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Dorfkirche Garzer feiern am Freitag Richtfest

Die Zeit, in der die in Sanierung befindliche Garzer Kirche mehr wie ein Teehaus aussah, ist nun vorbei. Am Freitag wird Richtfest gefeiert.

Von Ingo Freihorst 05.08.2015, 01:01

Garz l Großer Auflauf gestern Vormittag im ansonsten beschaulichen Garz: Einheimische und Touristen warten mit Fotoapparaten auf den Augenblick, an dem das hölzerne Turmgerüst, das neben dem achteckigen Kirchlein steht, am Autodrehkran an seinen alten Platz ins Kircheninnere schwebt. Doch beim ersten Versuch versinkt eine Stütze des Krans im weichen Friedhofsboden – er muss umsetzen. Der zweite Anlauf klappt.

Knapp acht Meter lang und 6,8 Tonnen schwer ist die Mittellaterne – also der hölzerne Glockenturm. Fast alles Holz wurde ersetzt – und zwar durch haltbare Eiche. Nur die Aufhängung für die beiden Glocken ist noch original.

Saniert worden war das Gerüst in der Zimmerei von Marco Vack in Stendal, hier wurde es vorm Abtransport probehalber auch schon mal zusammengebaut. Neben der Kirche wurde es erneut komplett zusammengebaut und vom Kran in die Kirche eingehoben.

Im Anschluss muss die Mittellaterne mit dem Dachgerüst verbunden werden, wozu allerhand Zimmermannswissen und -können vonnöten ist. Aufwendig ist zum Beispiel das Anbringen der horizontalen Kopfbänder, welche sich in bis zu drei Richtungen verzweigen, um das Gewicht besser zu verteilen. Denn das Turmgerüst muss ja neben Dach und Decke auch die sogenannte Welsche Haube und die Glocken tragen. Durch das Fachwerk wird das Gewicht vom Turm teilweise auf die Fassade abgeleitet.

Dieses Gleichgewicht war vorm Umbau gestört, denn die Kirche war immerhin 25 Zentimeter aus dem Lot geraten und zur Straße geneigt – ohne Vorbau wäre es recht eng geworden. Entsprechend hoch war der Druck auf die betroffenen Hölzer. Das ist nun so gut es geht korrigiert.

Nach dem Anbinden des Turmes folgt der Bau der Dachkonstruktion – 24 sechs Meter lange Sparren tragen diese – und das sogenannte Zeltdach wird teilweise eingedeckt. Die Glocken müssen zudem hochgehievt und die Gefache am Turm ausgemauert werden. Danach folgt die am unteren Teil sanierte Haube, welche oben von der komplett sanierten Wetterfahne bekrönt wird. – Allein dieser letzte Posten belief sich auf etwa 4000 Euro, weshalb weitere Spenden bei der Garzer Kirchgemeinde hochwillkommen sind.

Im September soll dann der Vorbau wieder hochgemauert werden, informierte Planer Stefan Tietke aus Havelberg. Er hatte zusammen mit dem Bauherren Wilhelm Schröder von der Kirchgemeinde im Vorfeld allerhand knifflige Fragen zu lösen gehabt – zum Beispiel: Wie soll der Turm aus- oder wieder eingebaut werden, komplett oder in Teilen? Beim Bau am Erdboden haben die Zimmerleute mehr Bewegungsfreiheit als oben auf dem Dach – also komplett.

1682 war der unbekannte Vorgängerbau abgebrannt, sechs Jahre später wurde die jetzige Kirche errichtet. Mithin sind über 300 Jahre ins Land gegangen – in dieser Zeitspanne verliert Holz seine Stabilität, hatte Wilhelm Schröder vom Bauforscher Franz Högg erfahren. Dieser musste vorm Umbau im Auftrag des Denkmalschutzes ein teures Gutachten anfertigen – bezahlt von der Kirchgemeinde, ebenso das Holzschutzgutachten.

Der Denkmalschutz ist es auch, welcher Wilhelm Schröder Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Denn die Garzer werden sich auf eine farblich anders gestaltete Kirche einstellen müssen: Statt Weiß soll dann die Farbe Ziegelrot vorherrschen, so will es der Denkmalschutz. Eventuell erhält der Turm auch eine andere Farbe als die Kirche darunter – darüber wird noch diskutiert. Fest steht bislang nur: Das Holz kann jetzt noch nicht gestrichen werden. Denn noch produzieren die frischen Eichenbalken allerhand Gerbsäure, jede Farbe würde alsbald abblättern.

Fakt ist auch: An diesem Freitag um 13 Uhr wird hier das Richtfest gefeiert. Vielleicht finden sich dazu sogar noch einige Geldspender ein?