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Plage Kampf gegen Raupen im Verbund

Millionen von Eichenprozessionsspinnern haben wieder die Gemüter im Bereich Vehlgast und Damerow im Lanskreis Stendal erhitzt.

Von Andrea Schröder 22.07.2016, 01:01

Havelberg l Als sich die Ortschaftsräte Ende Juni zur Sitzung getroffen hatten, war ein Schwerpunkt der Eichenprozessionsspinner. Lutz Bauer nutzte als Gast die Bürgerfragestunde, um das Problem anzusprechen. Viele Bürger in Vehlgast-Kümmernitz seien krank, Kinder bekommen Asthma, viele Einwohner trauen sich wegen der herumfliegenden giftigen Raupenhärchen nicht mehr an die frische Luft (die Volksstimme berichtete). Ratsmitglied Bernd Flader befürchtet außerdem, dass etwa sein Eichenwald bald nur noch Brennholz sei. Der Ortschaftsrat beschloss aufgrund der seit inzwischen mehreren Jahren andauernden Problematik, sich mit einem Schreiben an die Stadtverwaltung zu wenden und zugleich um die Weiterleitung an zuständige Behörden bis hin zum Landesumweltministerium zu bitten.

„Insbesondere sollte in diesem Schreiben die Sorge zum Ausdruck kommen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger der besonders von dem Eichenprozessionsspinner heimgesuchten Altgemeinde Vehlgast-Kümmernitz von den für die Bekämpfung zuständigen Behörden allein gelassen fühlten. Eine wirksame, erkennbare Bekämpfungsmaßnahme sei 2016 nicht erfolgt“, sagt der stellvertretende Ortsbürgermeister Hans-Günther Rose gegenüber der Volksstimme.

Dem Ortschaftsrat sei die Vielschichtigkeit der Problematik etwa mit Naturschutzrecht, ökologischen Bedenken beim Einsatz chemischer Mittel und Rechtslagen bewusst. Doch fühlten sich die Betroffenen aufgrund der Gefahren für ihre Gesundheit und die Beeinträchtigungen dem Öko-Trend „Specht vor Mensch“ geopfert.

Hans-Günter Rose hat vor einigen Tagen die Sorgen der Einwohner Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski sowie Sebastian Stoll, 2. Beigeordneter des Landrates, und dem Landtagsabgeordneten für den Wahlkreis Chris Schulenburg (beide CDU) mitgeteilt. „Alle drei Gesprächspartner versicherten, dass die Problematik in ihren jeweiligen Ebenen und Gremien aktuell auf den Tagesordnungen stünden“, berichtet Hans-Günther Rose. So werde die Hansestadt spätestens im Herbst einen Status-Quo-Bericht an das zuständige Umweltamt des Landkreises senden, in dem mit Sicherheit der besonders starke Befall sowohl in Nitzow als auch in Vehlgast-Kümmernitz thematisiert werden würde. Von Chris Schulenburg erfuhr der stellvertretende Ortsbürgermeister, dass sich innerhalb der CDU-Landtagsfraktion eine Arbeitsgruppe speziell mit der Problematik befassen würde, um eine Rechtssituation zu schaffen, die eine konzertierte Aktion bei der Bekämpfung ermöglichen würde. Das Thema „Eichenprozessionsspinner“ sei aktuell im Landtag mit dem Ziel, mit dem zuständigen Umweltministerium eine Lösung herbeizuführen.

Die Forstschädlinge bereiten vor allem auch im Bereich Seehausen große Probleme. Verbandsgemeindebürgermeister Rüdiger Kloth hatte Anfang des Monats bei der Tier- und Gewerbeschau in Krumke die Chance genutzt, Landwirtschafts- und Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Grüne) auf das Thema anzusprechen.

Er machte darauf aufmerksam, dass das Problem seit etwa zehn Jahren akut besteht und die größten Erfolge 2008 bis 2010 erreicht wurden. Damals gab es eine gemeinsame und großflächige Bekämpfungsstrategie von Kommune, Landkreis, Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten, Straßenbaubehörde, Forstamt, Landeszentrum Wald und oberer Naturschutzbehörde, was einen deutlichen Rückgang der Falterpopulation zur Folge hatte. Die Wirksamkeit des Insektizids wurde sogar wissenschaftlich dokumentiert. Diese breite Front gibt es nicht mehr. Seit 2011 sind die Kommunen auf sich alleine gestellt. Das biologische Bekämpfungsmittel wurde von der Zulassungsbehörde immer weiter verdünnt, so dass dessen Wirksamkeit mittlerweile von vielen in Frage gestellt wird. Die Eichenprozessionsspinner vermehren sich inzwischen wieder explosionsartig, so Rüdiger Kloth.

Der Landkreis Stendal hatte auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit den Gemeinden eine Bekämpfung der Raupen organisiert – aus der Luft vom Hubschrauber aus und bei Einzelbäumen mit Spezialtechnik. Allein die Hansestadt Havelberg investiert jährlich 10 000 Euro in die Bekämpfung. Während andernorts Erfolge verzeichnet werden, bleiben diese im Bereich Vehlgast und Damerow aus. Grund sind Eichenwälder, für die die Forst zuständig ist. Diese darf nicht flächendeckend gegen die Eichenprozessionsspinner sprühen. Somit bleibt die Bekämpfung wohnortnaher Eichen ein Tropfen auf den heißen Stein.