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Otto von Bismarck Vom adligen Leben auf dem Gut

Um das adlige Leben auf dem Land ging es bei einem weiteren Vortrag der Stiftung in Otto von Bismarcks 200. Geburtstagsjahr.

Von Dr. Andrea Hopp 05.11.2015, 23:01

Schönhausen l Der erste deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) wurde in einem Herrenhaus in Schönhausen in der Altmark geboren. Dieses Gebäude war Teil einer landadligen Lebenskulisse, von der noch heute mehrere historische Stätten zeugen. Eng mit der Familie von Bismarck verknüpft sind der verbliebene Flügel des Herrenhauses des sogenannten „Gutes I“, das dazugehörige Inspektorenhaus an der früheren Gutseinfahrt, ein Park, ein weiteres Bismarckgut mit Herrenhaus („Herrenhaus II“), die Patronatskirche mit dem Taufbecken, in dem auch Otto von Bismarck getauft wurde, sowie diverse zu den Gütern gehörende Scheunengebäude.

An die Familie von Bismarck wurde Schönhausen im Jahr 1562 übertragen. Am Beginn der Ahnenreihe der Bismarcks an diesem Ort steht Jobst von Bismarck (1510-1589) als erster Gutsherr. Zunächst bezog die Familie ein bereits vorhandenes Gebäude, das jedoch während des Dreißigjährigen Kriegs zerstört wurde. Danach wurde übergangsweise ein zweistöckiges Wohnhaus aus Fachwerk errichtet, das aber bereits 1824 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde. Es befand sich an der Stelle der späteren Wagenremise, gegenüber dem Inspektorenhaus neben der Gutseinfahrt zum Wirtschaftshof.

Für die Schönhauser Baugeschichte von herausragender Bedeutung waren August II. von Bismarck (1666-1732) und dessen Ehefrau Dorothea Sophia von Katte (1669-1719). Sie ließen zwischen 1695 und 1700 jenes Herrenhaus erbauen, das viel später Otto von Bismarcks Geburtsstätte wurde. Dessen Lage – auf den Ruinen des Vorgängerbaus und unter teilweiser Verbauung des spätgotischen Mauerwerks – war nicht nur kostengünstig: Leicht erhöht, hierdurch erhaben und in einer gewissen Distanz zum Dorf war sie zudem angemessen repräsentativ.

Weil das neue Gebäude auf den Ruinen des Vorgängerbaus aufgebaut war, hatte der Haupttrakt dessen dicke Mauern und eine quadratische Grundform. Unterkellert war er deswegen lediglich in der Südhälfte. Das Herrenhaus war dreigeschossig. Südöstlich schloss ein Seitenflügel an, das sogenannte Torhaus beziehungsweise der „Zofenflügel“. Ob beziehungsweise welche baulichen Veränderungen vor dem ausgehenden 19. Jahrhundert an dem Gebäude vorgenommen wurden, ist nicht überliefert. Informationen gibt es erst über die Umbauten, für die Herbert von Bismarck (1849-1904), Otto von Bismarcks ältester Sohn, in den 1890er Jahren den Architekten Ferdinand Schorbach (ca. 1846-1912) aus Hannover heranzog. Sichtbarste Veränderung war 1897 der Anbau eines kleinen Turms am Zofenflügel.

Von dem zwischen 1700 und 1732 unterhalb des Herrenhauses terrassenförmig angelegten Park existieren die frühesten Abbildungen erst aus dem 19. Jahrhundert. Die Anlage veränderte ihr Aussehen im Lauf der Jahrhunderte mehrfach, nicht zuletzt wohl auch aufgrund von Hochwasserschäden, die wiederholt durch Elbfluten verursacht wurden.

Noch in den 1880er Jahren war das oben beschriebene Herrenhaus durch die Parkanlage mit einem weiteren Herrenhaus verbunden. Aufgrund von Erbteilungen wurde es zwischen 1730 und 1734 errichtet. Hundert Jahre später gehörte es dem 1783 geborenen Leutnant Friedrich von Bismarck, einem Nachfahren von August II. von Bismarck. Familienstreitigkeiten und Vermögensverhältnisse nötigten ihn 1832 zum Verkauf. Wie bei vielen Gutsbesitzen im 19. Jahrhundert kam es dabei im Zuge des Besitzerwechsels auch zu einem Wechsel in der Schichtzugehörigkeit der neuen Eigentümer. Denn der Käufer war kein Adliger, sondern ein bürgerlicher Magdeburger Stadtrat und Unternehmer namens Ernst August Gaertner (1794-1862).

In den Familienbesitz zurück gelangte dieses Gebäude anlässlich des 70. Geburtstags des Reichskanzlers im Jahr 1885. Noch zu Bismarcks Lebzeiten, 1891, wurde darin das erste Bismarck-Museum eingerichtet. Dieses zweite Herrenhaus beherbergte hiernach die stetig größer werdende Sammlung von Geschenken, die Otto von Bismarck in seinen letzten Lebensjahren in Verehrung für die Reichsgründung erhielt. In neun großen, durch geöffnete Türen miteinander verbundenen Räumen konnte die Ausstellung besichtigt werden.