Ortsumgehung Zeitplan wackelt

Mit der Ortsumgehung B245n Haldensleben steht am Donnerstag ein brisantes Thema auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung.

Von Jens Kusian 30.09.2015, 01:01

Haldensleben l Die Pläne für eine Ortsumgehung B245n Haldensleben, in deren Zusammenhang die Schließung der Bahnübergänge Hagenstraße, Töberheide und Althaldensleber Straße sowie ein Tunnelbau unter dem Bahnübergang Hagenstraße hindurch stehen, haben bei Regina Blenkle seit Jahren keinen guten Stand. Schon als Stadträtin stellte sie insbesondere den Tunnelbau und die Schließung der Bahnübergänge immer wieder in Frage und wehrte sich vehement dagegen – auch wenn es dazu einen Mehrheitsbeschluss des Stadtrats gibt.

Als Bürgermeisterin sieht sie sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, die Planung für die B245n zu verzögern. So sieht es zumindest die Linke-Fraktion im Stadtrat. Die hat für die morgige Stadtratssitzung einen Antrag gestellt, die Bürgermeisterin zu beauftragen, dass sie 1.) der Aufforderung aus der 34. Kalenderwoche der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt (LSBB) unverzüglich nachzukommen und die textlichen und zeichnerischen Änderungen im Planfeststellungsverfahren zu bestätigen; 2.) die Anpassung der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung zu unterzeichnen; und 3.) alle mit den Fortschreibungen im Zusammenhang stehenden Zuarbeiten unverzüglich gegenüber dem LSBB und der Deutschen Bahn vorzulegen hat.

„Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 hatte die LSBB diese Zuarbeiten abgefordert. Trotz mehrfacher Nachfragen und Verweise auf bestehende Fristen und Terminketten hat die Bürgermeisterin bislang nicht reagiert“, begründet Linke-Fraktionsvorsitzende Roswitha Schulz den Antrag. „Der Stadt drohen damit erhebliche Nachteile bei der Umsetzung der genannten Bauvorhaben.“

Auch im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt (MLV) wird die aktuelle Entwicklung mit Sorge beobachtet. Gehört der Bau der Ortsumgehung doch zu den bedeutenden Verkehrsvorhaben des Landes, erklärt Pressereferent Peter Mennicke. „Nicht zuletzt deshalb hat das Ministerium natürlich ein großes Interesse daran, dass die Planungen dafür weiterhin zügig voran gehen. Insofern ist es bedauerlich, wenn die doch recht weit fortgeschrittenen Planungen jetzt in Verzug geraten. Deshalb ist die Bürgermeisterin von Haldensleben von Seiten unserer Planer mehrfach schriftlich aufgefordert worden, sich der Thematik im Sinne einer weiterhin konstruktiven Zusammenarbeit mit der Stadt und der zügigen Bearbeitung aller weiteren Planungsschritte anzunehmen“ so Mennicke weiter. „Letztlich würden insbesondere die Bürgerinnen und Bürger der Ohrestadt, vor allem aber auch die Unternehmen in und rund um Haldensleben maßgeblich von der neuen Trasse profitieren.“

Ein solches Unternehmen ist beispielsweise IFA Rotorion. Damit IFA expandieren konnte, ist sogar die Umverlegung des letzten Teilabschnitts der Umgehung zwischen dem Mittellandkanal und der Anbindung an die B245 in Höhe Gerikestraße/Industriestraße geprüft und mittlerweile auch geplant worden. Die Trasse hätte sonst das Gelände von IFA geteilt, eine Erweiterung des Unternehmens wäre nicht möglich geworden.

