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Orgelbauverein Eine Pfeife zum Haaretrocknen

Der Orgelbauverein St. Marien Haldensleben hat einen neuen Vorstand. Mit ihm bricht nun die heiße Phase des Orgel-Neubaus an.

Von Jens Kusian 18.08.2016, 01:01

Haldensleben l Ein gute Arbeit quittiert der neue Vorstand des Orgelbauvereins St. Marien Haldensleben seinem Vorgänger. Der hat sich seit 2010 für den Neubau der Hauptorgel in der Stadtkirche St. Marien engagiert – und dabei mehr als 100 000 Euro für das Vorhaben zusammengetragen.

Nun wollen Kantor Uwe Döschner als Vorsitzender, seine Stellvertreterinnen Stefanie Schneider und Monika Otto sowie Schriftführerin Dörthe Vorreier die erfolgreiche Vereinsarbeit fortsetzen. Mit im Boot ist derzeit noch der amtierende Kassenwart Thomas Blaffert – bis sein Nachfolger gewählt wird. „Es war an der Zeit, Platz zu machen für andere Ideen und neuen Wind“, meint Döschner zum Vorstandswechsel.

Auf das neue Führungsquintett wartet jede Menge Arbeit.Am Ziel des Vereins, den Neubau der Hauptorgel voranzubringen, will es keine Abstriche machen. Ganz im Gegenteil: Es wird die heiße Phase des Orgelneubaus begleiten und dafür weiter Geld sammeln.

33 fördernde Mitglieder zählt der Orgelbauverein derzeit. „Verstärkung können wir immer gebrauchen“, wirbt Monika Otto um potenzielle Mitglieder. Doch auch ohne „Mitgliedsausweis“ kann die Arbeit des Vereins unterstüzt werden. „Es sind bereits zwischen 250 und 300 Pfeifen ,verpatet‘“, freut sich Döschner, und Stefanie Schneider ergänzt stolz: „Eine Familie hat sogar die Patenschaft für ein ganzes Register übernommen.“ Viele Paten würden die Initialen ihrer Vor- und Nachnamen nehmen und sich für eine Pfeife in entsprechender Tonlage entscheiden, so Döschner weiter. Passt das einmal nicht, würde sich schon eine adäquate Lösung finden lassen, meint er.

Doch bei 2260 Pfeifen, welche die Orgel aktuell hat, ist noch viel Luft nach oben. Zwischen 25 und 750 Euro kostet eine Patenschaft – je nach Größe der Pfeife. Zwölf Pfeifen werden neu hinzukommen, wobei ihre Patenschaft vom Verein nicht „ausgepreist“ ist – die gibt es nur auf Anfrage. Was vermutlich mit der Pfeifengröße zusammenhängt. „Wegen der Größe der Kirche bekommt die Orgel noch einen zusätzlichen 32-Fuß-Untersatz. Dessen längste Pfeife kommt auf gut zehn Meter und erzeugt den tiefsten Ton“, erklärt Kantor Döschner. „Und zwar mit sehr viel Druck. Wenn man sich da drunter stellt, kann man seine Haare trocknen.“

Etwa 800 000 Euro soll die neue Orgel kosten – dafür aber auch 200 bis 300 Jahre halten. Sie wird von der Firma Mühleisen im baden-württembergischen Leonberg gebaut. „In Handarbeit“, betont der Vereinsvorsitzende. Der Preis sei angemessen, meint er. „Wenn man mal rechnet, was die alten Orgeln in den Kirchen an Gulden und Dukaten gekostet haben, dann kommen wir heute auf denselben Preis.“

Beim Neubau werde der Prospekt, also das äußere Erscheinungsbild der Orgel, auf jeden Fall erhalten bleiben, unterstreicht Stefanie Schneider. „Der Prospekt und die Kirche ergeben eine einzigartige Symbiose“, so Döschner. Auch musikalisch soll es einen Wiedererkennungswert geben. „Die zwölf Register der alten Orgel werden für den Neubau komplett übernommen und aufgearbeitet“, sagt Schneider. „Als Vorlage“, so erklärt Uwe Döschner, „dient die erste Troch-Orgel von 1876, nicht der Hülle-Umbau von 1930. Denn dabei war das Instrument nicht richtig pneumatisiert und damit unbespielbar geworden.“

Nach Döschners Informationen habe es daher bereits zu DDR-Zeiten Pläne für einen Orgelneubau gegeben. „1989 gab es sogar schon den unterschriebenen Auftrag dafür“, weiß er. Doch mit der Wende sei das Vorhaben wieder gestoppt worden. „Später gab es lediglich eine Reparatur der Orgel, die 65 000 D-Mark gekostet hat. Im Nachhinein muss ich dazu sagen: Das war rausgeschmissenes Geld, denn vieles ist dabei nicht gut gelaufen.“

Mittlerweile arbeitet der Orgelbauverein stetig auf die Auftragsvergabe für den Neubau hin. Finanziert werden soll das Vorhaben vom Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt und der Kirchengemeinde St. Marien sowie mit Spenden. „Wir hoffen dabei natürlich auch auf Großspender. Da gibt es schon angemeldete Interessen“, zeigt sich Uwe Döschner optimistisch.

Weitere Einnahmen werden über die Orgelkonzerte in St. Marien akquiriert. „Diese Konzerte sind in der Regel gut besucht“, resümiert Kantor Döschner. So wird die Haldensleber Stadtkirche auch ein Veranstaltungsort im Rahmen der 1. Orgelwochen im Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt sein: am Dienstag, 6. September, ist dort um 10 Uhr ein „Tierisches Orgelkonzert“ für Kinder zu erleben. Uwe Döschner spielt dabei entweder auf der vorhandenen digitalen Orgel oder auf der Chororgel.

Über die Auftragsvergabe entscheidet letztlich der Gemeindekirchenrat, die Gemeinde ist der Auftraggeber. Vorliegen muss dafür allerdings auch die Genehmigung der Landeskirche. Allein für den Neubau der Orgel in Leonberg werden etwa drei Jahre benötigt, darüber hinaus gut drei Monate für den Einbau des Instruments in die Stadtkirche.

Dies ist allerdings im Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten in der St. Marien-Kirche zu betrachten. Im kommenden Jahr soll der Kirchturm saniert werden, anschließend die Fenster. Erst danach kann die neue Orgel eingebaut werden. „Vorher macht es ja keinen Sinn, sie würde ja dann auf einer Baustelle stehen“, meint Döschner und weiß, dass es bis zum Ziel noch ein weiter Weg mit vielen Absprachen ist.