1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Haldensleben
  6. >
  7. Nachbarschaftsstreit vor dem Kadi

Gerichtsverhandlung Nachbarschaftsstreit vor dem Kadi

Einem streitsüchtigen Pärchen im Landkreis Börde wird von den Nachbarn Beleidigung, Bedrohung und selbst Körperverletzung vorgeworfen.

Von Roswitha Franz 08.09.2016, 10:00

Haldensleben l Begonnen hat alles im August 2014. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten bezog ein Ehepaar sein Haus – neben zwei Streithähnen, die die „Neuen“ von Anfang an mit Beleidigungen, Bedrohungen oder Körperverletzungen attackierten. Um die 700 derartige und andere Vorfälle hat das genervte Ehepaar bisher zur Anzeige gebracht.

Bereits im Juni dieses Jahres war das alteingesessene, offenbar streitsüchtige Pärchen im Alter von 59 und 67 Jahren von einem Schöffengericht in Haldensleben zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ihre Verteidiger legten dagegen Widerspruch ein.

Vor wenigen Tagen musste sich das Paar erneut wegen 18 ähnlicher Taten vor dem Amtsgericht in Wolmirstedt verantworten. Dem 67-Jährigen wurden überdies noch Sachbeschädigung und exhibitionistische Handlungen vorgeworfen. So soll er mehrfach dem Nachbarn sein entblößtes Geschlechtsteil präsentiert, gegen die Hauswand gepinkelt und auch vor Kindern auf der Straße onaniert haben. Außerdem soll er splitternackt die Nachbarn mit den Worten „Ich steche euch ab wie Karnickel“ bedroht haben.

Außerdem wurde dem Mann vorgeworfen, dass er mit Flaschen und Hammerköpfen nach dem Nachbarn geworfen und dessen Auto verbeult und zerkratzt haben soll.

Im Mai 2015 soll zudem die Angeklagte die Nachbarin wie üblich auf deren Grundstück beschimpft und ihr mit einem Holzknüppel einen heftigen Schlag gegen das Knie versetzt haben.

Beide Angeklagte bestritten in der Verhandlung diese und weitere Vorwürfe wie auch im ersten Prozess. „Die wollen uns nur eins auswischen“, so die Angeklagte. Richtig sei, dass sie die Nachbarn nicht leiden können und es beiden nicht gepasst habe, „dass die da einziehen“.

Die genervten Nachbarn, die nicht alle Vorfälle mit Datum und Uhrzeit notiert hatten, konnten sich an einzelne begangene Taten nicht mehr erinnern. Beide Grundstücke hätten eine gemeinsame Einfahrt und einen Grenzstreifen, erklärte der 55-jährige Zeuge und Nebenkläger vor Gericht. Und im Gegensatz zu seinem Auftreten in der Verhandlung habe der Angeklagte keine körperlichen Einschränkungen, könne munter Holz hacken, gut sehen und gezielt Flaschen abfeuern.

Die Ehefrau des Zeugen erinnerte sich noch genau an den schmerzhaften Schlag gegen das Knie sowie die unzähligen Beleidigungen und Wurfgeschosse. „Sie kommt ohne Vorwarnung aus heiterem Himmel auf unser Grundstück und ist dann schnell wieder weg“, sagte die 62-jährige Ehefrau.

Nach Einschätzung eines Sachverständigen ist der Angeklagte körperlich und geistig stark geschädigt. Beide Angeklagten seien schwer alkoholabhängig und eingeschränkt steuerungsfähig.

In der Verhandlung konnten den Angeklagten von den 18 Tatvorwürfen nur acht zweifelsfrei bewiesen werden.

Die Amtsrichterin verurteilte die nicht vorbelastete Angeklagte wegen Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten und zwei Wochen auf Bewährung. Den mehrfach einschlägig vorbestraften Ehemann verurteilte sie wegen Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten ebenfalls auf Bewährung. Dazu kommt eine Geldstrafe von jeweils 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Für die exhibitionistischen Handlungen wurde der 67-jährige Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Beide Verteidiger hatten außer für die Sachbeschädigung auf Freispruch plädiert.

Ende November wird das Landgericht im Berufungsverfahren über das erste Urteil des Amtsgerichts vom Juni entscheiden. Und im Falle der Berufung gegen das jetzige Urteil müsste sich das Landgericht dann nochmals mit dem unsäglichen Nachbarschaftsstreit beschäftigen.