Wärmestube Ort der Wärme und Hilfe

Als vorübergehendes Angebot gedacht, ist die Wärmestube in Halberstadt seit 26 Jahren fester Anlaufpunkt für Bedürftige.

Von Sabine Scholz 23.02.2018, 12:00

Halberstadt l Ein Moment des Schweigens zeigte, dass diese Vorstellungsrunde mehr berührte als andere. Im Kulturausschuss der Stadt waren am Mittwochabend Cathleen Brand und Maria Oppermann zu Gast, um die Arbeit der Wärmestube vorzustellen.

Dass die in Containern untergebracht ist, sei eine bewusste Entscheidung gewesen, sagte Brand, die Dekanatskoordinatorin der Caritas in Halberstadt. Als die Franziskaner-Mönche die Einrichtung aufbauten, gingen sie noch davon aus, dass das Angebot der Wärmestube nur ein vorübergehendes sein würde. Wie sehr sich Pater Oswald und später die Franziskaner-Nonne Schwester Marietta irren sollten, zeigten die Zahlen, die Brand und Oppermann, Büroleiterin der Wärmestube, vorstellten.

Im vergangenen Jahr hat die Wärmestube, in der nur die Büroleiterin und die Küchenchefin mit je 30 Wochenstunden hauptamtlich angestellt sind, jede Woche durchschnittlich 102 sogenannte kalte Taschen ausgegeben. Die dürfen sich Berechtigte einmal in der Woche abholen. Ausgabetage sind montags, mittwochs und freitags. Wer seinen Hartz-IV-Bescheid oder ein Schreiben des Sozialamts vorweist, bekommt gegen Zahlung von 1,50 Euro solch eine mit Lebensmitteln gefüllte Tasche – aber nur einmal in der Woche. Zusammengerechnet waren es 7456 Menschen, die im vergangenen Jahr diese Form der Unterstützung in Anspruch genommen haben. „Erschreckend für uns ist, wieviele Kinder betroffen sind“, sagte Cathleen Brand, „fast ein Drittel der Bedürftigen sind Kinder“. Die Statistik weist für 2017 die Zahl 2509 aus.

In Not geraten könne man schnell, so die Caritas-Frau. Denn für die Bearbeitung von Bescheiden brauche es Zeit, vier Wochen sind in allen Ämtern zulässig. Aber wenn man auf den Wohngeldbescheid wartet, für den man den Hartz-IV-Bescheid braucht und für diesen aber den von der Kindergeldkasse, kommen rasch mal acht bis zwölf Wochen zusammen. „Dann brauchen Sie schnell Hilfe, und die gibt es bei uns.“ Auch über das Netzwerk an Beratungsstellen – das reicht von der Schulsozialarbeit bis zur Schuldnerberatung – werde im Notfall rasch Hilfe organisiert.

Manche, die auf kalte Taschen oder die warmen Mahlzeiten in der Wärmestube angewiesen sind, kommen nicht wieder, wenn ihre Behördenangelegenheiten geregelt sind. Andere kommen länger, weil sie in der Wartezeit einen Schuldenberg angehäuft haben, der erstmal abgetragen werden muss und wieder andere kommen schon seit 26 Jahren. „Manche unserer Gäste haben nie wieder einen Fuß auf den Arbeitsmarkt bekommen, aus den unterschiedlichsten Gründen“, sagte Cathleen Brand.

Sie erinnerte die Ausschussmitglieder daran, dass die Stadt seit Jahren keine Zuschüsse zahle, „obwohl wir eine Aufgabe der Daseinsvorsorge für die Stadt betreiben“. Dass man Obdachlose kaum im Stadtbild wahrnehme, habe auch mit der Wärmestube zu tun – viele der Wohnungslosen kommen früh um 8.30 Uhr in die Container an der Andreaskirche und gehen, wenn diese um 14 Uhr schließt.

In den Containern können sie duschen, es gibt saubere Kleidung. „Manche Gäste haben ein festes Fach bei uns, weil sie in ihren Wohnungen kein Warmwasser mehr haben oder keine Waschmaschine“, berichtete Maria Oppermann.

Die in die Jahre gekommenen Container werden zurzeit umgebaut und saniert. Die Duschen sind bereits neu, jetzt auch mit flachem Einstieg. Für den Speisesaal steht der Umbau noch aus. Hier nehmen jeden Tag im Schnitt 16 Menschen ein Frühstück ein, rund 30 ein Mittagessen. 50 Cents beziehungsweise einen Euro müssen dafür jeweils gezahlt werden. Die Lebensmittel spenden Supermärkte der Region, die jeden Tag von Ehrenamtlichen und über Arbeitsgelegenheiten beschäftigten Mitarbeiten angefahren werden.

„Wir finanzieren unsere Arbeit komplett aus Spenden, auch die Kosten für den in den Jahre gekommenen Transporter decken wir so“, informierte Brand. Und gab noch einen Wunsch weiter: „Unsere Gäste würden sich freuen, wenn sie auch wieder mehr an den kulturellen Angeboten in der Stadt teilhaben könnten. Wir sollten diese Leute nicht vergessen.“