seinem Vater geerbt und auch das Gitarrespielen gelernt hat. „Er spielte in einer Band – die Tangenten. Der Name lässt es erahnen: Mein Papa ist Ma­thelehrer“, verrät Flo Unger. Auf ihn müssen künftige Schülergenerationen allerdings wohl verzichten. „Lehrer zu werden ist nur noch mein Plan B.“

„The Voice of Germany“, heute um 20.15 Uhr, SAT.1