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Ausschluss Abschied von der Jugendfeuerwehr

Michael Deutschmann, Jugendwart der FFW Haldensleben, ist aus der Wehr ausgeschlossen. Die Bürgermeisterin fühlt sich von ihm diffamiert.

Von Marita Bullmann 24.05.2016, 01:01

Haldensleben l Ein bisschen Hoffnung scheint Michael Deutschmann noch zu haben, dass er die Feuerwehrdienstkleidung nochmal wieder anziehen darf. Allerdings hat Bürgermeisterin Regina Blenkle den Jugendwart der Haldensleber Feuerwehr mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen.

„Als Jugendwart bin ich seit Januar 2015 kommissarisch eingesetzt gewesen. In dieser Zeit habe ich versucht, die Jugend so gut es mir möglich war, zu leiten und zu lenken. Ich denke, dass mir dies auch geglückt ist, denn steigende Mitgliederzahlen haben meine/unsere Arbeit bestätigt“, schreibt Michael Deutschmann zum Abschied auf der Facebook-Seite der Jugendfeuerwehr. „Neben meiner Familie und Job hab ich viele, viele Stunden im Gerätehaus verbracht. Zu Hause viele Dinge vorbereitet, geplant und und und! Beschweren will ich mich nicht! Ich habe es immer gern gemacht! Immer mit Herz, immer mit meiner ganzen Kraft! Alles für ,meine Kids‘!“

Michael Deutschmann hat am Sonntag seine persönlichen Dinge im Feuerwehrhaus abgeholt, er hat Schlüssel und Meldeempfänger an Wehrleiter Frank Juhl übergeben. Carola Aust, Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes der Stadtverwaltung, hatte den Wehrleiter kurz zuvor über den Ausschluss des Jugendfeuerwehrwarts in Kenntnis gesetzt.

Frank Juhl muss nun am Mittwochabend beim Ausbildungsdienst die Kameraden der Wehr informieren und fragen, ob jemand bereit ist, die Tätigkeit als Jugendfeuerwehrwart zu übernehmen.

Michael Deutschmann hatte zwar nach dem Schreiben über den beabsichtigten Ausschluss aus der Feuerwehr, das er Anfang April erhielt, zunächst alle Aktivitäten in der Jugendwehr eingestellt, vor 14 Tagen aber doch mit den Mädchen und Jungen trainiert. Dabei ging es um die Vorbereitung auf den Kreisausscheid des Jugendfeuerwehrverbandes am 4. Juni. Die Jugendfeuerwehr Haldensleben ist zumindest angemeldet. Ob sie wirklich starten wird, muss sich in den nächsten Tagen entscheiden.

Wenn sich am Mittwochabend keiner findet, der die Nachfolge von Michael Deutschmann antritt, weiß Wehrleiter Frank Juhl auch nicht, wie es weitergeht. „Wir können es uns nicht leisten, einen so einsatzbereiten Kameraden zu verlieren“, sagt er. Deutschmann hat in den vergangenen Jahren bis auf die Wehrleiterausbildung fast alle einschlägigen Lehrgänge absolviert und ist damit bei Alarmierungen der Stadtwehr universell einsetzbar. Hinzu kommt sein Engagement als Jugendwart.

Deutschmann ist 2010 aus eigenem Interesse in die Wehr eingetreten, übernahm 2011 die Aufgabe des stellvertretenden Jugendwarts und Anfang 2015 kommissarisch die des Jugendwarts.

Im Zuge des Ausschlussverfahrens war der Wehrleiter beauftragt worden, die Kameraden zum beabsichtigten Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr anzuhören. Doch die Wehrleitung hatte nach ihrer Satzung keinen Grund festgestellt, der einen Ausschluss rechtfertigen würde.

Dennoch wurde dem Jugendwart am Sonnabend ein Schreiben der Bürgermeisterin zugestellt, wonach er mit sofortiger Wirkung aus der Feuerwehr ausgeschlossen wurde. Er habe zwei Wochen Zeit, um seine Dienstsachen abzugeben, hieß es. In der mehrseitigen Begründung stand, die Bürgermeisterin könne ihn ausschließen, auch wenn die Wehrleitung dafür keinen Grund sähe, berichtet Michael Deutschmann.

