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Lesung Axel Hacke begeistert die Haldensleber

Kolumnist Axel Hacke hat auf seiner Lesetour in Haldensleben Station gemacht - und begeisterte mit Intelligenz und Wortwitz.

Von Franziska Stelter 07.12.2016, 23:01

Haldensleben l Die 220 Gäste in der Kulturfabrik haben Glück gehabt: Sie konnten einen der begehrten Plätze für die Lesung von Axel Hacke ergattern. Besonders Ursula Fricke vom Bücherkabinett freute sich über den hohen Besuch: „Das ist heute eine außergewöhnliche Veranstaltung mit einem sehr bekannten Autor, der gerade bundesweit tourt. Und es ist mir gelungen, ihn Magdeburg abzuknüpfen“, kündigte sie ihn mit aufgeregter Stimme, aber voller Stolz an.

Dazu hatte sie auch allen Grund, denn der Münchener liest sonst in Hamburg, Stuttgart oder Berlin. Doch Fricke hat es geschafft, dass er auf seiner aktuellen Lesetour auch einen Stopp in Haldensleben eingelegt hat. Und das ist auch für Axel Hacke selbst etwas Besonderes: „Wenn ich in einer Großstadt lese, ist das schon anders. Die Leute dort kennen mich, kommen häufiger zu meinen Lesungen. Die Haldensleber muss ich ja noch anders überzeugen, weil sie mich vielleicht noch nicht so kennen“, sagte der Kolumnist. Und so erklärte Axel Hacke seinem Publikum erst einmal, „was er sonst so“ tue: „Ich schreibe die Kolumne für das Magazin der Süddeutschen Zeitung. Sie heißt ‚Das Beste aus aller Welt‘. Darin geht es etwa um die Welt von Ich, Ichs Frau Paola, Ichs Sohn Luis und den 50er Jahre Kühlschrank Bosch. Ein Kühlschrank ist nämlich ein außergewöhnlicher Gesprächspartner. Schon allein, weil er immer etwas Kaltes zu trinken hat. Und dieses Magazin wird traditionell von hinten gelesen, da sich besagte Kolumne dort befindet.“

Was sich wie Selbstüberschätzung anhört, sagt er mit einem Augenzwinkern. In jedem Fall aber entspricht es der Wahrheit. Jeder im Saal weiß genau, was der Mann auf der Bühne meint, im Publikum sitzen lauter Fans. Auch der Münchener ist vom beschaulichen Haldensleben angetan, verrät früher am Abend: „Eigentlich kenne ich 80 Prozent der deutschen Städte. Haldensleben gehört nicht dazu. Ich habe vorhin schon einen Spaziergang durch die Innenstadt gemacht, da war zwar nichts mehr los. Aber die Leute hier sind alle sehr nett.“

Und die begrüßte er auf der Bühne mindestens genauso freundlich. „Haldensleben ist eine schöne, kleine Stadt. Sie können das vertragen, wenn ich das so sage, oder?“, fragte er in die jetzt schon gut gelaunte Runde. Ja, das können sie. Schon vor Beginn ging es heiß her bei der Platzwahl, eine halbe Stunde vor Beginn waren die ersten Reihen komplett besetzt – teils mit Menschen, teils mit Schals und Taschen. Jeder wollte den bekannten Autor von Nahem erleben.

„Ich habe hier einen Stapel Bücher mitgebracht und die werde ich auch alle lesen. Das endet dann mit einem gemeinsamen Frühstück morgen Früh“, sagte Axel Hacke. Und damit auch jeder wusste, wie der heutige Bestsellerautor einmal angefangen hat, begann er sein Programm damit, aus seinem 1993 erschienenen Buch „Der kleine König Dezember“ vorzulesen. Dazu erklärte er: „Es sieht aus wie ein Kinderbuch. Es ist auch ein Kinderbuch. Nur für Erwachsene.“

So wurde ebendieses Werk 2012 sogar als Theaterstück umgesetzt, Dirk Bach sollte und wollte die Hauptrolle spielen. „Beim dicken, kleinen König musste ich sofort an Dirk Bach denken, er war perfekt für die Rolle. Vorher kannten wir uns nicht. Er war ein kluger, sympathischer Mensch. Drei Tage vor der Premiere starb er leider“, erinnerte sich Axel Hacke. Heute stehen die Worte „Und wer tot ist, wird ein Stern“ aus „Der kleine König Dezember“ auf seinem Grabstein, auch das berichtete Axel Hacke, wirkte dabei ein wenig traurig, aber auch mächtig stolz.

Selbstverständlich gab der Autor auch Auszüge aus seinem neuen Buch „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“, das im September dieses Jahres erschienen ist, zum Besten. „Nach langer Zeit habe ich, nach dem König, wieder ein Buch geschrieben, in dem ich die Welt einmal auf Links drehe“, sagte Axel Hacke. Entstanden ist eine Geschichte über eine Begegnung mit einem ziemlich irdischen Gott, der mit Glauben gar nicht so viel am Hut hat. Eine schöne Geschichte, unterhaltend, besinnlich, über das Leben und das große Egal.

In den zwei Stunden seines Auftrittes griff Axel Hacke auch zu dem dicksten seiner Werke, „Das kolumnistische Manifest“. „Nicht zu verwechseln mit dem anderen, dem kommunistischen Manifest. Übrigens habe ich da noch nie verstanden, dass zwei Leute daran geschrieben haben und dabei nur so ein dünnes Buch rausgekommen ist“, leitete er ein. Und weil es bereits wieder steil auf Weihnachten zugehe, las Axel Hacke auch eine Weihnachtsgeschichte daraus vor. „Das Jahr ist ja nur in zwei Teile unterteilt. In die Vor- und in die Nachweihnachtszeit. Die Geschichte spielt im August, also in der Nachweihnachtszeit“, sagte er. Die Anekdote über lästige Weihnachtsdeko sorgte gerade unter den im Saal anwesenden Paaren für den „Das-ist-ja-wie-bei-uns“-Moment.

Plötzlich war die erste Stunde der Lesung auch schon um. Mit Beginn der Pause setzten im Publikum sofort rege Gespräche ein, schließlich musste man das eben Gehörte doch diskutieren. Lange vor Ende der Pause saßen alle wieder brav und erwartungsvoll auf ihren Plätzen, holten den Autor mit einem lauten Applaus auf die Bühne zurück, wo er dann auch gleich mit einem weiteren Kapitel seines neuesten Werkes weitermachte, gefolgt von einer Kolumne über Veganer, zu der er feststellte: „Nichts lieben Veganer mehr als Fleisch.“

Bei all seiner Treffsicherheit wirkte alles von dem, was Axel Hacke vortrug, natürlich und ungezwungen. Als säße er bei sich zu Hause im Wohnzimmersessel und nicht auf einer Bühne. Im Vorfeld erklärte er, wie er sich auf seine Lesungen vorbereitet. Die Besonderheit? Es gibt keine. „Für Lampenfieber gibt es keinen Grund, ich bin ganz entspannt, habe auch kein festes Programm und überlege mir erst auf der Bühne, was ich lese. Sonst ist es für mich ja auch langweilig, wenn ich immer das Gleiche mache.“

Langweilig wurde es auch den gesamten Abend über nicht, denn Axel Hacke versucht nicht, auf Biegen und Brechen lustig zu sein. Stattdessen setzt er charmant und intelligent auf ein harmonisches Zusammenspiel von tiefgründigen Themen und witzigen Texten. Das macht ihn so großartig – und das kam auch hier in Haldensleben wunderbar an.