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Workshop Aus Fehlern bei der Flut lernen

Was ist schief gelaufen bei der Bewältigung der Flutkatastrophe, was hat gut geklappt? Fragen, die beim Workshop Thema waren.

Von Ingo Freihorst 04.05.2016, 01:01

Schönhausen l „Lernen aus der Katastrophe – Erfahrungen, Probleme, Herausforderungen“ lautete das Motto der Veranstaltung, welche kürzlich im Schönhauser Bürgerzentrum stattgefunden hatte. Dr. Cordula Dittmer von der Katastrophenforschungsstelle der Freien Universität Berlin begrüßte die Gäste, darunter neben Verbandsbürgermeister Bernd Witt zahlreiche ehemalige und jetzige Bürgermeister. Mit dabei waren aber auch ehrenamtliche Fluthelfer von den Johannitern, dem Arbeitersamariterbund und dem DRK sowie Klaus Ölmann, welcher den „Flutkonsum“ in Schönhausen organisiert hatte, oder der Klietzer Werner Grabolle von der Hochwasserschutz-Initiative.

Im Vorfeld waren bereits diverse Gespräche mit Betroffenen und Akteuren geführt und die Region erkundet worden, berichtete Cordula Dittmer. Im Sommer sei zudem geplant, die Bevölkerung mit einer Fragebogen-Aktion einzubeziehen.

Man sei bereits auf großes Interesse gestoßen, was zum Beispiel die Warnung, die Informationen, die Organisation und die Aufklärung während und nach der Katastrophe betrifft. Improvisationstalent war anfangs bei der Versorgung gefragt, hatten die Frager erfahren müssen. Auch gab es im Nachhinein einen hohen Bedarf an seelsorgerischer und emotionaler Betreuung. Oder zwecks Hilfe bei den nötigen Behördengängen.

Probleme hatte es bei der Evakuierung vor allem Pflegebedürftiger gegeben. Eine große Rolle spielte dabei aber auch die Landwirtschaft mit ihren Tieren. Im Anschluss an die Flut gab es aber auch Konflikte unter den Betroffenen, das böse Wort von den „Profiteuren“ machte die Runde.

Die Orte erholen sich recht unterschiedlich, es gibt zum Beispiel in Fischbeck und Schönhausen eine beeindruckende Erinnerungskultur. Mit beim Workshop dabei war dazu natürlich auch die Schönhauserin Verena Primus, welche das Flut-Buch „Na isses wieder schön?“ verfasst hatte.

„Wäre der angeordneten Evakuierung Folge geleistet worden, hätte in Kamern gar nichts mehr gestanden“, gab der damalige Bürgermeister Klaus Beck eine seiner Erfahrungen wider. Und: Die Ortskundigen müssen bei solchen Katastrophen mitreden.

Der Schönfelder Landwirt Fred-Wilhelm Braunschweig kritisierte, dass die Kommunen auf die nächste Katastrophe wieder nicht vorbereitet seien. Dem stimmte Arno Brandt, Bürgermeister von Kamern, zu: In der DDR habe der Katastrophenschutz immer gut funktioniert, nach der deutschen Einheit habe man ihn leider vergessen. Von Übel sei, dass diese Arbeit regional nur auf ehrenamtlicher Schiene passiert, ergänzte Werner Grabolle.

Ein großes Problem im Elb-Havel-Land sei, dass hier die Jugend fehle, man sei auf Rentner als Helfer angewiesen, berichtete Bernd Witt. Dass man auf dem Land lebe, habe aber den Vorteil, dass man als Rentner Netzwerke schaffen kann, erklärte Werner Grabolle. – So kann man für den Notfall vorsorgen.

Bei der Evakuierung hätten die Behörden keinen Überblick gehabt, berichtete der Schönhauser Pfarrer Ralf Euker. Die Kranken waren in den Orten geblieben, aber die Ärzte waren weg. Bauern wurden zudem unter Druck gesetzt.

Welches Durcheinander bei der Katastrophe herrschte, darüber berichtete Arno Brandt an diesem Beispiel: Im brandenburgischen Wudicke hatte die Bundeswehr in Bereitschaft gelegen, es hatte Tage gedauert, bis in der größten Not endlich 50 Soldaten nach Kamern abkommandiert wurden. Zudem müsse künftig der Informationsfluss verbessert werden, auch über Ländergrenzen hinweg. Hierzu gab Ex-Offizier Werner Grabolle den Hinweis, dass die Bundeswehr-Kommandeure allein leider nichts mehr entscheiden dürfen.

Was künftig zur Vorsorge nötig sei? Leitfäden und Checklisten müssten erstellt werden. Informationen zu vorsorgenden Maßnahmen für die Betroffenen sind vorab nötig – im Brandenburgischen klappte dies gut. Jeder Ort benötigt zudem Katastrophenschutzpläne mit Kompetenzfestlegungen, aber auch jeder Bürger sollte vorsorgen.