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Regionalmarkt Händler punkten mit Selbstgemachtem

Regionale Händler bieten in Havelberg auf dem Markt zur Buga heimische Produkte an. Das Konzept ist aufgegangen.

Von Andrea Schröder 05.10.2015, 01:01

Havelberg l Fünf Tonnen Kartoffelpuffer sind es, die entweder mit Zucker oder mit Lachs und Kräuterquark gebrutzelt wurden. Die Idee dazu hatte Meinhard Jüstel. Der Mann aus Rosenhof – ein kleiner Ort an der Elbe nahe Arneburg – organisiert seit vielen Jahren Märkte. Dazu gehört auch der Frischemarkt jeden Freitag in Havelberg. Zur Buga wollte er täglich einen Regionalmarkt öffnen. Kartoffelpuffer sowie Fassbrause und andere Getränke sind sein Part an den Ständen am Fuße des Rathauses.

Es war nicht einfach, Händlerkollegen zu finden, die bereit sind, durchgehend an 177 Tagen von morgens bis abends auf dem Markt zu stehen. Viele haben feste Stationen pro Woche. Zusätzliche Hütten mussten angeschafft und Personal eingestellt werden. Für die Genehmigung der Sonntagsöffnung bekam Meinhard Jüstel Unterstützung von Bürgermeister Bernd Poloski, der dafür etliche Gespräche führen musste.

Doch (fast) am Ende schauen alle zufrieden auf die Buga-Zeit und bedauern schon, dass am 12. Oktober alles vorbei ist. Die Händlergemeinschaft ist fest zusammengewachsen, fühlt sich wie eine Familie. Es wird komisch sein, am nächsten Montag nicht nach Havelberg zu fahren und die Stände zu öffnen, erzählen sie.

„Anfangs hatte ich Bauchschmerzen, schließlich hatte ich einiges investiert und zum Beispiel einen neuen Ofen gekauft“, berichtet der Havelberger Bäckermeister Daniel Wittstock. Deshalb stellte er sich auch allein in seine Hütte, um Kosten zu sparen. Doch hat sich der Aufwand gelohnt. Die Besucher loben seinen Kuchen und das Buga-Brot. „Sie schätzen das Handwerk.“ Verschiedene Sorten Rühr- und Hefekuchen hat er im Angebot. Der absolute Renner ist der Bienenstich. Beachtung fand auch der Stachelbeer-Mohn-Kuchen. „Ich backe den schon jahrelang, aber viele dachten, das ist ein neues Rezept.“

Gleich nebenan brutzeln Buletten und Würstchen in der Pfanne. Das Fleisch kommt von Straußen. Alles ist frisch und selbstgemacht. Auch der Kartoffelsalat. „Den macht mein Chef immer selbst“, berichtet Sylvia Buttiron. „Das ist hier eine super Zeit, die Besucher sind alle entspannt, plaudern gern.“ Die Produkte vom Straußenhof Großderschau, zu denen auch Eierlikör und Leuchten aus Straußeneiern gehören, kommen gut an. Positiver Nebeneffekt: Mehr Einheimische besuchten den Hof und das Restaurant in Großderschau.

Mit Crepes aus Hanf ist Mario Kreibe auf dem Markt vertreten. Novis Imbiss aus Stendal sorgt ebenfalls dafür, dass Buga-Besucher und Einheimische was Leckeres zu essen bekommen. „Es gab Tage, da war Havelberg locker doppelt so groß als sonst“, sagt Christian Hagemann. „Wir sind hier eine coole Truppe und die Gäste sind gut drauf, da gibt‘s so manches gute Gespräch.“

Neben Speisen und Getränken gibt‘s auf dem Markt auch regionale Produkte zum Mitnehmen. Zum Beispiel geklöppelte Deckchen, Fensterbilder und Adventsschmuck. Maren Reinhold aus Klietz sitzt vor ihrer Hütte und zeigt den Besuchern gern ihr Handwerk. Solch ein langer Markt über ein halbes Jahr ist nicht nur für sie eine neue Erfahrung. „Es ist toll und macht Spaß.“

