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Störche Vom Schutz bis zum Zauberpulver

Während die vier jungen Wieglitzer Adebars wohl in Afrika gelandet sind, hat sich in der Schifferkirche alles um die Vögel gedreht.

Von Anett Roisch 06.01.2017, 00:01

Wieglitz l Viele Wieglitzer haben eine besondere Beziehung zu Störchen. Wieglitz gehört nämlich zu den erfolgreichsten Brutstandorten der Region. Das machen die Aufzeichnungen des Weißstorchbeauftragten Peter Loskarn, der sich verantwortlich für die langschnäbligen Vögel in der Region des Altkreises Haldensleben fühlt, deutlich. Nach seinen Unterlagen hat Wieglitz seit 1896 ein Horstpaar. Der Standort war ein anderer. Seit 1961 soll der Horst auf einem Wohnhaus Grundstück Herms-Knake in der Dorfstraße 16 gewesen sein. 1999 wurde der Horst auf dem Schornstein der Mastanlage neu aufgesetzt. Es gab in Wieglitz 121 ausgeflogene Jungstörche.

Loskarn brachte im Februar 2016 das alte Nest mit Hilfe einer Hubarbeitsbühne der Werkfeuerwehr Zielitz auf dem Schornstein auf Vordermann. Im April fand sich ein Storchenpaar. Die Adebars begannen ihre Eier auszubrüten. Dann geschah das Unglück. Das Männchen wurde von einem Motorrad angefahren und starb. Loskarn brachte die Eier zum Storchenhof nach Loburg. Dort setzte sich eine Pute auf die Eier und brütete vier Junge aus. „Wir hoffen, dass die Jungstörche gut in Afrika angekommen sind und sich von den Strapazen ausruhen. Der lange Flug über die Sahara soll große Verluste bei Jungstörchen zur Folge haben“, sagte Angelika Huchel, Vorsitzende des Kirchenrates. Sie war auf die Idee gekommen, Loskarn in die Kirche einzuladen.

Der Naturfreund blickte in seinem Vortrag auf 60 Jahre systematische Erfassung und aktiven gezielten regionalen Storchenschutz zurück. „Von Bruno Weber begonnen – liegt seit den 50er Jahren eine Dokumentation der Storchenbesiedlung und des Bruterfolges im damaligen Kreis Haldensleben vor“, sagte Loskarn, der in diesem Gebiet nun auch schon 30 Jahre die Störche betreut. Der Vogelexperte betonte, dass der Storchenschutz vor allen Dingen durch die Aktivitäten, Beobachtungen und Informationen der Storchenfreunde in den Orten profitiert. „Diese Menschen wirken meistens selbstlos und unentgeltlich. Ihr Einsatz sollte öfter gewürdigt werden“, meinte Loskarn. Ein breites Netzwerk von Helfern gäbe es. Dazu gehören die Beringer, die Wissenschaftler, die Naturschutzverbände, die Vogelschutzwarten sowie verschiedene Stiftungen. Auch die Behörden spielen als Entscheidungsträger eine wichtige Rolle. Schließlich sei der Weißstorch eine streng geschützte Vogelart. Aber auch praktische Helfer, wie Feuerwehrleute, Handwerker und private Förderer, zählen zum Netzwerk.

Loskarn wies auf die Gefahren hin. Verlustursache Nummer eins war von Beginn der Aufzeichnungen der Tod an Energieanlagen. In einem Satz fasste er zusammen: „Landwirtschaft ohne Gift und Gülle, gibt dem Storch Nahrung in Fülle!“ Obwohl der Storch dem Menschen so nahe und er die am gründlichsten untersuchte Vogelart ist, gäbe es durch die neuen technischen Möglichkeiten immer wieder Neues über ihn zu entdecken.

In der Märchenwelt bediente sich ein Kalif mit einem Zauberpulver, um die Langschnäbel zu beobachten. Das Märchen von Wilhelm Hauff erzählten drei Mädchen. Als vierter Storch musste Helmut Huchel einspringen. Huchel sorgte für die Lacher, unter anderem weil er so gierig Mäuse, Frösche und Würmer verschlang. Der Kalif kaufte von einem Krämer eine Dose mit dem Pulver, mit dem er sich in Tiere verwandeln konnte. Doch war man erst einmal verwandelt, durfte man nicht lachen. Denn dann vergaß man das Zauberwort, mit dem man sich zurück verwandelt. Eines Tages verwandelten sich der Kalif und sein Großwesir in Störche und beobachteten die Vögel am Teich. Unwillkürlich mussten die beiden über einen der Störche lachen und konnten sich nun nicht mehr an das Zauberwort erinnern. Ob es ihnen dennoch gelang, sich in Menschen zurück zu verwandeln, bleibt ein Geheimnis.