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Baumfällung Als wäre ein Tornado durchgerauscht

Baumfällungen am Papenberg in Haldensleben stoßen bei Anwohnern auf Unverständnis.

Von André Ziegenmeyer 31.03.2016, 20:51

Haldensleben l Tiefe Schneisen ziehen sich durch den Wald. Auf ihnen liegen kreuz und quer abgebrochene Äste. Der Boden ist zerwühlt. Für Spaziergänger bietet der Papenberg derzeit keinen schönen Anblick. Im Auftrag der Stadt hat dort eine schwere Maschine Bäume „geerntet“. Dabei handelte es sich um einen sogenannten Holzvollernter, auch als Harvester bekannt. Die Maßnahme wurde frühzeitig angekündigt. Aber mit dem Ergebnis sind nicht alle einverstanden.

Ein Anwohner hat sich in der Redaktion gemeldet. Für ihn ist die aktuelle Situation ein „unhaltbarer Zustand“. „Es sieht aus, als wäre hier ein Tornado durchgerauscht. Das ist ein Frevel an der Natur und an der Umwelt“, berichtet der Volksstimme-Leser. Bei einem Vorort-Termin erklärt er, dass auf dem Papenberg zu DDR-Zeiten gar keine Bäume geschlagen worden seien. Daher sei der Bestand teilweise überaltert. Im Prinzip sei nichts dagegen einzuwenden, alte Bäume zu fällen, damit jüngere Exemplare Platz zum Wachsen haben.

Was ihn stört, ist die Rigorosität, mit der die Arbeiten erfolgt sind: „Gerade in einem Erholungsgebiet sollte doch ein schonender Einschlag möglich sein“, betont der Anwohner. Zahlreiche Besucher der Gaststätte sowie Spaziergänger hätten sich bereits erkundigt, was denn geschehen sei.

Noch etwas Zweites ärgert ihn: „An viele große Bäume, die eigentlich weg müssten, kam der Harvester gar nicht heran. Oder sie waren so groß und ihre Kronen so schwer, dass der Fahrer Angst hatte, der Harvester könnte umkippen.“ Das möchte die Stadt so nicht stehen lassen: „Ein Harvester kann Bäume bis 2,5 Tonnen bewältigen. Das Argument trifft somit nicht zu“, erklärt Stefanie Stirnweiß von der Abteilung Stadtmarketing und Kommunikation.

„Die Rückeschneisen sind Schneisen, die seit der Anlage der Baumbestände genutzt werden. Die seinerzeit gesetzten Abstände entsprechen nicht mehr heutigen Normen, weshalb dann Einzelbäume später mittels Einzelfällung noch herausgeholt werden müssen“, so Stirnweiß weiter. Die Arbeiten seien dringend notwendig gewesen. Denn gerade im Hinblick auf den Erholungscharakter wurde der Papenberg lange von Fällungen verschont. Nun habe der Bestand ein solches Alter erreicht gehabt, dass das Holz in absehbarer Zeit nicht mehr verwertbar gewesen wäre.

„Forstwirtschaft ist aber nun mal auch ein Wirtschaftszweig für die Stadt, die in der Region über den größten Stadtwald verfügt“, erläutert Stefanie Stirnweiß. „Der Stadtrat war in die Entscheidungsfindung zur Fällung der Bäume eingebunden.“ Dass die Schneisen nach den Fällarbeiten zunächst einen „wüsten Anblick“ böten, sei normal, da die Kronen liegen blieben und „dem natürlichen Kreislauf überlassen“ würden. „Binnen einer Vegetationsperiode erholt sich die Natur, das Material wird zersetzt und es wächst neues Grün nach“, so Stirnweiß.

Der Volksstimme-Leser verweist jedoch auch auf den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dieser hat sich bereits mehrfach mit dem Einsatz von Harvestern beschäftigt.

Wie Magnus J. K. Wessel, Leiter Naturschutzpolitik und -koordination beim BUND, erklärt, nehme der Einsatz von Maschinen in der Forstwirtschaft generell zu, um Personalkosten zu sparen. „Nicht immer geschieht das zum Wohl des Waldes“, führt Wessel aus. Vor allem der Waldboden könne durch den Einsatz von Harvestern geschädigt werden. Denn die Maschinen haben oft ein enormes Gewicht. „Der Waldboden ist jedoch das Kapital der Wälder. Er enthält nicht nur Nährstoffe, sondern speichert auch Wasser, Kohlenstoff und sorgt schließlich für die Standfestigkeit der Waldbäume. Waldböden können nur dann ihre Aufgabe übernehmen, wenn sie nicht freigelegt oder verdichtet sind“, so Magnus J. K. Wessel weiter.

Stefanie Stirnweiß erklärt jedoch, dass auch die Stadt aus wirtschaftlichen Gründen auf den Einsatz von Harvestern angewiesen sei. Darüber hinaus seien die Maschinen auf den Waldboden abgestimmt. „Gewisse Schäden sind nicht zu vermeiden. Aber die Bearbeitungszyklen sind sehr lang, so dass sich der Boden in der Zwischenzeit wieder erholen kann“, berichtet Stirnweiß. Auf dem Papenberg sei zum ersten Mal ein Harvester im Einsatz gewesen.