„Nach der Prüfung der Entwurfsplanung dieser Planänderung durch die LSBB waren noch Änderungen an den Unterlagen vorzunehmen sowie der Entwurf der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung fortzuschreiben. Diese Leistungen sollten bis Ende August von der Stadt Haldensleben erbracht werden“, macht Mennicke deutlich. Die Stadt sei mit Schreiben der LSBB vom 14. August sowie mit Schreiben des MLV vom 8. September jeweils mit einer Terminsetzung an die ausstehenden Leistungen erinnert worden, sagt er. „Diesbezüglich erfolgen derzeit noch Abstimmungen zwischen Stadt und LSBB. Die Stadt hat eine schnellstmögliche Übersendung der Unterlagen zugesagt“, nennt er den aktuellen Stand. Eingegangen sind die benötigten Unterlagen aber bis gestern nicht bei der LSBB.

Die von der Stadt Haldensleben noch beizubringenden Unterlagen sind für die Vorlage der geänderten Planung beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie der dortigen Erteilung des „Gesehen“-Vermerkes erforderlich. Dieser Vermerk des BMVI ist wiederum für die Fortführung des Planfeststellungsverfahrens unumgänglich sowie für die spätere Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel zwingend notwendig. „Die Nichteinhaltung des mit dem BMVI für Oktober vereinbarten Vorlagetermins würde die weitere Bearbeitung des Vorhabens und damit den Abschluss des Baurechtsverfahren, welcher Voraussetzung für den Bau der Umgehung ist, verzögern“, macht Mennicke deutlich.

Doch eine Verzögerung können sich gerade Unternehmen nicht leisten. „Die Notwendigkeit einer Umgehungsstraße ist für uns unabdingbar“, unterstreicht Felix von Nathusius, Geschäftsführer von IFA Rotorion. Das Unternehmen plant den Aufbau eines Logistikzentrums – nach Möglichkeit am Heimatstandort. Lkw in dreistelliger Anzahl sollen in Zukunft Haldensleben anfahren. „Wir rechnen mit erheblichen Mehrkosten, wenn die Lkw an den Ampeln stehen würden, anstatt uns direkt anfahren zu können. Das wäre ein Wettbewerbsnachteil!“, findet von Nathusius deutliche Worte.

„Aus diesem Grund überlegen wir, ob es für uns überhaupt Sinn macht, dieses Logistikzentrum für Haldensleben zu planen. Wenn die Umgehung nicht kommt, wäre ein Standort direkt an der Autobahn eine Alternative“, meint er. Immerhin, so sagt er, gehe es dabei um 100 bis 200 Arbeitsplätze, die in diesem Zusammenhang entstehen sollen.

Er weiß andere Unternehmen bei der Forderung nach der Umgehung für Haldensleben und auch für Wedringen hinter sich. „Das Thema besprechen wir regelmäßig bei unseren Treffen am Wirtschaftsstammtisch. Und wir alle fordern von der Stadtverwaltung, dass die Umsetzung der Umgehungsstraße Priorität haben muss“, erklärt Felix von Nathusius.

Für Regina Blenkle hingegen „bedarf die Thematik B245n noch einer umfassenden Prüfung gerade auch und im Besonderen hinsichtlich der gegebenenfalls sich ergebenden langfristigen finanziellen Verpflichtungen, die auf unsere Stadt in den Bereichen Unterhaltung, anteilige Baukosten und Serviceaufwendungen zukommen könnten“. Dies hat sie nach eigener Aussage zum Anlass genommen, sich auch persönlich in Gesprächen mit der Bahn AG in Halle zu informieren und einige Optionen anzusprechen, die möglicherweise die Interessenslage der Stadt – nicht nur der finanziellen, sondern gleichwohl auch der infrastrukturellen – optimaler berück­sichtigen könnten. Die Ergebnisse der Gespräche möchte die Bürgermeisterin morgen Abend dem Stadtrat bekanntgeben.

Die öffentliche Sitzung beginnt um 18 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Auf der Tagesordnung stehen zudem der Antrag der Fraktion Die Linke zur regelmäßigen Berichterstattung der Bürgermeisterin zu Personalangelegenheiten, der Antrag der CDU-Fraktion zur erneuten Ausschreibung für die Küchendienstleistung im EHFA sowie der Beschluss einer außerplanmäßigen Ausgabe für Schloss Hundisburg.