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Alphabetisierung Schreiben lernen, hilft leben lernen

Die Kreisvolkshochschule Börde widmet sich jetzt verstärkt der Alphabetisierung.

Von Thomas Junk 08.09.2015, 01:01

Haldensleben l Wenn die Behördenpost nicht gelesen werden kann, man nicht erkennt, was auf einem Straßenschild steht oder das Ausfüllen eines Formulares ein unüberwindbares Hindernis darstellt. Was für die meisten Menschen ganz normal ist, stellt Analphabeten, also Menschen, die nicht lesen und schreiben können, vor ein gewaltiges Problem. Viele trauen sich nicht an die Öffentlichkeit und probieren ihre Unfähigkeit zu verheimlichen, zu überspielen.

Diesen Menschen möchte die Kreisvolkshochschule Börde jetzt helfen. Bereits seit August des vergangenen Jahres bietet die Volkshochschule Kurse an, in denen Erwachsene den Umgang mit der Sprache erlernen. Möglich ist das durch ein Förderprojekt des Landes Sachsen-Anhalt, das durch den Europäischen Sozialfonds unterstützt wird. „Wir hatten bereits vorher vereinzelte Nachfragen nach solchen Kursen, so dass wir wussten, das ein Bedarf dafür vorhanden ist“, erklärt Sylvia Grunwald, Leiterin der Kreisvolkshochschule Börde. Mithilfe des Jobcenters, des Sozialamts und durch weitere Kontakte, konnten gezielt Menschen angesprochen werden, die nicht ausreichend lesen und schreiben können.

„Analphabetismus bedeutet ja nicht, dass jemand überhaupt nicht lesen und schreiben kann“, erklärt Katrin Kunze, die Programmbereichsleiterin für Integration und Deutsch als Fremdsprache. Viele könnten zum Beispiel Buchstaben sehr wohl lesen, es fehle aber daran, ganze Wörter zusammensetzen zu können. Von längeren Texten ganz zu schweigen. Viele Analphabeten haben sich im Laufe der Zeit auch mit ihrer Schwäche arrangiert und kämen gut durchs Leben. „Mehr als 50 Prozent unserer Kursteilnehmer haben einen festen Job“, gibt Kunze zu bedenken.

Am 10. August ist jetzt ein neuer Kurs gestartet. In 250 Unterrichtsstunden wird den zwölf Teilnehmern Lesen und Schreiben beigebracht. Und auch Mathematik spielt eine Rolle, denn oftmals geht eine Rechenschwäche einher mit Analphabetismus. Aber gut 50 Stunden wird sich in dem Kurs auch mit beruflicher Bildung beschäftigt. Den Teilnehmern werden PC-Kenntnisse vermittelt, der Umgang mit dem Internet und es werden Wege aufgezeigt, sich um einen Job zu bewerben.

„Das ganze geschieht in sehr familiärer Atmosphäre“, erklärt Sylvia Grunwald. Denn bei vielen stehe im Vorfeld die Angst im Mittelpunkt. Die Angst vor der Schule säße bei sehr vielen sehr tief, erklärt Grunwald. „Wir probieren also, ihnen die Angst zu nehmen. Wir müssen also neben dem Lesen und Schreiben lernen auch gemeinsam diese Ängste abzubauen.“

Aber die Unterstützung durch die Kreisvolkshochschule hört nicht mit dem Ende der Unterrichtsstunde auf. Ein Sozialarbeiter des Kreises hilft den Teilnehmern auch dabei, ihren Alltag besser zu bewältigen. Er hilft bei der Jobsuche oder bei Behördengängen. Er steht jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.

Heute wird zum 50. Mal der Weltalphabetisierungstag begangen. Die UNESCO hatte den Gedenktag 1965 eingeführt. Weltweit hat sich dieses Problem deutlich verringert. Laut OECD liegt die Alphabetisierung bei 79 Prozent, 1970 lag sie noch 63 Prozent. Wobei in einigen afrikanischen Ländern nur knapp 30 Prozent lesen und schreiben können.

Wer Probleme mit Lesen und Schreiben hat, kann noch in dem Kurs der Kreisvolkshochschule einsteigen. Er geht noch bis zum Ende des Jahres. Ab Januar 2016 wird dann ein weiterer Alphabetisierungs-Kurs beginnen.

Weitere Informationen zu dem Thema gibt es auf den Seiten www.alphabetisierung.de, www.alphabund.de oder www.mein-schlüssel-zur-welt.de