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Bettenanbieter Kritischer Blick auf die Kurtaxe

Zum 1. April 2018 will Havelberg die Kurtaxe einführen. Mitarbeiter der Stadtverwaltung sprachen darüber mit Bettenanbietern.

Von Andrea Schröder 16.05.2017, 01:01

Havelberg l Schon seit 2001 ist Havelberg „Staatlich anerkannter Erholungsort“. Als solcher ist die Stadt dazu berechtigt, eine Kurtaxe zu erheben. Angesichts des Haushaltsdefizites und der daraus resultierenden Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung soll diese Kurtaxe nun zum 1. April 2018 eingeführt werden. Ursprünglich war dies bereits für dieses Jahr geplant. Im November 2016 hatte der Stadtrat den Beschluss einstimmig gefasst. Allerdings gab es noch Unklarheiten zum Geltungsbereich, weil der Titel Erholungsort vergeben wurde, als Havelberg noch keine Ortschaften hatte. Letztendlich soll die Kurtaxe nun für den Bereich der ursprünglichen Stadt Havelberg mit ihren Ortsteilen Wöplitz, Toppel und Müggenbusch gelten. In den Ortschaften nicht.

Bevor über den neuen Satzungsentwurf gesprochen wurde, entbrannte an dem Abend zunächst eine Debatte über den Titel Erholungsort an sich. Detlef Rehberg stellte infrage, ob Havelberg die Voraussetzungen für den Titel überhaupt erfülle, was eine durchschnittliche Übernachtungsdauer von drei Tagen betrifft. Seiner Erfahrung nach würden 80 Prozent der Urlauber nur für eine Nacht bleiben. Etwas, das die Chefin des Arthotels Renate Lewerken unterstrich. Sie fragte zudem, weshalb die Stadt den Titel nicht schon längst offensiv nach außen getragen hat.

Kämmerin Petra Jonschkowski erklärte, dass die Stadt den Titel zuletzt im vorigen Jahr erneut zurerkannt bekommen hat. Es müssten schon grobe Verstöße nachzuweisen sein, bevor einer Stadt der Titel aberkannt werde. Offensiver wolle die Stadt künftig auch mit diesem Titel umgehen. Doch müsse man aufpassen, sich nicht zu verzetteln angesichts verschiedener Titel wie Straße der Romanik, Hansestadt oder auch Buga-Stadt.

Manche Bettenanbieter sehen die Kurtaxe kritisch, befürchten, dass sich die Urlauber abgezockt fühlen, wenn sie etwa als Radtourist abends in die Stadt kommen und am nächsten Morgen wieder abfahren. Und mancher fragte auch, welche Vorteile denn ein Tourist habe. Ein Aspekt, der im Stadtrat auch schon eine Rolle gespielt hatte. Da hatte es unter anderem geheißen, dass für den Betrag von einem Euro für die Kurtaxe pro Nacht auch in anderen Städten keine Vergünstigungen angeboten werden. Zudem biete Havelberg mit allem, was in den vergangenen Jahren entstanden ist, Urlaubern eine ganze Menge.

„Meine Gäste kommen von der Stadtinsel und sagen, da sei alles tot und nichts los. Es wäre schön, wenn wir etwas in die Hand dazu bekommen könnten, was an touristischer Infrastruktur vorhanden ist“, sagte Renate Lewerken. Tourismuschefin Marina Heinrich schlug vor, den „Havelberg-Spaziergang“, den Urlauber in der Touristinformation erhalten, wenn sie auf Buga-Wegen unterwegs sein wollen, den Quartiergebern zuzuschicken. Kurz zählte Petra Jonschkowski auf, was Urlauber auch nach 18 Uhr noch erleben können: zum Beispiel Slawendorf-Spielplatz, zur Buga entstandene Kunstwerke, Erlebnisbad, das in den Ferien länger geöffnet hat, Rundgänge auf Geschichtswegen mit entsprechenden Hinweisschildern.

„Nur weil Läden auf der Stadtinsel zu sind, entscheidet sich doch kein Tourist gegen einen Havelberg-Besuch. Die Touristen kommen hierher, weil sie hier ihre Ruhe finden und die Natur genießen wollen. Ob als Radfahrer, Wassertourist oder Spaziergänger. Und dafür haben wir eine Menge geschaffen, warum stellen wir unser Licht unter den Scheffel? Wir werden weitere Fakten zusammentragen für die Argumentation für eine Kurtaxe.“

Diese soll jährlich vom 1. April bis 31. Oktober von Personen ab einem Alter von 17 Jahren erhoben werden, die sich in Havelberg und den Ortsteilen ein Quartier nehmen beziehungsweise ihren Zweitwohnsitz hier haben. Der Satzungsentwurf sieht Ausnahmen vor, etwa für Leute, die in Ausübung ihres Berufes in der Stadt übernachten oder für Teilnehmer an Sportveranstaltungen.

Verwendet werden sollen die Einnahmen aus der Kurtaxe – zu deren Erhebung die Stadt vom Land angehalten worden ist – für die touristische Infrastruktur. Gerechnet wird mit Einnahmen in Höhe von 30 000 Euro. Dabei wurde eine 25-prozentige Bettenauslastung zugrunde gelegt. Allein für den Betrieb der Touristinfo schlagen jährlich 120 000 Euro zu Buche. „Wir sind mit Abstand die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Durchschnitt für die Touristinfo“, sagte Petra Jonschkowski.

An dem Abend kristallisierten sich dann Dinge heraus, die die Bettenanbieter gern anders als im Satzungsentwurf geregelt haben würden. So sollte die Kurtaxe bei Abrechnung des Reisepreises und nicht bereits am Anreisetag kassiert werden. Die Meldescheine – zum Ausfüllen ist jeder Bettenanbieter verpflichtet – sollen als Nachweis für die Anmeldung dienen, eine extra Gästekarte wäre damit nicht erforderlich. Vorgeschlagen wurde auch, Gäste, die erst nach 18 Uhr anreisen, für die erste Nacht von der Kurtaxe freizustellen. Petra Jonschkowski und Ordnungsamtsleiter André Gerdel nahmen die Vorschläge auf und wollen sie an die Fachausschüsse weiterleiten. Das genaue Prozedere zur Kassierung und Abrechnung der Kurtaxe wird noch abgesprochen.