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Konzert Passionsmusik in der Klietzer Kirche

Der kleine Kirchenchor des Kirchspiels Klietz und Scharlibbe hat ein neues, sehr ambitioniertes Projekt aus der Taufe gehoben.

Von Brigitte Strugalla-Voltz 16.03.2016, 23:01

Klietz l Der Passionsmusik in der schönen, schlichten Dorfkirche zu Klietz kann man nur Dauer und Erfolg wünschen.Und auch wenn am kalten Spätnachmittag des Wahlsonntags nicht alle Plätze besetzt waren, so konnte doch sicher jeder den einen oder anderen tröstenden, Mut machenden Gedanken mit nach Hause nehmen.

Denn das war die Intention des anspruchsvollen Programms. Pfarrer Hartwig Janus aus Sandau gelang es schon in der Begrüßung, mit ehrlichen und ermutigenden Worten eine Brücke zu schlagen zwischen dem historischen Geschehen um den Tod des Jesus von Nazareth zu den neueren, auch bei uns anstehenden Problemen. Die Musik und die Texte, die der junge, hochmotivierte Kantor ­Daniel Volkmer ausgewählt hatte, thematisierten genau diese Gedanken immer wieder. Und so spannte sich ein weiter Bogen von der Zeit der alttestamentlichen Propheten bis zu uns Heutigen mit unseren Ängsten und Unsicherheiten.

„Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ – dieser Liedanfang mit den Worten eines Menschen in Todesangst war als Titel und Motto ausgewählt worden. Die „Passion“, also das nie ganz fassbare Geschehen um Jesus von Nazareth, der durch Verrat, Schauprozess und einen schändlichen und grausamen Tod vor 2000 Jahren zum Gründer einer Weltreligion werden sollte, wurde durch sehr gut vorgetragene Lesungen und passende Lieder aus alter und neuer Zeit thematisiert. Daniel Volkmer dirigierte meist vom Keyboard aus, dazu erklangen abwechselnd Gitarre und Sopranblockflöten. Eine große Hilfe bot Volkmers Studienkollegin Annemarie Tiemann, die von Dirigat über Orgel und Gitarre zu Altstimme überall da einsprang, wo es nötig war.

Die eigentliche Passionsgeschichte wurde zunächst als gesungene Liturgie, später als Texteinwurf zu dem meditativen Taizé-Lied „Bleibet hier und wachet mit mir“ vorgetragen und mündete in dem berühmten Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“. Die Texte, engagiert und packend dargeboten, brachten viele Zuhörer zum Nachdenken. Dietrich Bonhoeffers Gedicht „Wer bin ich?“ aus der ausweglosen Nazi-Haft, umrahmt mit Vertonungen von Martin Luthers Klagelied „Aus tiefer Not …“ von Bach und Mendelssohn hinterließ einen besonders starken Eindruck. Für die Bibeltexte hatte man auf die Übersetzung der „Die gute Nachricht“-Bibel zurückgegriffen, eine Entscheidung, die den Zugang und das Verständnis sehr erleichterte.

Der Chor zeigte sich trotz krankheitsbedingter Ausfälle hervorragend disponiert. Die intensive musikalische Arbeit in den Proben hat sich deutlich ausgezahlt. So konnte die Klangqualität in den wenigen Monaten seit Weihnachten ganz erstaunlich gesteigert werden. Allerdings fehlen noch immer die Männer, so dass Pfarrer Janus und der Kantor in den vierstimmigen Sätzen aushelfen müssen. Trotzdem kann das kleine Kirchspiel, kann Klietz mit seiner hübschen Dorfkirche auf diesen Chor stolz sein.

Trotz des sehr – fast zu – langen Programms zeigte sich das Publikum äußerst konzentriert und angetan. Vielleicht schafft es der Chor, die Klietzer Passionsmusik zu einer Tradition werden zu lassen, das wäre eine Bereicherung für die Region. Davon könnte auch die kleine spät- oder neobarocke Orgel profitieren, die ganz dringend gestimmt und restauriert werden muss und von deren acht zur Zeit nur vier Register spielbar sind.