1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. In luftiger Höhe für Acht-Meter-Loch

EIL

Wohnungsbau In luftiger Höhe für Acht-Meter-Loch

Großbaustelle im Zentrum Halberstadts. Für den Bau der Lindenhofterrassen an der Kühlinger Straße sind drei Bohrpfähle gesetzt worden.

Von Sabine Scholz 30.11.2016, 00:01

Halberstadt l 322 kleine Maulwurfshügel überziehen die rotbraune Baugrube. Am Südrand bugsiert gerade ein Kran eine große Trafostation unter nervtötendem Warnsignal in die richtige Position. In der Mitte der Grube steht ein Spezialfahrzeug, an seinem Ausleger hängt eine knapp zehn Meter lange Bohrschnecke. Ein armdicker schwarzer Schlauch hängt ebenfalls am Ausleger. Der Schlauch ist fest mit dem Bohrer verbunden.

An der Nordseite der Baufläche steht ein Lkw mit massivem Aufbau, eine Eigenkonstruktion der Firma Jacbo. „Wir haben hier unsere Betonpumpe und gleichzeitig einen Kranarm, um die Bohrschnecken vom Transporter herüber zum Bohrkran zu heben, damit er dort eingehängt werden kann“, erklärt Jaan Vogelsang. Der Bauleiter hat die beiden eingespielten Montage- und Bohrteams im Blick. „Normalerweise sind immer vier Mann unterwegs auf den Baustellen, aber weil wir hier zwei unterschiedliche Bohrer einsetzen, sind zwei Teams vor Ort.“

Die deutsche Spezialfirma gehört zu einer niederländischen Muttergesellschaft, die nicht nur in Deutschland Pfähle in den Erdboden bringt. „Unsere Besonderheit ist, dass wir gleich beim Bohren den Beton ins Bohrloch gießen und dann die vorgefertigten Stahlbewehrungen in den Beton drücken“, erklärt Vogelsang. Dieses Verfahren spart Zeit und ist anerkannt.

„Trotzdem wollen unsere Statiker und Bodengutachter auf Nummer sicher gehen. Deshalb werden heute drei Testpfähle gesetzt“, sagt Henning Staat. Der Technikchef der Halberstädter Wohnungsgesellschaft HaWoGe beobachtet die Bohrung und steht dabei neben einem der „Maulwurfshügel“. Die zeigen, wo ab Januar die tragenden Pfähle ins Erdreich kommen sollen. Jede einzelne Bohrung ist bereits von einer Fachfirma mit einer Sonde von fünf Zentimetern Durchmesser auf mögliche Blindgänger untersucht worden. Das Stadtzentrum war im April 1945 massiv bombardiert worden, deshalb bedurfte es einer Freigabe der Fläche vom Kampfmittelbeseitigungsdienst, erläutert Henning Staat. „Die liegt jetzt für jedes Bohrloch vor.“

Während es eine kurze Debatte mit dem Betonlieferanten gibt, weil der vorgewärmte Beton den Pfahlsetzern zu flüssig ist, erläutert Staat den weiteren Ablauf des Bauvorhabens Lindenhofterrassen. „Vor Weihnachten noch werden die drei Pfähle getestet. Das heißt, ein zwei Tonnen schweres Gewicht wird aus unterschiedlichen Höhen auf die Metallhauben fallen, bis der Betonpfahl Risse zeigt oder kaputt geht. Dann lässt sich errechnen, ob die von den Statikern gewählte Pfahlstärke ausreichend ist. In der zweiten Januarwoche werden die 322 Bohrpfähle, die das Fundament unseres Neubaus bilden, gesetzt. Leichter Frost ist dabei kein Problem.“

„Eigentlich ist solch eine Probe nicht notwendig, aber wenn wir die Ergebnisse in der Tasche haben, können wir bei gleichen Bodenbeschaffenheiten wie hier in Halberstadt dieses Testgutachten vorlegen. Auch nicht schlecht“, sagt Jaan Vogelsang, bevor er mit Ronald Hogemans ein paar Absprachen trifft. Der bedient den Bohrer, hat Bohrdruck und Betondruck gleichermaßen im Visier. Sollte durch irgendeinen Umstand ein Stau entstehen, kann er die Betonpumpe abschalten, damit der armdicke, mit Eisen monierte Schlauch nicht platzt. Über diesen fließt gerade der Beton in die hohle Metallnabe der Felsbohrschnecke. Die transportiert mit ihren Wendeln den Abraum nach oben und lässt durch eine Öffnung im Meißelkranz den Beton ins Bohrloch laufen.

Während die Bewehrung in den Beton gedrückt wird, wechselt ein Team die Bohrschnecke aus. Denn außer dem Pfahl mit 62 Zentimetern Durchmesser wird am Ost- und Westende der Baugrube noch je ein Pfahl mit einem Durchmesser von 52 Zentimetern acht Meter tief ins Erdreich gebracht.