Vereine Dorf mit Tradition

Nach fast 90 Jahren wurde in Schauen erstmals ein Ehepaar Schützenkönig.

Von Mario Heinicke 17.05.2016, 18:14

Schauen l Einmal gemeinsam Schützenkönig sein. „Das haben wir uns seit zehn Jahren gewünscht“, sagte Agnes Bindseil, die neue Schauener Schützenkönigin. Nun hat es geklappt. Denn auch Ehemann Matthias Bindseil gelang der Titel. Früher waren beide schon jeweils einmal Würdenträger, aber eben nie gemeinsam in einem Jahr.

Dabei sind beide auch im Wettkampfsport auf Kreis-ebene starke Schützen. Aber in Schauen selbst ist die Konkurrenz stark. Voriges Jahre wäre Agnes Bindseil fast schon zu ihrer zweiten Königsehre gekommen. Damals unterlag sie im Stechen Ute Fischer. Letztere hatte die bessere Neun geschossen.

Nun ähnelte sich die Szenerie. Wieder musste Bindseil ins Stechen, wieder trafen die Finalistinnen jeweils eine Neun. Doch diesmal sah Juror Marko Schulz’ kritischer Blick bei Agnes Bindseil die bessere Neun. Denise Karbaum hatte das Nachsehen.

Immerhin 64 Mitglieder zählt der Schützenverein. Das ist viel für ein Dorf mit nicht einmal 500 Einwohnern. Wohl deshalb gibt es hier keinen Volkskönig, weil eh schon alle, die schießen können, im Verein mitmachen.

Obwohl der Schützenverein seine Traditionen lebt, „sind wir kein Verein der alten Leute“, betonte Vorsitzender Frank Dorn. Er steht wie auch sein Stellvertreter Matthias Bindseil für die jüngere Generation, die vor einigen Jahren die Verantwortung übernommen hat. Die nächste Generation wird auch schon an die Traditionen herangeführt. Der Schützenverein hat jetzt wieder eine Jugendgruppe, von Jens Fischer betreut. Dieses Jahr nimmt der Nachwuchs an seinen ersten Wettbewerben teil.

Die Tradition der Schauener zeigt sich auch an der Schützenkette. 1927 wurde der Verein gegründet. Mit Ausnahme der Kriegsjahre und einiger Jahre danach wurden im Dorf durchgängig Schützenkönige ermittelt. Auch zu DDR-Zeiten. Die Plaketten der vielen männlichen Majestäten sorgen für ein stattliches Gewicht der Kette, die der König um den Hals trägt. „Die ist wirklich schwer, aber das ist auch eine Ehre“, sagte Frank Dorn, der sie am Sonnabend als Vorjahreskönig bis zur Übergabe an seinen Nachfolger trug.

Schützenköniginnen werden in Schauen übrigens erst seit 1990 ermittelt. „Vorher war es eine reine Männerdomäne“, erklärte Dorn.

Es gibt noch mehr Könige in Schauen. Der Klotzkönig ist eigentlich der schlechteste Schütze. Aber es ist doch ein durchaus begehrter Titel, weil es dafür die schönste Königsscheibe gibt. „Ich habe sie auch schon gehabt, sie gehört einfach zum Repertoire“, sagte Frank Dorn. Schämen muss sich also niemand. Manche Titelträger sollen es sogar darauf anlegen. Dieses Jahr erhielt Winfried Dudda diese schönste Scheibe.

Jugendkönig mit dem Luftgewehr wurde Antonia Dreischarf, Kinderkönig mit dem Pusterohr Yannis Hesse. Und dann gibt es noch einen Schnapskönig. Den Titel hat sich Andreas Binder verdient. Dieser Wettbewerb wird mit einer Zwille und einem mit Wasser gefüllten Luftballon ausgetragen. Dieser muss aus großer Entfernung in einen Kasten mit Loch getroffen werden, was außerordentlich schwierig ist. „Da trifft nicht jedes Jahr jemand rein“, berichtete Vorstandsmitglied Horst Fischer. Andreas Binder gelang es diesmal als einzigem Teilnehmer. Er durfte sich dafür über die Narrenfreiheit beim viertägigen Fest freuen. Denn ein Spieß überwacht das Auftreten der Vereinsmitglieder von der Anzugsordnung bis zum ordentlichen Marschieren beim Umzug und belegt Verstöße mit Strafen. Auch eine Tradition.

Er ist also eine lustige Truppe, dieser Schützenverein. Schauen ist überhaupt ein Dorf, in dem der Zusammenhalt groß ist. Das schätzt auch Agnes Bindseil. Sie wohnte in ihrem Leben schon in mehreren Orten, kam vor zehn Jahren mit ihrem Mann, einem Osterwiecker, nach Schauen.

„Hier ist es wie in einer großen Familie“, stellte sie fest. Nach den Jahren zur Miete bauen sie sich nun ein Haus in Schauen. Ein Haus, an dem vier Schützenkönigsscheiben Platz finden müssen.

1927 war das Jahr, in dem die Schauener Schützentradition begann. Nicht nur mit der Vereinsgründung, sondern auch mit dem Bau des Schützenzeltes auf dem Wahrberg und dem ersten Schützenfest, das seitdem immer zu Pfingsten stattfindet.

Nächstes Jahr ist also Jubiläum. Dass der Verein 90 Jahre durchgehalten hat, soll gebührend gefeiert werden, blickte Frank Dorn voraus. In den letzten Jahren erlebte das Schützenfest, das vor allem in den 1990ern Kult war, nach einer Durststrecke wieder einen Aufschwung. Was sich auch am Auftaktabend zeigte. Dort hatte der Verein das Experiment Reggae-Party gewagt. „Die Resonanz war positiver als letztes Jahr, ist aber immer noch ausbaufähig“, schätzte der Vorsitzende ein. Die nächste Ausbaustufe soll also Pfingsten 2017 erklommen werden.