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Dachsburg Schießstand sorgt für Kontroverse

Die Dachsburg bei Satuelle soll instand gesetzt werden. Die Mitglieder des Ortschaftsrates zeigen sich skeptisch.

Von André Ziegenmeyer 29.06.2017, 01:01

Satuelle l Das Grün gedeiht üppig, der 100-Meter-Kugelschießstand ist kaum noch zu erkennen. Das soll sich ändern, erklärt Reinhard Schulz. Seit November ist er der Vorsitzende des Schießstandvereins Dachsburg. Zu diesem Verein gehören die Jägerschaft, die Schützengilde und die junge Schützengesellschaft Haldensleben.

„Die Dachsburg war einer der modernsten Schießstände in der DDR“, sagt Reinhard Schulz. Mittlerweile bietet sich ein anderes Bild. Nur der Wurfscheibenstand für Trap- und Skeet-Schießen wird noch genutzt. Die anderen vier Stände sind außer Betrieb. Sie genügen den gesetzlichen Bestimmungen nicht. Das stellt den Verein vor ein Problem. Ein Zweck der Dachsburg bestehe darin, die Ausbildung von Jungjägern zu ermöglichen. Auch gestandene Jäger bräuchten Trainingsmöglichkeiten. Nicht zuletzt habe man Mitglieder, die an der Bundesmeisterschaft im jagdlich-sportlichen Schießen teilnähmen.

Vor allem müssten Jäger in Sachsen-Anhalt künftig einen Schießnachweis vorlegen. „Sonst können sie von Jagden ausgeschlossen werden“, so Reinhard Schulz. „Diese Regel gibt es in anderen Bundesländern bereits. Der Deutsche Jagdverband ist bestrebt, sie bundesweit zu vereinheitlichen“, führt Hans-Hermann Mewes aus. Er gehört ebenfalls zum Vorstand des Schießstandvereines und ist zugleich Schießobmann der Jägerschaft.

Vor diesem Hintergrund soll noch 2017 eine Sanierung beginnen. Der Bauantrag liegt dem Landkreis Börde vor. Für den Lärmschutz soll unter anderem auf der Seite zur Ortschaft ein bis zu vier Meter hoher Erdwall aufgeschüttet werden. Darüber hinaus will der Verein den sogenannten „laufenden Keiler“, eine Kugelschießbahn über 50 Meter wieder in Betrieb nehmen. 2018 soll der 100-Meter-Kugelschießstand dazukommen. Eine dritte Kugelschießbahn soll ebenfalls saniert werden. Dafür gebe es aber noch keinen Zeitplan. Ein Ausweichen auf andere Einrichtungen sei nicht ohne Weiteres möglich. Zwar gebe es im Kreis weitere Schießstände. Aber dort seien nicht alle Disziplinen möglich, die für den Schießnachweis gebraucht würden. Die Schießstände in Bergen und Schönebeck würden dieses Kriterium erfüllen - dafür seien sie überbelegt.

Nach ihrer Sanierung könnte die Dachsburg für dieses Problem eine Lösung sein. Der Verein will die Instandsetzung weitgehend in Eigenregie stemmen - unterstützt durch Spenden und Fördermittel.

Doch nicht allen gefällt die Idee. Auf der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates Satuelle stellte Reinhard Schulz die Pläne vor. Dabei stieß er auf deutliche Kritik. Vor allem die Nähe zum Ort und zum Waldkindergarten sei ein Problem. „Was ist, wenn eine Kugel höher geht?“, erkundigte sich Hannerose Rehwald (WG Chor) mit Blick auf die Sicherheit der Kinder. Reinhard Schulz erklärte, dass ein Geschoss die fertig sanierten Schießstände im Prinzip nicht verlassen könne. Dafür gebe es Sicherheitsvorkehrungen.

Ortsbürgermeister Mario Schumacher (CDU) erkundigte sich, wann geschossen werden soll. „Bisher wird immer dann geschossen, wenn der Satueller seine wohlverdiente Ruhe haben will“, so Schumacher. Gerade in den Sommermonaten sei dies sehr störend. Wie Reinhard Schulz ausführte, soll unter der Woche geschossen werden sowie am Sonnabendvormittag und am Sonnabend ab 15 Uhr. Wenn beispielsweise Firmen mit ihren Mitarbeitern zu Gast seien, werde man Sondergenehmigungen beantragen, um sonnabends durchgehend schießen zu können. Mit dem Schloss Detzel habe man eine Vereinbarung getroffen: Wenn dort Trauungen stattfinden, ruhe der Schießbetrieb.

