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Gewerbesteuer Absage an Erhöhung

Der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Haldensleber Stadtrats hat eine Erhöhung der Gewerbesteuer mehrheitlich abgelehnt.

Von Jens Kusian 08.10.2016, 01:01

Haldensleben l „Nicht vermittelbar“ – so lautet der Tenor der Mitglieder des Wirtschafts- und Finanzausschusses, die gegen den Vorschlag der Stadtverwaltung zur Gewerbesteuererhöhung gestimmt haben. Der seit 2004 für Haldensleben geltende Hebesatz von 360 von Hundert (v.H.) für die Gewerbesteuer soll nach den Vorstellungen der Verwaltung zum 1. Januar 2017 auf 380 v.H. angehoben werden.

Das würde den Ausgleich des Haushalts deutlich erleichtern, macht Sabine Wendler deutlich. Sie rechnet in den kommenden Jahren fest mit Defiziten bei der Haushaltsplanung, die über die Rücklagen ausgeglichen werden müssen. Zudem ist vorgesehen, Kredite für Investitionsmaßnahmen aufzunehmen. „Durch die Erhöhung des Hebesatzes könnten die Erträge aus der Gewerbesteuer im Haushaltsjahr 2017 um etwa 502 600 Euro erhöht werden. Mittelfristig würde dies zu Mehrerträgen in Höhe von 2,18 Millionen Euro führen. Diese Mehrerträge würden die Fehlbeträge innerhalb des mittelfristigen Planungszeitraumes sowie damit einhergehend eine Kreditaufnahme erheblich reduzieren“, begründet die Finanzexpertin den Vorstoß der Verwaltung.

Zudem hätte eine Vielzahl von Städten vergleichbarer Größenordnung im Land schon höhere Gewerbesteuer-Hebesätze als Haldensleben, führt sie an. „Wir liegen derzeit weit unter dem Durchschnitt“, fügt sie hinzu und verweist auch auf die Finanzausgleichsumlage, die Haldensleben künftig an das Land zahlen muss. Für die Berechnung der Umlage sieht das Land einen festen Hebesatz von 350 v.H. bei der Gewerbesteuer vor. „Daraus ergibt sich, dass die Differenz des Hebesatzes der Gemeinde zum festen Hebesatz des Landes nicht mit in den Finanzausgleich einfließt“, macht die Kämmerin deutlich. Das zusätzliche Geld würde somit bei der Stadt verbleiben. „Ich weiß, Gewerbesteuererhöhungen sind immer eine schlechte Sache. Aber die Auswirkungen sind beträchtlich“, meint sie im Hinblick auf den städtischen Haushalt.

Für einige Ausschussmitglieder ist diese Betrachtungsweise zu einseitig. „Andere Städte in vergleichbarer Größe mögen ja höhere Hebesätze haben. Aber für uns sind die Hebesätze in der Region entscheidend. Hier sitzt die direkte Konkurrenz für uns als Wirtschaftsstandort“, erläutert CDU-Stadtrat Thomas Seelmann seinen Standpunkt und verweist dabei auf die Neuansiedlung von IFA-Rotorion in Irxleben. „Wir laufen Gefahr, dass sich Unternehmen auslagern“, warnt er.

Vielmehr solle geschaut werden, wo im Haushalt Geld eingespart werden könnte, so Seelmann weiter. „Mit Blick auf den Entwurf für 2017 sehe ich allein allein mit der Schaffung von acht neuen Stellen einen Personalkostenzuwachs von mehr als 300 000 Euro. Wie soll ich das den Gewerbetreibenden vermitteln?“, stellt er zur Debatte. „Wir sollten uns erst einmal um Einsparungen kümmern, bevor wir mit der Steuerkeule zuschlagen!“

Auch Bernhard Hieber (SPD) spricht sich für den Sparvorschlag aus. „Wir sollten den Hebesatz moderat lassen. Das schafft Arbeitsplätze und stärkt weiter die Wirtschaftskraft.“ Seiner Meinung nach würde die Steuererhöhung den Haushalt nicht retten. „Sie kann aber mögliche Investoren, die sich hier ansiedeln möchten, verprellen“, gibt er zu bedenken.

Eine Steuererhöhung würde bei der Unternehmerschaft nur auf Akzeptanz stoßen, „wenn wir das Einsparpotenzial im Haushalt ausloten“, sagt Steffen Kapischka (CDU). Auch er verweist im Haushaltsplanentwurf für 2017 auf die Personalkosten. „Ein Aufwachs dieser Kosten um eine Million Euro im Vergleich zu 2016, das ist nicht zu vertreten. Hier sehe ich erheblichen Klärungsbedarf“, verweigert er der Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes seine Zustimmung.

„Ich habe günstige Steuerbedingungen in der Vergangenheit immer als Standortvorteil gesehen. Über Jahre haben wir den Hebesatz stabil gehalten. Aber wir müssen auch den Haushalt in seiner Gänze sehen. Vielleicht finden wir ja einen Kompromiss bei der Erhöhung?“, schlägt Roswitha Schulz (Die Linke) vor.

Ihr Fraktionskollege Klaus Czernitzki sieht das anders. „Wir haben seit 2004 die Gewerbesteuer nicht erhöht, wohl aber die Grundsteuer. Angesichts dieses Zeitraums sollten wir darüber nachdenken. Sparen heißt ja nicht nur nichts ausgeben, sondern auch mehr einnehmen. Ich stimme dem zu, auch wenn wenn es unpopulär ist. Die Erhöhung der Grundsteuer war ja auch unpopulär.“

Die Zeit wäre durchaus reif, auch die Gewerbesteuer anzupassen, „oder wenigstens teilweise“, meint Hermann Ortlepp (Bürger für Bürger/Bürgerfraktion).

Er und Czernitzki sind am Ende die beiden Einzigen, die dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen. Die restlichen Ausschussmitglieder lehnen die Erhöhung ab.