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Refresco Calvörde Arbeiter streiken für bessere Tarife

Einen Warnstreik hat es beim Fruchtsaftunternehmen in Calvörde gegeben. Etwa 150 Mitarbeiter legten ihre Arbeit nieder.

Von Anett Roisch 23.03.2016, 00:01

Calvörde l Etwa 150 der 225 Beschäftigten des Fruchtsaftunternehmens Refresco legten am Dienstag die Arbeit nieder. Zum Schichtwechsel versammelten sich Mitarbeiter trotz heftiger Regenschauer vor dem Haupteingang des Unternehmens zum zweistündigen Warnstreik. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte zum Streik aufgerufen und will damit der Forderung nach einer Lohnerhöhung Nachdruck verleihen. Holger Willem, Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG in Magdeburg, erklärte: „Die zweite Runde der Tarifverhandlungen über die Erhöhung der Entgelte war am 24. Februar diesen Jahres ergebnislos vertagt worden.

Auf den Tisch legten die Arbeitgeber nur eine zweiprozentige Erhöhung jeweils für 24 Monate. Das stellt uns nicht zufrieden und daran kann auch eine Vorweganhebung für einige untere Lohngruppen um fünf Euro pro Monat nichts ändern. Über dieses Angebot haben sich die Arbeitgeber nicht hinaus bewegt und das entspricht in keiner Weise den Erwartungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Beim Verteilen der Warnstreikwesten half auch Thomas Michaelis, Vorsitzender des Betriebsrates am Refresco-Standort Calvörde. Bereits im November 2013 schlossen Gerber Emig und Refresco die Fusion zum gemeinsamen Unternehmen Refresco Gerber ab. „Vor etwa zwei Jahren gab es 70 Entlassungen. Damals hatte sich Refresco entschieden, einige Maschinen aus Kostengründen nicht mehr zu betreiben. Mittlerweile sind aber wieder neue Maschinen dazugekommen. Also es wird auch investiert“, weiß Michaelis. Der Betriebsratsvorsitzende erklärte: „Nach der Entlassungswelle machen immer weniger Leute immer mehr. Die Flexibilität wird immer höher. Immer mehr wird an Wochenenden und in Schichten gearbeitet. Die Mitarbeiter wollen einen Obolus haben und beteiligt werden. Da sind zwei Prozent einfach zu wenig.“ Auf den Transparenten war unter anderem zu lesen „Für bessere Tarife. Wir haben es verdient“.

Auch aus Sicht der Gewerkschaft und ihrer Mitglieder ist eine Tariferhöhung bei den Unternehmen der Obst- und Gemüseverarbeitenden Industrie und der Mineralbrunnenindustrie drin. „Bedenken haben wir auch, weil der Arbeitgeber auch noch einen Tarifvertrag will, in dem er die Jahressonderzahlungen eventuell flexibilisieren kann“, sagte Michaelis. Der Vorsitzende des Betriebsrates befürchtet, dass es dann auch immer weniger vom sogenannten Weihnachtsgeld geben wird. Die NGG war mit der Forderung der Erhöhung der Entgelte um 130 Euro und ein Plus von 70 Euro für die Auszubildenden in die Tarifrunde gestartet.

„Streiken ist nichts schlimmes. Es ist euer Grundrecht“, versicherte Arno Fischer, Landesbezirkssekretär der NGG im Bezirk Nord. Neben dem Betrieb in Calvörde hätten sich – nach den Ausführungen von Fischer – weitere Betriebe der Tarifgemeinschaft in Niedersachsen und Bremen zu unterschiedlichen Zeitpunkten an den Warnstreiks beteiligt oder sie werden es noch tun. Die Gewerkschaft NGG sei zuversichtlich, dass die Arbeitgeberseite dieses Signal verstehen wird. „Wir sind bereit, uns wieder an den Verhandlungstisch zu setzen. Am 1. April werden die Tarifverhandlungen in Hannover in dritter Runde fortgesetzt“, versicherte Johannes Hansen, Personalleiter der Refresco GmbH.

Michael Andritzky, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Ernährungswirtschaft, der die Interessen der Unternehmer vertritt, sagte: „Wir haben bei den Tarifverhandlungen Angebote unterbreitet. Wir sind der Auffassung, dass bei einer Preissteigerungsrate von null Prozent im Moment ein Angebot von 2,2 Prozent schon eine Menge ist. Es bringt einen deutlichen Realeinkommenszuwachs für die Mitarbeiter und liegt eigentlich deutlich über dem, was die Unternehmen zu verteilen haben.“ Die wirtschaftliche Situation sei – nach seinen Ausführungen – in den meisten Betrieben angespannt. „Preiserhöhungen sind kaum durchsetzbar, und auch die anderen Kosten für die Unternehmen steigen“, argumentierte Andritzky.