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Flüchtlinge Das Sülzetal wird multikulturell

Die Themen EU-Bürger und Asylbewerber im Sülzetal beschäftigen die Menschen. Das war auch im Ortsrat Altenweddingen so.

Von Mathias Müller 04.11.2015, 00:01

Altenweddingen l Mehr als 30 Bürger hatten am Montagabend den Weg in den Gemeindesaal Altenweddingen gefunden. Dort tagten die Mitglieder des Ortschaftsrates unter der Leitung von Ortsbürgermeister Friedrich Rabe (Linke). Besonders der Tagesordnungspunkt „EU-Ausländer und Asylbewerber“ traf das Interesse der Besucher und Ortschaftsräte.

Nicht wenige der Altenweddinger, die die Sitzung besuchten, wohnen in der Nähe des Hauses in der Karl-Liebknecht-Straße, in das vor einiger Zeit etwa 60 Menschen aus Rumänien eingezogen waren. Als sogenannte EU-Ausländer haben die Familien das Recht, ihren Wohnsitz in der Europäischen Union frei zu wählen. Bloß mit den Gepflogenheiten, die die Neu-Altenweddinger an den Tag legen würden, könnten sich die Anwohner nicht einverstanden erklären, wie einige verdeutlichten. Dazu würden unter anderem Lärmbelästigungen bis in die Nacht und der unsachgemäße Umgang mit Müll gehören.

Wie Ortsbürgermeister Friedrich Rabe verdeutlichte, würden die Rumänen genau wie die Deutschen den geltenden Gesetzen unterliegen. Würden sie dagegen verstoßen, seien das Ordnungsamt und die Polizei gefordert.

Im Sommer hatte es bereits ein von Sülzetal-Bürgermeister Jörg Methner (SPD) angeregtes Treffen von Deutschen und Rumänen im Hof der Karl-Liebknecht-Straße gegeben. Bei dem stellten sich die neuen und alt eingessenen Altenweddinger einander vor und kamen bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch. Nach dem Treffen sei ein Folgegespräch vereinbart worden, dass unter anderem über die im Sülzetal geltenden Satzungen zu Ordnung und Sicherheit sowie über das öffentliche Zusammenleben informieren sollte. „Dieses Gespräch hat nicht stattgefunden“, stellte Rabe fest. Er regte an, diese Zusammenkunft im November oder Dezember nachzuholen, um bei den Rumänen die Informationsdefizite abzubauen und um das Zusammenleben im Dorf zu erleichtern.

Besorgt zeigten sich einige Altenweddinger auch darüber, dass an ihren Haustüren immer öfter Rumänen betteln und dabei sehr aggressiv vorgehen würden. Diese Bettelei habe nach Erkenntnissen von Friedrich Rabe nichts mit den in Altenweddingen lebenden Rumänen zu tun. Vielmehr würden die Personen in „Sammeltransporten“ in die Ortschaft gefahren, um an den Haustüren zu betteln. Ortschaftsratsmitglied Klaus-Dieter Schiergott (SPD) regte an, die Regionalbereichsbeamten der Polizei im Sülzetal darüber zu informieren, damit sie in den betroffenen Straßenzügen verstärkt Streife fahren sollten.

Ebenso beunruhigte die Altenweddinger eine Nachricht, wonach weitere 30 Asylbewerber in unmittelbarer Nähe zu den 60 Rumänen in dem Gebäudekomplex in der Karl-Liebknecht-Straße untergebracht werden sollen. Da sie unterschiedlichen Religionsgruppen angehören würden, befürchteten die Altenweddinger, dass es zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen komme könne. Wie Sülzetal-Hauptamtsleiter René Kellner bei der Sitzung des Ortschaftsrates sagte, habe er wiederholt mit den Vertretern des Landkreises Börde, die für die Anmietung von Objekten für die Unterbringung von Asylbewerbern verantwortlich sind, gesprochen, um das mögliche Problem zu verdeutlichen. Der Kreis habe ihm versichert, dieses Haus in der Karl-Liebknecht so lange wie möglich nicht für Asylbewerber zu nutzen. So lange, bis es nicht mehr gehe und die Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht werden müssten.

Kellner hatte die Sitzung des Ortschaftsrates Altenweddingen zusammen mit Reinhard Schwarzenau und Gerald Stöter von der Arbeitsgruppe „Willkommen im Sülzetal“ besucht. Diese Arbeitsgruppe kümmert sich um die Asylbewerber in der Gemeinde. Der Schwerpunkt liege zurzeit auf dem Rasthof Körling, den der Kreis zunächst bis zum Ende dieses Jahres zur Unterbringung von gegenwärtig 90 Kriegsflüchtlingen aus Syrien angemietet hat. Wie Kellner sagte, könne die Anzahl der im Körling untergebrachten Ausländer auf bis zu 150 ansteigen, wenn der Vermieter unter anderem Auflagen des Brandschutzes erfüllt habe. Nach den Worten des Hauptamtsleiters stehe der Kreis ebenso mit dem Besitzer einer Pension in Schwaneberg über den Preis für die Anmietung zur Unterbringung von Asylbewerbern in Verhandlungen. Ebenso seien in Dodendorf vom Kreis zwei Wohnungen zum Unterbringen von bis zu acht Flüchtlingen vorgesehen.

Nach den Worten René Kellners unternehme die Gemeindeverwaltung alles, um aus eigener Kraft die gestiegenen Anforderungen durch den Ansturm der Asylbewerber zu bewältigen. Allein aus finanziellen Gründen sei die Gemeinde nicht dazu in der Lage, zusätzliches Personal für diese Aufgabe einzustellen. Zumal dies Aufgabe des Kreises sei. Auch werde es wegen der Flüchtlingssituation zu keinen Einschränkungen für die Sülzetaler bei kommunalen Leistungen wie unter anderem bei Kindertagesstätten oder Schulen kommen.

Um die Situation zu bewältigen, arbeitet die Verwaltung eng mit den ehrenamtlichen Helfern in der Arbeitsgruppe „Willkommen im Sülzetal“ zusammen. Fast 30 Frauen und Männer würden sich gegenwärtig um die ehrenamtliche Betreuung der Flüchtlinge im Körling kümmern. „Die Verantwortung dafür hat der Landkreis. Die Gemeinde fühlt sich aus humanitären Gründen verantwortlich. Wir arbeiten mit, weil wir glauben, es ist notwendig“, machte Stöter deutlich.

Um das Engagement der Helfer zu würdigen, planen die Gemeinde Sülzetal und der Landkreis Börde am 16. November eine Dankeschönveranstaltung für die Ehrenamtlichen. Bei einer Informationsveranstaltung will Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am 8. Dezember in Altenweddingen interessierte Bürger über die Bewältigung der Flüchtlingskrise aufklären. Ziel sei es nach den Worten von Stöter, die Ängste in der Bevölkerung abzubauen.