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VorgestelltKonzept für freie Christliche Schule

Info-Veranstaltung zur weiterführenden freien christlichen Schule in Langenstein. Zahlreiche Interessierte kommen ins Rathaus.

Von Dieter Kunze 17.10.2015, 01:00

Halberstadt/Langenstein l Das Vorhaben des Halberstädter Vereins „Lernlust“, in dem ehemaligen Grundschulgebäude in Langenstein ab Mitte 2016 mit einer fünften Klasse eine neue Schulform aufzubauen, wird immer konkreter. „Wir haben jetzt einen Fünfer im Lotto“, jubelte Vereinsvorsitzender Jens Rehmann. Man sei in Sachen Schulleiterin fündig geworden.

Mit Christine Stankus vom Gymnasium Tauberbischofsheim habe man eine Erziehungswissenschaftlerin mit drei Abschlüssen und entsprechender Leitungsbefähigung gewinnen können.

Ihr Plan, unter anderem eine Latein-AG anzubieten, zeuge von einem hohen Anspruch. Fragen an die künftige Leiterin können Interessierte direkt im Internet stellen. Rehmann dankte Thomas Rimpler von der Stadtverwaltung, der evangelischen Grundschule, dem Gleimhaus und der Firma Koch für die bisherige Unterstützung.

„Ein zweiter Hammer ist unsere Referentin, Margret Rasfeld, die Innovationsexpertin“, so stellte der Vereinschef die Leiterin der Evangelischen Schule Berlin Zentrum vor, die mit ihren Erfahrungen eine wichtige Basis für das hiesige Vorhaben sein soll. Die Reformpädagogin bezweifelt, dass das heutige Schulsystem mit dem nicht vernetzten Fachunterricht den Anforderungen von morgen gerecht werden kann.

„Fünf Jahre nach dem Abitur haben unsere Schüler 95 Prozent des Gelernten vergessen“, so ihre Erfahrungen. Auf die Anforderungen in Sachen Ökologie, der wachsenden sozialen Ungleichheit und der Veränderungsdynamik in der Arbeitswelt seien die Jugendlichen nicht gut vorbereitet. „30 Prozent der Kinder gehen mit Angst in die Schule, zwei Milliarden Euro werden jährlich für Nachhilfe ausgegeben, was zu einer Überlastung führt. 16 Prozent der Abgänger der 10. Klasse seien „nicht vermittelbar“.

Selbstorganisation, Teamkompetenz, Umgang mit Verschiedenheit, Komplexität - das wird an ihrer Schule trainiert, ebenso Handlungsmut, Querdenken, Herzkraft, Kreativität, Innovations- und Begeisterungsfähigkeit. „Wir müssen weg vom Arbeitsblattlernen im Gleichschritt, hin zu individualisiertem Lernen“, fordert die Schulleiterin. Ihre Schüler lernen eigenständig und haben die Möglichkeit in unterschiedlichem Tempo auf unterschiedlichen Niveaus zu arbeiten. Sie ist gegen den 45-Minuten-Häppchen-Plan „und wenn ein Lehrer bis zu 150 verschiedene Schüler am Tag unterrichtet, ist eine Beziehung ohnehin nicht möglich“.

Um Schüler auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten, wurden zwei neue Fächer eingeführt: Verantwortung und Herausforderung. Verantwortung bedeutet: In der siebten und achten Klasse suchen sich die Schüler an einem Nachmittag in der Woche eine verantwortungsvolle Aufgabe im Gemeinwesen: zum Beispiel in der Kita, in der Grundschule, im Senioren- oder Flüchtlingsheim.

Herausforderung ist dann die Steigerung. Ab Klasse acht gehen die Schüler in kleinen Gruppen hinaus aus Berlin und müssen über drei Wochen eine Herausforderung meistern, die sie sich selbst gestellt haben. Sie müssen Gruppenkonflikte überwinden, im Team arbeiten, Pläne über den Haufen schmeißen und sich durchkämpfen.

Die Berliner Gemeinschaftsschule startet mit der Klassenstufe 7. „Morgens haben wir zunächst zwei Stunden Lernbüro", berichtete die Elftklässerin Sophia Kyrou. Da können sich Schüler des gemischten Jahrgangs von der 7. bis zur 9. Klasse aus vier Fächern Bausteine selbst zusammenstellen und mit anderen Schülern erarbeiten. „Da habe ich schnell gemerkt, ich lerne ja für mich selbst“.

Donnerstags folgt eine ganztägige, mehrwöchige Projektarbeit und Freitags steht jeweils ein Tutor für seine 13 Schüler für ein Gespräch zur Verfügung. Eine Vollversammlung, Werkstattarbeit und viele andere Elemente sorgen dafür, dass „Störpotenzial“ herausgenommen wird.

Langensteins Ortsbürgermeister Jürgen Meenken (CDU) hat die Schule besucht und bestätigt: „Ich bin überzeugt.“ Dort gibt es sieben Mal mehr Anmeldungen als jährlich Plätze bereitstehen. 50 Prozent schließen das Abi mit einer „1“ vor dem Komma ab, der Durchschnitt liegt bei 2,0, hieß es. „Hier gibt es dank der Neugründung eine super Situation“, schätzt die Referentin für Langenstein ein. Auch das Bildungsministerium in Sachsen-Anhalt sei „kein Bremser“ und der „tolle Bürgermeister“ gehe vorweg.

Am 20. Januar nächsten Jahres soll es eine weitere Informationsveranstaltung zur neuen Schule geben. Anfragen nimmt der Verein jederzeit entgegen. Zu den aufmerksamen Zuhörern gehörte Andreas Karger von der städtischen Schulverwaltung. „Wir probieren in unseren Schulen auch schon viel über Projekte aus, aber hier völlig mit neuen Ideen zu starten, bietet sicher viele Chancen“, räumte er ein.

Weitere Infos: www.lernlust-halberstadt.info