Pläne, Polizei und Bundeswehr mit ins Boot zu holen, seien vom Tisch. „Wenn man das las, fühlte man sich wie in einem Kriegsgebiet“, blickte Schumacher auf einen alten Zeitungsbericht zurück. Burkhard Braune (CDU) äußerte die Befürchtung, dass mit der Zahl der genutzten Schießstände die Frequenz der Schüsse deutlich zunehmen werde. „Das heißt, der Ort muss mit wesentlich mehr Emissionen zurechtkommen. Das kann soweit gehen, dass es krank macht“, so Braune. Reinhard Schulz hielt dagegen, dass abgesehen von Meisterschaften selten alle Stände parallel in Betrieb sein würden.

Laut Mario Schumacher hätten viele Satueller Sorgen, dass der Wert ihrer Grundstücke durch den Lärm sinke. Schließlich gebe es schon eine Belastung durch die Biogas-Anlage am Ortsrand. „In einer solchen Nähe zur Ortschaft wäre ein vergleichbarer Schießstand heute nicht mehr genehmigungsfähig“, betonte der Ortsbürgermeister. Andererseits genieße die Dachsburg einen gewissen Bestandsschutz.

Gegenüber der Volksstimme räumte Mewes ein: „Der Standort wurde damals ein bisschen unglücklich gewählt. Wir würden gern ein Stückchen wegrücken.“ Doch mit seinen baulichen Anlagen lasse sich der Schießplatz nicht verlegen. „Wir sind bereit, alle Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um den Emissionsschutz zu gewährleisten“, so Mewes.

Aus diesem Grund gebe es regelmäßige Messungen. Sie sollen klären, ob alle Bestimmungen eingehalten werden. Nicht zuletzt solle von der Sanierung auch der Lärmschutz profitieren. Ohnehin werde die Dachsburg alle drei Jahren durch den Landkreis abgenommen.

„Wir wollen nichts Neues. Wir wollen nur das, was hier ist, nach den gesetzlichen Bestimmungen neu herrichten“, betonte Reinhard Schulz. Dabei suche sein Verein nach einem Weg, sich mit den Anliegern zu arrangieren. Doch laut Mario Schumacher könnte das schwer werden: „Es gibt einen Interessenkonflikt, der sich nicht ausräumen lässt.“

Uwe Baumgart erklärte als Pressesprecher des Landkreises, dass der Bauantrag des Vereins zunächst geprüft werde. Dabei würden alle Träger öffentlicher Belange mit einbezogen. Dazu gehöre auch die Stadt Haldensleben. Alles Weitere sei noch offen.

Der städtische Pressesprecher Lutz Zimmermann führt aus, dass die Verwaltung prüfen müsse, „ob das gemeindliche Einvernehmen zu dem Bauvorhaben erteilt werden kann“. „Einerseits ist die Schießanlage im Flächennutzungsplan verzeichnet und genießt dadurch einen gewissen Bestandsschutz. Andererseits sind die vorgesehenen Baumaßnahmen so umfangreich, dass es zu diskutieren ist, ob hier eine Sanierung oder eine Neuerrichtung vorliegt. Im letzteren Fall müsste ein Bebauungsplan aufgestellt werden und es wäre die Genehmigungsfähigkeit zu klären.“

Nicht zuletzt ist die Stadt Eigentümerin des Dachsburg-Geländes. Dieses ist seit 1994 verpachtet. „Falls die Stadt ihr Einvernehmen nicht erteilt, könnte sich der Landkreis als entscheidende Behörde über dieses Votum hinwegsetzen. Dann wiederum könnte die Stadt gegen diese Entscheidung in Widerspruch gehen“, so Zimmermann. Ein solcher Konflikt sei für den Verein nicht wünschenswert, betonen Reinhard Schulz und Hans-Hermann Mewes. Die Dachsburg sei kein Makel, sondern eine Bereicherung für Haldensleben.