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Bürgerversammlung Weg für Kinderheim ebnet sich

Bei einer Bürgerversammlung stellte sich Investor Thomas Lohan den Fragen der Einwohner zum geplante Kinderheim in Satuelle.

Von André Ziegenmeyer 16.10.2015, 01:01

Satuelle l Bis zu acht Kinder, deren Wohl in ihren Familien gefährdet ist, sollen künftig in Satuelle ein Zuhause auf Zeit finden – und zwar im alten Bahnhof. So sehen es die Pläne von Thomas Lohan vor. Das Gelände hat der staatlich anerkannte Erzieher bereits erworben. Doch in den letzten Monaten stockte das Projekt.

Der Stadtrat hatte der benötigten Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans seine Zustimmung erteilt. Der Ortsrat sprach sich jedoch dagegen aus. Anschließend legte Lohan seine Pläne auf Eis, weil er das Heim nicht gegen den Willen der Bürger einrichten will. Jetzt geht es wieder voran. Auftakt war eine Versammlung am Donnerstagabend in der Gaststätte Fuhrmann.

Dabei stellte Thomas Lohan zunächst sich selbst und sein Projekt vor. Der 46-Jährige ist unter anderem Teamleiter des Vereins „Gewaltfrei Sachsen-Anhalt“. Seit Jahren bietet er landesweit Unterstützung bei der Bewältigung von Konflikt- und Krisensituationen in Arbeitswelt, Jugendhilfe und Alltag an. Auf dem rund 1,5 Hektar großen Gelände in Satuelle möchte er Kinder und Jugendliche ab einem Alter von sechs Jahren betreuen – unter anderem solche, in deren Familien schwere Konflikte bestehen oder die Opfer von Gewalt geworden sind.

Nicht zuletzt gehe es dabei um die Förderung sozialer und lebenspraktischer Kompetenzen sowie um das Lernen von Wertschätzung, Eigenverantwortlichkeit und Ökobewusstsein. Grundsätzliches Ziel sei es, dass die Jugendlichen später in ihre Familien zurückkehren. Sei dies nicht möglich, könnten sie bis zur Volljährigkeit im Heim wohnen.

Zum Heim sollen beispielsweise auch eine Obstwiese, ein Gemüsegarten, ein Fischteich und ein Niedrigseilgarten gehören. Die Haltung von Kleintieren sowie ein Fitnesssport- und ein Musikraum sind ebenfalls angedacht. „Ich möchte, dass sich die Jugendlichen dort wohlfühlen“, betonte Lohan. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Lage am Rand von Satuelle durchaus bewusst gewählt sei. Auf diese Weise sollten die Jugendlichen einen gewissen Rückzugsraum haben, aber trotzdem Schulen oder Praktikumsplätze gut erreichen können.

Die rund 40 Teilnehmer der Versammlung zeigten sich interessiert, aber auch kritisch. Viele äußerten Fragen zur Finanzierung und zum genauen Konzept des Heims. Mehrere zeigten sich besorgt, dass es Ärger im Ort geben und dass es auf Dauer nicht bei acht Jugendlichen bleiben könnte. Im Gegenzug bot Thomas Lohan an, diese Zahl festzuschreiben. Wie Petra Albrecht von der Stadtverwaltung ergänzte, werde diese Grenze auch im Bebauungsplan festgehalten. Und damit rührte sie an den Punkt, an dem das Projekt in der Vergangenheit ins Stocken geraten war. Denn Thomas Lohan hatte seine Pläne für das Heim im Frühjahr schon einmal vorgestellt.

Anschließend entwickelte sich ein formales Dilemma: Denn der Ortsrat trat damals zwar zusammen, um über den Bebauungsplan abzustimmen. Wegen geringer Teilnahme war das Gremium aber nicht beschlussfähig. Am nächsten Abend trat der Haldensleber Stadtrat zusammen und stimmte den Plänen zu – ohne Empfehlung aus Satuelle. Bei seiner nächsten Sitzung erteilte der Ortsrat dem geplanten Heim dann eine Abfuhr. Damit nicht genug: Wie Ortsbürgermeister Mario Schumacher erklärte, habe der Stadtratsbeschluss ohne Anhörung des Ortsrates gegen das Kommunalverfassungsgesetz Sachsen-Anhalt verstoßen.

Bürgermeisterin Regina Blenkle machte den Einwohnern bei der Versammlung folgenden Vorschlag: Der Stadtratsbeschluss sei zwar nicht korrekt zustande gekommen. Andererseits habe niemand in der vorgeschriebenen Frist Beschwerde eingereicht. Daher habe die Entscheidung Bestand. Sie sprach sich dafür aus, die nächste benötigte Beschlussvorlage von der Verwaltung ausarbeiten zu lassen. Denn bis tatsächlich Baurecht besteht, sind mehrere Schritte notwendig. Unter anderem müssen die Pläne öffentlich ausgelegt werden, um Bürgern die Chance zu geben, mögliche Einwände zu äußern.

Regina Blenkle plädierte dafür, mit dem üblichen Abläufen fortzufahren, künftig aber die ordnungsgemäße Reihenfolge von Ortsrats- und Stadtratsbeschlüssen einzuhalten. Mit diesem Vorschlag stieß sie bei der Mehrheit der Anwesenden auf Zustimmung.

Auch für die Heimpläne selbst schien sich am Ende der Veranstaltung Unterstützung abzuzeichnen. „Wir müssen keine Angst haben. Diese Kinder haben so viel erlebt. Wir sollten ihnen einfach eine Chance geben“, erklärte eine Teilnehmerin. Wie Thomas Lohan auf Nachfrage erklärte, könne das Heim im September nächsten Jahres eröffnet werden – falls es keine Verzögerungen gibt.