1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Haldensleben
  6. >
  7. Etingen wird die Hauptstadt von „Drüben“

EIL

Kabarett Etingen wird die Hauptstadt von „Drüben“

Die Hengstmann-Brüder haben den Etingern politische Satire vom Feinsten und die Bananenrepublik Deutschland unter die Lupe genommen.

Von Anett Roisch 02.06.2016, 01:01

Etingen l „Ich freue mich, dass wirklich jeder Platz in der Bauernschänke besetzt ist. Es gab noch viel mehr Interessenten, doch so wenig Stühle“, erklärte Fritz Riecke vom Vorstand des Etinger Dorfclubs und begrüßte die Hengstmann-Brüder aus Magdeburg und die Zuschauer zum Programm „Nebenbei!“.

„Hallo Etingen! Wir waren eigentlich gar nicht weg. Wir haben uns am Ortseingangsschild versteckt und gewartet, dass wir nun nach einem Jahr wieder kommen dürfen“, erzählten Tobias (34 Jahre) und Sebastian Hengstmann (37). Die Brüder gestanden, dass sie manchmal in Städte kommen, wo sie niemand kennt, aber in Etingen sei das ganz anders. Hier gäbe es zwar keine Handyverbindung, aber dafür einen herzlichen Empfang mit brüderlichem Schulterklopfen. „Nein, Etingen ist nicht am anderen Ende der Welt. Das ist Maschenhorst“, stellten die Brüder zum wiederholten Mal fest. Als sie fragten, ob jemand aus dem benachbarten Maschenhorst kommt, meldete sich niemand. Aber dafür wagten es einige Nachbarn aus Zillbeck, der geheimen Zentrale von Etingen, die Hand zu heben.

Die Hengstmänner entzündeten gleich zu Beginn des Etinger Volksfestes ein kabarettistisches Feuerwerk. Da kamen die Brüder ab und zu schon mal richtig in Rage. Sie kriegten so ganz nebenbei „son dicken Hals“ und mussten mit einer Plastetüte das Hyperventilieren in den Griff bekommen.

Natürlich wurden auch die Flüchtlingsströme, ein unverkennbarer Rechtsruck in Europa, ob in Bayern oder Ungarn, alle möglichen „...gida-Bewegungen“ und alles, was in europäischen Nebenzimmern „so ganz nebenbei“ ausgeheckt wird, nicht verschont. Die Bayern, die Saarländer und die Ossis scheinen dabei ganz besondere Spezies zu sein. Sowohl der Alpenstaat wie auch Ostdeutschland favorisierten eine Regionalpartei und seien eine Art Vielvölkerstaat, was man schon an den höchst unterschiedlichen Dialekten feststellen könne. Ostdeutschland könnte - nach Ansicht der Kabarettisten – zu einem gemeinsamen Bundesland verschmelzen und einfach „Drüben“ heißen. Natürlich läge Maschenhorst mittendrin. Etingen könnte zur Hauptstadt gekrönt werden. Außerdem müsste Berlin wieder geteilt werden – zum einen in „Berlin Flughafen“ und zum anderen in „Berlin Nichtflughafen“. Mit einer Luftbrücke könnten die Berliner versorgt werden. Natürlich müssten die Flugzeuge dann fahren, fliegen geht sowieso nicht.

Damit die Kehlen der erhitzten Geschwister nicht austrocknen, versorgte der neue Chef der Bauernschänke ganz nebenbei mit kühlem Gerstensaft. Die Hengstmänner erklärten sofort, dass der Herr ein Stein in ihren Herzen habe und dass sie im zweiten Teil von jedem Gast ein Bier spendiert haben wollen. „Themawechsel – wenn hier in Etingen jemand auf die Straße kotzt, was passiert dann?“, fragte Sebastian Hengstmann seinen Bruder. „Das bleibt liegen“, wusste dieser. „Wenn in Berlin jemand auf die Straße kotzt, ist das zeitgenössische Kunst. Da gibt es eine Theaterförderung“, erklärte der große Bruder.

Ein Dankeschön ging von Riecke – nicht nebenbei, sondern ganz direkt – an die wortgewandten Gäste und an die Mitglieder des Dorfclubs, die beim Gläserabwaschen und beim Ausschank halfen.