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Einweihung Lehrpfad verbindet das Brunnental

Ein ein Kilometer langer Wanderweg verbindet Beendorf und Helmstedt und erinnert an die Grenze. Sechs Stelen erzählen die Geschichte.

Von Carina Bosse 11.11.2015, 00:01

Beendorf/Helmstedt l Auf den sechs doppelseitigen Stelen des Grenzlehrpfades lässt sich nur ein ganz kleiner Teil Geschichte darstellen, doch im Einklang mit der Umgebung vermittelt der neue Lehrpfad dort, wo 40 Jahre deutsche Teilung fast noch greifbar ist, ein Stück deutsch-deutscher Teilungshistorie.

Allerdings reicht das Gemeinschafts- projekt der niedersächsischen Gemeinde Helmstedt und der sachsen-anhaltischen Gemeinde Beendorf noch weiter zurück, beginnt vor rund 200 Jahren, als das Brunnental Kurzentrum für die Reichen und Aristokraten war, als das Brunnentheater als eines von Deutschlands ältesten Theatern entstand.

Der Wanderweg beginnt am Clarabad in Bad Helmstedt, kann aber auch vom Grenzdenkmal auf Beendorfer Seite erkundet werden.

Mehr als 150 Gäste der Einweihungsfeier ließen sich von Helmstedts Stadtmitarbeiterin Birgit Wippich, die sich außerdem im Verein Grenzenlos engagiert, mitnehmen in die Geschichte einer ganz besonderen Region. Immer wieder ergriff sie das Wort, um die Besonderheiten des Brunnentals und der darin lebenden Menschen hervorzuheben.

Besonders spannend wurde es immer dann, wenn auf den Schautafeln oder in den Ausführungen von Birgit Wippich Zeitzeugen das Wort erhielten. Das Schicksal einer Bauernfamilie mit langer Tradition in der Landwirtschaft, als es in der Deutschen Demokratischen Republik nur noch landwirtschaftliche Kooperationen geben sollte, bewegt beim Lesen der Zeilen auf einer der Stelen.

Spannend zu lesen auch der Einsatz des Beendorfer Pfarrers Georg Meyer, der sich mutig für die Menschen seines Seelsorgerbereiches einsetzte, die unter der Grenzziehung in den 1950er Jahren zu leiden hatten.

Eine Stele widmet sich den umfangreichen Grenzbefestigungsanlagen auf sowjetischer Zonenseite und auch den Grenzpatrouillen. Manfred Seifert, ein junger Mann von 22 Jahren, stand stellvertretend für viele Maueropfer. Er wurde erschossen, als er 1952 mit dem Fahrrad nach Magdeburg unterwegs war, um seine Frau und sein neugeborenes Kind zu besuchen.

Wie keine zweite Region ist die hügelige Landschaft des Lappwaldes im Brunnental geprägt von den Wunden der einzigen Grenzbefestigung. Zahlreiche schnellwachsende Birken auf den Kuppen zeugen von einer nachträglichen Bepflanzung, der Kolonnenweg von einst ist Teil des neuen Grenzlehrpfades

Eine, die untrennbar mit dem Brunnental verbunden ist, ist Karin Bottke. Die Autorin und Gründerin der Schreibwerkstatt im Pförtnerhaus schilderte ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Grenze in einem kurzen Artikel aus ihrem eigenen Erleben heraus. Mehrere solcher Geschichten aus dem Alltag hat Karin Bottke bereits als Bücher oder in Anthologien veröffentlicht.

Die sechste und letzte Stele des Rundkurses blickt optimistisch in die Zukunft. Sie ist den Feierlichkeiten zu „25 Jahre Mauerfall“ aus dem vergangenen November gewidmet. In Helmstedt rückten Tausende Besucher aus der Region noch einmal zusammen, um die Wiedervereinigung zu feiern.

Dieses Zusammenrücken wünschte sich am Ziel der Einweihungswanderung auch Beendorfs Bürgermeister Hagen Friedrichs. Er regte an, künftig auf diesem soeben erlebten „grünen Band“ alljährlich einen gemeinsamen Freiluft-Gottesdienst der Helmstedter und Beendorfer abzuhalten. Auch warb er um Unterstützung bei der Idee des örtlichen Kindergartens, einen Waldkindergarten zu etablieren. Der nahe Wald allerdings ist Stiftungsbesitz, von dort müsste also Zustimmung kommen. „Wenn unsere Kinder dann auch noch gegenseitig problemlos Kindergarten und Schule besuchen könnten, würde ein großer Wunsch von uns in Erfüllung gehen“, sagte Hagen Friedrichs an der Grenze zweier Bundesländer.

Der Lehrpfad ist einer, den man nicht nur einmal erkunden kann, ohne dass es langweilig wird. „Man wird immer wieder etwas Neues entdecken“, lud Birgit Wippich ein.