Das Kuhschwanzbier aus Tangermünde hat seinen Bekanntheitsgrad durch die Buga noch weiter erhöht. Das nach altem Rezept gebraute Bier gehört zum Angebot der Exempel Gaststuben und der Zecherei aus der Kaiserstadt. Spielzeug und Küchenutensilien aus Holz, Mittelaltermode und selbstgemachte Marmeladen mit so Neugier weckenden Namen wie Katerfrühstück, Hundepflaume und Kuhschwanzbiergelee sind ebenfalls beliebt. Und dann sind da noch die Nährstangen aus der Tangermünder Konditorei Stehwien, die es neben der üblichen Größe auch als 500-Gramm-Block gibt – diese Unikate haben die Gaststuben in Auftrag gegeben. „Ich gehe jeden Tag mit viel Spaß zur Arbeit. Das ist hier eine runde Sache. Ich würde das jederzeit wieder machen, aber nur mit dem Team“, sagt Gabriele Lehmann, als sie mit anderen Händlerinnen an einem der rustikalen Holztische in der Mitte des Marktplatzes eine kurze Pause einlegt.

In einem Zelt verkauft Monika Lange Blumenzwiebeln. Meist ist sie jedoch oben am Dom im Buga-Areal am Stand anzutreffen und ihre Kollegin Heike Theiß betreut den auf dem Markt. Beide sind für die Buga-Zeit angestellt. „Die Dichter-Narzissen und Märzenbecher sind immer schnell ausverkauft. 60-, 70-Jährige erzählen mir, dass solche schon bei Oma im Garten standen.“ Widrige Witterungsbedingungen, die das Arbeiten bei Sturm und Regen besonders am Dom nicht einfach machten, bleiben zwar ebenso wie die heißen Tage mit fast 40 Grad in Erinnerung, doch viel mehr ist es die gute Stimmung, von der alle noch lange zehren.

Von seinem „Platz an der Sonne“ kann auch Michael Brandes einiges erzählen. Selbst geschnittene und geschliffene Schmucksteine hat der einstige Magdeburger neben zugekauftem Silberschmuck im Angebot. Der Erkundungsgeologe geht gern in fremden Regionen wie Mexiko und Indien auf Steinsuche und verarbeitet sie zu Schmuck. Aus den Karpaten in Rumänien hat er letztes Jahr Rhodochrosit, auch Himbeerspat genannt, mitgebracht. Er wird auch nach der Buga öfter in der Hansestadt sein, denn hier hat er seine große Liebe gefunden.

Zu den mobilen Händlern des Regionalmarktes, die nicht jeden Tag dabei sind, zählt Gabriele Kresse aus Seehausen/Altmark, die schon öfter auch an den Frischemärkten in Havelberg teilgenommen hat. Die Floristin versucht, Wünsche von Besuchern zu erfüllen und Pflanzen zu besorgen, die sie in Buga-Beeten entdeckt haben. Im Frühjahr waren es die winterharten Mittagsblumen, zum Herbst ist es jetzt das Heiligenkraut, das sich zum Beispiel wunderbar zur Einfassung von Rosenbeeten eignet. Aber auch ihre selbstgezogenen Kräuter kommen gut an. „Es ist idyllisch hier. Der Markt ist eine Bereicherung für Havelberg, die Besucher schätzen das.“

„Der Markt ist noch besser gelaufen, als ich mir das vorgestellt habe, wir hatten viele starke Wochenenden“, sagt Meinhard Jüstel. Nach einem schwachen Beginn rechnete er damit, dass die letzten Buga-Wochen auch etwas ruhiger werden. Doch das ist nicht der Fall. „Die letzten drei Wochenenden waren ähnlich stark wie die zu Herrentag und Pfingsten. Ich bin nicht größenwahnsinnig an die Sache rangegangen. Und auch wenn es ganz schön happig war, keinen Tag frei zu haben, sind wir alle sehr zufrieden.“