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Integration Fünf Nationen sitzen in einem Drachenboot

Auf Einladung der Calvörder Sportbootfreunde vergnügen sich Asylsuchende und Einheimische auf dem Wasser.

Von Anett Roisch 28.06.2016, 01:01

Calvörde l „Es war nicht so anstrengend, denn um so mehr Leute paddeln, um so leichter und schneller geht es auf dem Wasser voran“, sagt Tobias Wachsmann, der zum festen Stamm der Drachenbootfahrer gehört. Und das scheint nicht nur auf einem Drachenboot so zu sein. Um so mehr Menschen sich engagieren, um so einfacher wird es, Ideen umzusetzen. Das ist auch in der ökumenischen Kooperative so. Einheimische aus der Gemeinde Calvörde, dem Heimatverein, der Sportgemeinschaft, der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde und der für Calvörde zuständigen katholischen Pfarrei St. Christopherus Haldensleben, hatten vor einem Jahr eine ökumenische Kooperative ins Leben gerufen. Sie wollen den derzeit 19 Asylsuchenden die Eingewöhnung erleichtern und Vorbehalte abbauen.

Eine der vielen Aktionen, die die Gruppe organisiert hatte, ist nun das Drachenbootfahren. „Beim gemeinsamen Paddeln braucht man nicht viel Sprache. Wir können kein Farsi und kein Syrisch und albanisch sowieso nicht. Und trotzdem können wir etwas zusammen machen“, sagt Jürgen Dittrich, Pfarrer des Evangelisch-Lutherischen Pfarrverbandes Calvörde-Uthmöden. Die Asylsuchenden stammen aus Syrien, Kurdistan, Afghanistan und Albanien. Dittrich bedankt sich für die Gastfreundlichkeit bei Hansjoachim Schumann, dem Vereinsvorsitzenden der Sportbootfreunde. Schumann begleitet das Drachenboot mit seiner Mini-Aida. Er nimmt eine Albanerin sowie Heidemarie Schweickert, die Mitglied im Calvörder Gemeinderat ist und zur Gruppe der engagierten Calvörder gehört, mit an Bord.

Schnell findet die Crew einen gemeinsamen Rhythmus. „Das Schöne am Drachenbootfahren ist, dass man solche Laien wie uns, durch die Gegend scheuchen kann. Aber es ging besser als ich dachte. Ich hatte anfangs beim Paddeln Probleme, im Takt zu bleiben. Da muss man sich schon richtig konzentrieren. Wenn ich am Sonntag die Arme noch zum Segen hochkriege, dann war es doch nicht so schwer“, beschreibt der Pfarrer schmunzelnd. „Wir sind zum ersten Mal gepaddelt. Es war aufregend, besonders als von einem großen Schiff eine Welle kam“, schildert Ajaz Hamid aus Syrien. Er kann nicht nur Englisch sprechen, sondern auch die Worte der anderen Flüchtlinge übersetzen. „Er ist ein Sprachtalent und könnte als Dolmetscher arbeiten“, schwärmt Christa Merker, die als Vorsitzende des Calvöder Heimatvereins auch zur engagierten Gruppe gehört. „Das ist kein Kanalwasser, dass ist vom Schwitzen“, erklärt Ajaz Hamid schmunzelnd und wischt sich die Schweißperlen aus dem Gesicht.

Er ist mit seinem Bruder Nawaz vor eineinhalb Jahren nach Deutschland gekommen. „Calvörde ist schön. Die Leute sind sehr nett“, beschreibt er. Sein größter Wunsch ist es, in Deutschland zu studieren. Derzeit sucht er nach einem Job. „Ich habe eine Arbeitserlaubnis, darf aber die Region nicht verlassen. Ich würde gern als Konstrukteur arbeiten, finde aber keinen Arbeitsplatz. Das ist sehr schwer“, sagt er mit trauriger Stimme. Sein jüngerer Bruder wird demnächst die Berufsschule in Haldensleben besuchen. Neu in Calvörde ist ein Geschwisterpaar aus Kurdistan. „Es ist heute eine gute Gelegenheit, sich kennen zu lernen“, sagt Heidemarie Schweickert und hilft der Crew auf dem Bootssteg beim Aussteigen.

„Neulich hatten wir ein interkulturelles Singen. Helga Märtens hat uns dabei auf dem Keyboard begleitet. Das hat auch viel Spaß gemacht“, erzählt Christa Merker. An Land schmieden die engagierten Calvörder und ihre Freunde schon wieder Pläne für ein neues Treffen.