Der 38-Jährige will den Ausschluss nicht hinnehmen. Vier Wochen hat er jetzt Zeit, um Widerspruch einzulegen. Er hofft, dass er in die Wehr zurückkehren kann. „Ich will wieder einsteigen, als Feuerwehrmann und als Jugendwart“, erklärt er sein Ziel.

Bei Bürgermeisterin Regina Blenkle fiel der Feuerwehrmann wegen seiner Facebook-Kommentare über die Kommunalpolitik in Haldensleben in Ungnade. Er bemängelte ihre Entscheidung, ohne jedwede Absprachen den Schulhof der Otto-Boye-Grundschule abends zu öffnen, die nach einigen Wochen rückgängig gemacht wurde. Er zeigte Unverständnis, als der damalige Dezernent Henning Konrad Otto vom Dienst freigestellt wurde.

Und er kommentierte auch weitere Handlungen der Bürgermeisterin. Er habe sie nicht diffamiert, sagte er und beruft sich auf sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Doch der Ton bei Facebook ist kein feiner. Da ergibt ein Wort das andere.

Sie habe kein Problem damit, dass Michael Deutschmann Henning Konrad Otto auch im Wahlkampf unterstützt habe, sagte Regina Blenkle, aber er müsse jetzt sie als Bürgermeisterin akzeptieren. Sie fühlt sich beleidigt.

Als die Bürgermeisterin Michael Deutschmann im Februar zu einem Gespräch bestellt hatte, sagte er zwar unter Vorbehalt zu, da er im Außendienst arbeitet, könne er den Termin aber nicht garantieren. Er bat darum, den Grund für das Gespräch zu erfahren, um sich vorbereiten zu können. Diverse Themen, war die Antwort. Als die Bürgermeisterin Michael Deutschmann erneut zu einem Gespräch einbestellte, diesmal zum Thema Verhalten und Tätigkeit in der Feuerwehr, sagte er mit Verweis auf seine Arbeitszeit wieder ab, schlug eine andere Zeit vor. Ein Gespräch kam jedoch nicht zustande.

Stattdessen erhielt der Jugendwart wenige Wochen später ein Schreiben, in dem ihm der Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr angekündigt wird. Grund: erhebliche Störung der Gemeinschaft innerhalb der Feuerwehr. Neben den Facebook-Kommentaren und der Nichtbefolgung einer Einladung der Bürgermeisterin wurde ein dritter Grund angeführt. Dabei ging es um den Ostermarsch am Ostermontag auf dem Marktplatz. „Nach Ankündigung bzw. Begrüßung der Bürgermeisterin erschallten vom Stand der Jugendfeuerwehr ,Buh-Rufe‘. Sie hatten an diesem Tag die Leitung und Aufsicht der Jugendfeuerwehr. Ich gehe also davon aus, dass Sie die Kinder zu ,Buh-Rufen‘ animierten bzw. diesen keinen Einhalt geboten haben“, hieß es im Schreiben aus der Stadtverwaltung.

Deutschmann verwahrte sich in einer Stadtratssitzung öffentlich dagegen. Die Kinder hätten nicht „Buh“ gerufen. Am Ostermontag waren die Jugendfeuerwehr und einige der aktiven Kameraden zum Ostermarsch auf dem Markt anwesend, hatte er in einer Stellungnahme geantwortet. Er habe als Jugendwart die Verantwortung für die Abteilung Jugendfeuerwehr gehabt. Und hier habe es keine Buh-Rufe gegeben. Die Jugendwehr hatte einen eigenen Stand aufgebaut.

Die Bürgermeisterin sieht das anders. Eine Haldensleberin berichtete, sie sei zu der Zeit am Feuerwehrauto vorbeigegangen und hätte ein leises „Buh“ gehört und sich umgedreht, die jungen Leute am Feuerwehrauto hätten gelächelt. Michael Deutschmann sei nicht dabei gewesen, und sie habe auch nichts von den Kindern am ihrem Stand etliche Meter weiter gehört, sagte sie auf Nachfrage.

Nach der Ankündigung ist nun der Ausschluss vollzogen. Von der Bürgermeisterin hat die Volksstimme gestern keine Stellungnahme mehr erhalten.