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Stadtverwaltung Amtsleiter zieht auch mal Fußballschuhe an

Die Stadt Havelberg hat wieder einen zweiten Amtsleiter. André Gerdel hat die Leitung des Amtes für Ordnung, Kultur und Soziales übernommen.

Von Andrea Schröder 14.04.2016, 07:04

Nach 14 Jahren als Verwaltungsbeamter im Bezirksamt Hamburg Bergedorf sind Sie nun in eine kleinere Verwaltung und in Ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Wie war der Start?

André Gerdel: Bürgermeister, Amtsleiterin Kämmerei/Bauverwaltung, Sachgebietsleiter und Mitarbeiter haben mich hier am 1. April sehr herzlich willkommen geheißen. Danach erfolgte das formelle Prozedere der Vereidigung durch den Bürgermeister. Anschließend erhielt ich die Ernennungsurkunde und die Dienstpostenbeschreibung als Amtsleiter für Ordnung, Kultur und Soziales. Eine Rathausbegehung rundete den ereignisreichen Tag für mich ab.

Drei Ämter – das klingt nach sehr viel Arbeit. Was bringen Sie dafür aus Ihrer Zeit in Hamburg mit?

Ich habe im Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt die Allgemeine Verwaltung geleitet und habe somit viele Querschnittsaufgaben aus diesem Aufgabenportfolio wahrgenommen. Danach war ich als Abteilungsleiter und stellvertretender Leiter des Fachamtes Innerer Service für den bezirklichen Katastrophenschutz und kommunale Gebäudeverwaltung verantwortlich. Auch die Aufsicht der Gremienbetreuung fiel im Vertretungsfalle in meinen Zuständigkeitsbereich. Im Grunde sind die Aufgaben der bezirklichen oder kommunalen Verwaltung identisch, hier ist alles ein wenig kleiner, dafür aber vielfältiger im Aufgabenzuschnitt.

Was hat Sie bewogen, von der großen Hansestadt in die kleine zurückzukehren?

Ich habe meine Wurzeln in Havelberg, bin hier geboren und aufgewachsen. Fast die komplette Familie lebt hier. Aufgrund meiner Tätigkeit beim FSV Havelberg, bei dem ich bis zum vorigen Jahr sechs Jahre stellvertretender Vorsitzender war, gab es immer eine Verbindung zur Stadt. Darüber hinaus habe ich mit Hilfe der neuen Medien das aktuelle Geschehen in Havelberg verfolgt. Als die Stelle ausgeschrieben wurde, wollte ich die Chance ergreifen, mich auch beruflich für die Belange der Stadt einzusetzen.

Von 15 Bewerbern haben Sie im Oktober die Zustimmung des Stadtrates erhalten. Die Stadt hätte Sie gern schon zum Jahresanfang hier begrüßt. Was hat dagegen gesprochen?

Aufgrund meiner Tätigkeit im Katastrophenschutz und somit aus Gründen der potenziellen Gefahrenabwehr war dies leider nicht möglich. Hinzu kam, dass durch einen Personalwechsel diese Dienstgeschäfte allein bei mir angesiedelt waren. In Hamburg endet die Sturmflutsaison Ende März. Ein Wechsel war deshalb erst zum April möglich. Jetzt bin ich hier und möchte mich gleich voll einbringen.

Woran denken Sie dabei?

Erst einmal möchte ich mir über alle Bereiche ein Bild machen. Ich habe hier eine gut funktionierende Verwaltung vorgefunden. Was die einzelnen Sachgebiete leisten, ist enorm. Natürlich ist man auch froh, jetzt wieder jemanden zu haben, der übergeordnete Themen anpackt und für Entlastung der Sachgebietsleiter und des Bürgermeisters sorgen kann. Insbesondere nach der Bundesgartenschau ist dies dringend notwendig. Was mir spontan einfällt, wäre im Bereich Kultur und Soziales die kommunale Vereinsbetreuung. Wir haben über 60 Vereine, die sich in vielen Bereichen engagieren, wie z.B. Sport, Kultur, Bildung und Musik. Sie prägen das gesellschaftliche Zusammenleben in der Stadt. Aus meiner Sicht sollten Verwaltung und Vereine wieder verstärkt in den Dialog treten und gemeinsam agieren. Dies kam aufgrund mangelnder personeller Ressourcen und der Buga in der letzten Zeit ein wenig zu kurz. Ich denke hier an Gespräche innerhalb der verschiedenen Sparten und verspreche mir durch Kooperationen Synergieeffekte. Zudem bekommt man auch die Chance, die Kräfte zu bündeln, die sich gesellschaftlich engagieren und einbringen wollen. Auch die Verwaltung muss überlegen, in welcher Form die Vereine unterstützt werden können. Ein Beispiel wäre hier durch die Zusammenarbeit mit der Touristinformation, bei der auch federführend die Homepage geführt wird. Dieser Internetauftritt ist eine Art Visitenkarte der Stadt, die mit aktuellen Informationen und Angeboten sowohl für die Bürger der Stadt als auch für Gäste interessant ist.

Wovon waren Ihre ersten Arbeitstage hier geprägt?

