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Senioren Etinger organisieren Treffen selbst

Früher haben sich die Senioren von Etingen auf Einladung der Volkssolidarität getroffen. Jetzt nehmen sie das selbst in die Hand.

Von Anett Roisch 15.02.2017, 00:01

Etingen l Mittwochnachmittag in Etingen – ausgelassenes Lachen schallt aus der Bauernschänke. Dort hatte die Gastwirtin Eylin Wegne lange Tische zusammengestellt, damit alle Kaffeegäste an einer großen Tafel sitzen können. Es sind ältere Herrschaften des Ortes, die mit sichtlich großem Spaß Schrapel auspacken, den sie zuvor per Würfel von einem anderen Gast ergattert hatten. Neben einer geheimnisvollen gelben Schachtel wird auch ein dicker Wälzer mit dem Titel „Ein dunkles Geschenk“ von einem zum anderen weiter gereicht. Und auch Eierbecher aus Holz wechseln am Tisch immer wieder den Besitzer.

„Diese Treffen sind uns sehr wichtig. Man sieht sich mal und kann sich austauschen. Wir haben ja im Ort keinen Bäcker und nichts mehr“, erklären die Frauen und Männer.„Wir haben uns mächtig geärgert, dass wir jetzt für das Sportlerheim Miete an die Stadt Oebisfelde-Weferlingen zahlen müssen“, erzählt Heidi Sokolowski. Sie war zwölf Jahre die Chefin der Ortsgruppe der Volkssolidarität. Aus gesundheitlichen Gründen hat sie ihr Amt schon vor Weihnachten abgegeben. „Wir mussten jetzt Geld nachbezahlen. Das hätte uns ja vorher mal jemand erklären müssen. Auf unserer Weihnachtsfeier haben wir es erfahren“, erzählt Erika Paepke.

„Da war natürlich die Stimmung auf unserer Weihnachtsfeier gleich null“, erinnern sich die anderen Frauen. „Wir sind alle ausgetreten, mussten aber noch für 2015/16 die Betriebskosten für das Sportlerheim nachbezahlen. Alle Spenden, die wir in der Kasse hatten, mussten wir opfern, um alles bezahlen zu können. Aber das ist nun erledigt“, erklärt Heidi Sokolowski.

„Wir finden es sehr schade, dass die Etinger ausgetreten sind und sich nicht mehr unter unserem Logo treffen“, sagt Cornelia Wollbrück, Koordinatorin für Mitgliederarbeit bei der Volkssolidarität und verantwortlich für die sozial-kulturelle Arbeit. Im Bereich Oebisfelde-Weferlingen sei es – nach den Ausführungen der Mitarbeiterin der Volkssolidarität – generell so, dass die Vereine der Orte für die Dorfgemeinschaftshäuser zahlen müssen. „So ist es seit zwei Jahren auch in Etingen. Wir können ja nicht für jede Ortsgruppe die Betriebskosten bezahlen“, erklärt Cornelia Wollbrück – für die Etinger 63 Euro im Jahr.

Mehr an Monatsbeiträgen hätten die Senioren auch nicht bezahlen müssen, denn die Betriebskosten sollten von den Beiträgen bezahlt werden. „Die 63 Euro für 2015 und 2016 hatte der Regionalverband ausgelegt. Da die Etinger ausgetreten sind, hätten wir ja nie wieder die Kosten reinbekommen“, beschreibt Cornelia Wollbrück. Sie betont, dass das Besondere an der Ortsgruppe Etingen war, dass es mit Renate Knake eine ehrenamtliche Betreuerin gab, die im Auftrag der Volkssolidarität bei den Veranstaltungen vor Ort dabei war. Renate Knake wird nun in einer anderen Ortsgruppe mitwirken.

„Jetzt ist das Kaffeetrinken und Kuchenessen vielleicht etwas teurer. Aber das Geld, das wir für den Beitrag samt Miete einsparen, können wir hier ausgeben“, erklärt Erika Paepke und schwärmt: „Der Kuchen hier ist sehr lecker. Die Wirtin backt ihn selbst.“

Während sonst so um die 15 Leute kamen, sind es nun einige mehr. Neu in der Runde ist auch Christel Arnold aus Calbe/Saale. „Ich bin gebürtige Etingerin. Nach 40 Jahren bin ich wieder in meine Heimat gekommen. Es ist hier nämlich viel schöner als in Calbe. Außerdem ist der Zusammenhalt der Menschen sehr groß“, gesteht Christel Arnold. Die 62-Jährige war in Calbe beruflich als Bibliothekarin tätig und hatte aus ihrem Regal den geheimnisvollen Roman mitgebracht. Die Betagteste am Tisch ist die 83-jährige Edith Müller. „Ich bin ab und zu auch zu den Kaffeetreffs gekommen, war aber kein Mitglied in der Ortsgruppe“, erklärt Edith Müller, die nun den dicken Roman erobert hat.

„Ärgerlich waren wir auch, dass unsere Heidi nach so vielen Jahren, in denen sie alles was möglich war, getan und sich um uns gekümmert hat, zum Abschied nicht mal als Dankeschön eine Kleinigkeit oder einen Blumenstrauß bekommen hat. Das tat uns so leid, dass wir Rentner alle zusammengelegt und ihr bei unserem gemeinsamen Essen in Piplockenburg Blumen und ein Abschiedsgeschenk überreicht haben“, schildert Erika Paepke, die beim Schrapeln gerade ein Seidentuch auspackt. „Du kannst es dir als Schal umlegen oder ihn als Fensterdekoration benutzen“, sagen die anderen Frauen schmunzelnd, während gegenüber das Geheimnis der gelben Schachtel gelüftet und der Inhalt großzügig verteilt wird – Pralinen.

Die nächste Zusammenkunft der Etinger Senioren soll am Mittwoch, 8. März, um 14 Uhr stattfinden. Dann wollen die Damen und Herren Frauentag in der Etinger Bauernschänke feiern.