1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Marktorganisator sieht kaum Chancen

Bauernmarkt Marktorganisator sieht kaum Chancen

Mit einem Bauernmarkt immer samstags Leute in die Havelberger Altstadt holen - das ist eine Idee aus der Initiative Zukunft Stadtinsel.

Von Andrea Schröder 09.02.2017, 14:15

Havelberg l Er weiß, wie Händler ticken, wie sie durchaus bereit sind, einen neuen Markt auszuprobieren, aber auch, wie schnell sie wieder weg sind, wenn die Einnahmen nicht stimmen. Meinhard Jüstel hat im Oktober 2001 den Havelberger Frischemarkt ins Leben gerufen. Jeden Freitag von morgens bis zum frühen Nachmittag gibt es seither den Handel am Rathaus. Die Volksstimme sprach mit ihm über die Idee eines Bauernmarktes an jedem Sonnabend.

„Am Anfang waren es rund 25 Händler. Wir hatten ein extrem vielfältiges Angebot und der Markt lief sehr gut an“, denkt der Rosenhofer an die Anfänge des Frischemarktes zurück. Doch war dieser Boom nicht haltbar. Schon bald verabschiedeten sich erste Händler. Es lohnte sich für manche einfach nicht. Der Umsatz war zu gering.

„Irgendwann war das Ganze auf drei, vier Händler abgesackt. Jetzt sind es sieben bis zehn Händler, die regelmäßig hier sind. Damit bin ich super zufrieden.“ Fleischer, Bäcker, Fischer, Händler mit Eiern, Obst und Gemüse bieten jeden Freitag ihre Waren feil. Sogar jetzt im Winter sind die meisten da.

Über hundert Händler hat er über die Jahre in Havelberg gehabt, sagt Meinhard Jüstel. Geblieben, und das nun schon über Jahre, sind die nicht mal zwei Handvoll. „Gibt es einen neuen Markt, sind die Leute natürlich neugierig und kommen zum Schauen. Doch sind die Händler auf Stammkundschaft angewiesen. Ich habe die gesamte Palette da gehabt. Doch kann ich die Händler nicht festhalten. Letztendlich fahren sie dahin, wo sie Geld verdienen“, spricht Meinhard Jüstel, der auch in Seehausen den Markt organisiert und ansonsten selbst auch als Händler auf Märkten steht, über seine Erfahrungen.

Es gibt eine Stammkundschaft in Havelberg. Doch ist sie übersichtlich. „Von oben kommen immer noch sehr wenige Leute runter auf die Stadtinsel. Da, wo sie nicht vor der Tür parken können, wird auch nicht gern eingekauft“, kennt er die Mentalität der Menschen. Er ist froh, dass es so, wie es jetzt mit dem Frischemarkt läuft, funktioniert. „Damit bin ich zufrieden.“

Wie er die Chancen für einen Bauernmarkt sonnabends in Havelberg sieht, hatte er der Initiativgruppe zur Zukunft der Stadtinsel schriftlich mitgeteilt und es steht auch sein Angebot, dass er über seine Erfahrungen bei einem der nächsten Treffen berichtet. Die Idee in der Gruppe war, einen Sonnabend-Markt zu etablieren und damit die Altstadt zu beleben. Dabei war ein Gedanke, dass Freitagvormittag nicht viele die Gelegenheit haben, den Frischemarkt zu besuchen. Wäre schon die Ausweitung oder Verlegung auf den Nachmittag denkbar? „Nachmittags sind Händler eher nicht auf dem Markt. Sie haben teilweise lange Anfahrten. Die Direktvermarkter kümmern sich dann um ihre Tiere. Die Kunden sind vorwiegend Rentner und kaufen zu 90 Prozent vormittags ein.“

Für einen Bauernmarkt am Sonnabend nennt Meinhard Jüstel Voraussetzungen, die es dafür geben müsste: „Ein gutes Potenzial an Händlern und eine zentrale Lage. Die Händler, die sonnabends zur Verfügung stehen, fahren zu Märkten in Berlin, Potsdam und Magdeburg. Die verlassen ihre Märkte nicht, um hier nach Havelberg zu kommen.“

Aus seiner Sicht ist solch ein regelmäßiger Bauernmarkt in Havelberg eine Wunschvorstellung. „Die Idee ist ja nicht schlecht, doch muss man das realistisch sehen.“ Zu bedenken gibt er außerdem, dass beim Versuch, einen Bauernmarkt zu etablieren, der Frischemarkt am Freitag wohl nur noch wenige Chancen hätte. Gelingt dann der Bauernmarkt nicht, „geht alles den Bach runter“. Auch die Verlegung von Freitag auf Sonnabend sieht er kritisch.

Zur Bundesgartenschau 2015 hatte Meinhard Jüstel den Regionalmarkt organisiert. An 177 Tagen steppte sozusagen der Bär auf dem Marktplatz, standen zahlreiche Händler im Rund, freuten sich täglich Hunderte Besucher über das vielfältige Angebot. Das war auf die Buga zugeschnitten und kam sehr gut an. Bei Händlern und Kunden. „Für die Vorbereitung hatte ich drei Jahre Zeit. Ich konnte ordentlich planen und Geld in die Hand nehmen. Und auch da war es nicht einfach, Händler für 177 Tage zu verpflichten. Als der Markt dann lief, hatte ich immer wieder Anfragen.“

Für die Organisation eines Bauernmarktes am Sonnabend in Havelberg würde er nicht zur Verfügung stehen. „Weil ich weiß, dass das nicht funktioniert. Es würde vielleicht in den ersten Monaten laufen, weil die Leute neugierig sind. Doch auf Dauer nicht. Dann hätten wir das Gegenteil erreicht. Die Händler, auch vom Frischemarkt, wären weg. Ich hätte das dann zu verantworten. Wenn ich etwas anfange, muss ich auch wissen, dass es funktioniert, und es durchziehen. Das habe ich in meinen 26 Jahren Markterfahrung immer so gehalten.“

Er sieht auch noch ein anderes Problem für Frischemärkte. Direktvermarktern wird das Leben durch immer neue Auflagen und Standards, die sie zu erfüllen haben, schwerer gemacht. „Viele gehen demnächst in Rente. Einen Nachfolger haben sie nicht, weil sich das keiner antun will.“ Meinhard Jüstel berichtet vom Markt in Seehausen mit wöchentlich 13 bis 15 Händlern. Drei gehen in diesem Jahr in Rente. „Da stellt sich die Frage, wie lange man den Händlerpool noch hat.“

Gern würde er den Frischemarkt in Havelberg auch erweitern. „Aber mit wem? Alle Händler aus einem Umkreis von 50 Kilometern waren schon hier. Mir ist es wichtig, dass die, die jetzt hier sind, hier bleiben und auch durchhalten, wenn es mal nicht so läuft, oder jetzt bei der Kälte im Winter.“ Für Obst, Gemüse, Käse und andere Milchprodukte kommt übrigens ein Händler aus Polen. Er fährt 380 Kilometer hierher. „Ich habe keinen anderen Händler mit einem solchen Angebot gefunden für Havelberg.“