Ich führe zurzeit viele Einzelgespräche mit den Mitarbeitern, schaue mir ihre Wirkungsstätten und Aufgabenbereiche an. Bauhof und Touristinfo habe ich bereits besucht. Schule, Hort und Kitas folgen. Meinen ersten Wochenendtermin habe ich bei der Jagdgenossenschaft in Garz wahrgenommen. Ich bin viel auf Reisen, um die Leute kennenzulernen und mich vorzustellen. Am Montag bin ich bei der Ausschusssitzung Kultur und Soziales mit dabei, am 26. April im Ausschuss für Ordnung, Umwelt und Tourismus.

Stichwort Tourismus. Welche Bedeutung hat er?

Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt, besonders mit Blick auf die Nachwirkungen der Buga. Diese Chance müssen wir nutzen und den Schwung mitnehmen. Dabei ist die interkommunale Zusammenarbeit essentiell. So zum Beispiel bei der FUN-Initiative, wo am Mittwoch ein Treffen stattfand, an dem die Leiterin der Tourist­info Marina Heinrich und der Bürgermeister teilgenommen haben. Synergien sind wichtig. Wir müssen uns weiterhin gemeinschaftlich aufstellen und dabei die Besonderheiten Havelbergs darstellen. Durch den Tourismus können wir Arbeitsplätze sichern und neu schaffen. Deshalb müssen wir uns konzeptionell ausrichten und Ziele formulieren. Man sagt ja, der Weg ist das Ziel, dies gilt auch für diesen Bereich.

Bootskorso und Pferdemarkt sind Magnete, die Touristen anziehen. Wie sieht es damit aus?

Zu der Arbeitsgruppe Pferdemarkt haben wir eine kleinere für den Bootskorso gebildet. Hier überlegen wir gerade, ob wir bei zwei Flächen für Blasmusikfest und Bootskorso bleiben oder uns lieber auf einen Ort beschränken, um so das Fest attraktiver und auch effizienter zu gestalten. Für den Showact prüfen wir, was machbar ist und ins Budget passt. Ein „Wunschkonzert“ ist aber nur bis zum bestimmten Maße möglich.

In Ihr Aufgabengebiet fallen auch die Kitas.

Im Vergleich zur Großstadt sind wir in Havelberg auf diesem Gebiet sehr gut aufgestellt. Der Standard ist relativ hoch, was die Einrichtungen und Ausstattungen betrifft. Für den Bereich Hort beginnen wir gerade die Planungen für das neue Schuljahr. Hier erwarten wir noch mehr Kinder als im Vorjahr und müssen nun schauen, wie wir die Auflagen einer entsprechenden Betriebserlaubnis einhalten können. Auch die Kita-Satzung muss mit Sicherheit im laufenden Jahr angefasst werden, hier ist aber abzuwarten, wie sich die neue Landesregierung zum Thema Kinderförderungsgesetz positioniert.

Gibt‘s beim Bauhof Handlungsbedarf?

Hier gilt es, nach der Buga, wieder in das normale Fahrwasser zu kommen, um so den Regelbetrieb wahrzunehmen. In diesen Verantwortungsbereich fällt auch die Betreuung der Sportstätte „Am Eichenwald“. Ich möchte mit den Vereinen als Nutzer sprechen, wie wir gemeinsam eine Verbesserung der Hallennutzung erreichen können. Die Vereine sollen verlässlich wissen, was sie von der Verwaltung erwarten können, aber auch, was wir von ihnen erwarten. Unser Personal ist begrenzt, oft sind auch Einsätze an Wochenenden und Feiertagen erforderlich. Hierbei wird mir mit Sicherheit meine Erfahrung als Vereinsvertreter zu Gute kommen, um so auch das notwendige Verständnis für die Belange der Vereine aufbringen zu können. Einer einvernehmlichen Lösung sehe ich aber positiv entgegen.

Ein Blick ins Volksstimme-Archiv zeigt André Gerdel in den 2000er Jahren öfter als aktiven Spieler beim FSV. Haben Sie auch in Hamburg Fußball gespielt und ziehen Sie die Fußballschuhe nun wieder für Havelberg an?

Wahrscheinlich werde ich in naher Zukunft bei den Alten Herren aktiv werden und wenn Not am Mann ist auch bei der Reserve der Herrenvertretung. In meiner Zeit in Hamburg habe ich beim Witzhaver SV Fußball gespielt und dort die Vereinsarbeit ein wenig begleitet. Natürlich ist man ein bisschen traurig, dass ich gegangen bin. Aber vielleicht bietet sich mal ein Trainingslager in Havelberg an, so könnten auch neue Verbindungen entstehen.

Wo sehen Sie die Vorteile Havelbergs gegenüber Hamburg?

Ich habe 14 Jahre in der Großstadt gelebt. Das kulturelle Angebot ist natürlich enorm. Doch nun befinde ich mich in einer Lebensphase, in der andere Belange wichtiger werden. Hierzu gehört natürlich auch der Punkt Familie. Dort bietet die Kleinstadt Havelberg wesentliche Vorteile, besonders auch für junge Familien. Der Wohnraum ist im Vergleich zur Großstadt erschwinglich, die Kinderbetreuung ist abgesichert, alle Schulformen sind vorhanden, dazu kommt ein breites Spektrum an Vereinen. Übrigens nicht nur für mich, auch aus meinem Bekanntenkreis kehren junge Leute wieder zurück.