Wechsel Der Neue

Staffelstabübergabe ist im April. Dann ist Rüdiger Becker Chef in Halberstadts Vogelkundemuseum Heineanum.

Von Sabine Scholz 28.02.2016, 08:00

Halberstadt. Er staunt noch immer, wie schnell man in Halberstadt erkannt wird. „Sie sind doch der Neue“, diese Anrede erlebe er zurzeit oft, berichtet Rüdiger Becker. Der Diplom­biologe ist seit dem 1. Oktober im Vogelkundemuseum Heineanum tätig, er wird die Leitung des Hauses übernehmen, wenn Dr. Bernd Nicolai in den Ruhestand geht.

Als die Stelle ausgeschrieben wurde, arbeitete Becker gerade in Halle als Koordinator im Zentralmagazin der naturwissenschaftlichen Sammlungen. Den Wechsel bereut er nicht, auch wenn das Leben „hier etwas langsamer pulsiert als in Halle oder Berlin“, sagt er und muss schmunzeln. Der 54-Jährige kennt auch Berlin, dort begann er seine berufliche Laufbahn nach dem Studium.

Studiert hat Becker in Göttingen, seiner Heimatstadt. Dort wurde er geboren, dort wuchs er auf, besuchte die Schule, dann die Uni. Im Hauptfach studierte er Biologie, im Nebenfach Anthropologie und Geologie. Seine Diplomarbeit schrieb er über Finkenvögel, wie er berichtet. Überhaupt ist Becker immer wieder ganz schnell bei der Arbeit, beim Heineanum, der Ornithologie. Die Arbeit hier in Halberstadt mache ihm sehr viel Spaß, sagt er, er übernehme ein gut sortiertes Haus. „Es ist viel aufgearbeitet worden in den vergangenen Jahren. Sowohl, was die Geschichte des Hauses betrifft, als auch den Sammlungsbestand selbst.“

Immerhin besitze das Haus 328 Typusexemplare aus 210 Taxa, also Vogelgruppen, sagt er. Das sei schon etwas Besonderes. Auf Nachfrage erklärt er, was ein Typusexemplar so besonders mache: „Das ist wie der Ur-Meter in Paris. Das Typusexemplar ist quasi die Erstbeschreibung eines Vogels und damit die Vergleichsbasis für weitere Forschungen. Und das weltweit.“

Wohl auch deshalb war das Heineanum für Becker kein „Unbekannter“, als er im Oktober die kleinen Büros der Museumsleitung betrat. Schon bei seiner ersten Arbeitsstelle am Berliner Museum für Naturkunde, in dem er fünf Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die ornithologische Abteilung arbeitete, war der Bezug nach Halberstadt gegeben.

Aber der Blick in die Geschichte war es nicht, der Rüdiger Becker bewog, sich um die Stelle als neuer Direktor des Heineanums zu bewerben. Offen gibt er zu, dass es ihn nach vielen Jahren der Projektarbeit reizt, fest an einem Haus zu arbeiten, mit längerfristigen Perspektiven.

Unter der Woche wohnt der Vater zweier erwachsener Kinder in Halberstadt. Die Wochenenden gehören der Familie. Außer, es gibt dienstliche Verpflichtungen, so wie an diesem Wochenende, wo die Naturschutzverbände des Harzkreises in Wernigerode tagen. Da ist er natürlich mit dabei. Seine Frau ist Oberärztin in Göttingen, sein Sohn lebt in Heidelberg, seine Tochter in Hannover.

Ausgleich zum Alltag bietet ihm die Natur. Rüdiger Becker freut sich schon darauf, den Ostharz zu erwandern. Früher ist er von Göttingen aus viel im Westharz unterwegs gewesen. Und wenn er mal nicht arbeitet oder wandert oder mit dem Fernglas Vögel beobachtet, dann kümmert er sich um seine Bienenstöcke. Das Imkern bereitet ihm großes Vergnügen. Bald geht es wieder los, dann fliegen die ersten Bienen aus und sammeln Futter. Dann ist er fast täglich an seinen Stöcken und schaut nach dem Rechten.