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Biber Messerscharfe Zähne und handgroße Pranken

Auch jetzt bei frostigen Temperaturen kann man den Biber, der keinen Winterschlaf hält, an der Havel bei seinem emsigen Treiben beobachten.

Von Wolfgang Masur 05.01.2016, 17:00

Havelberg l Weil Biber Bäume „fällen“, sind sie insbesondere in der Forstwirtschaft unbeliebt. Am neuen „Haus der Flüsse“ in Havelberg hat man deshalb die Neuanpflanzungen im Uferbereich vor Biberfraß geschützt. Im Haus selbst kann der Besucher einen präparierten Biber und natürlich viele andere Tiere der Havelregion ganz aus der Nähe besichtigen.

Der Biber war schon fast ausgestorben, da er früher als Fastenspeise galt und sein Fell sehr beliebt war. Nur in wenigen Gegenden Europas haben Biber die mehrere Jahrhunderte dauernde Verfolgung durch den Menschen überlebt.

An der Unteren Havel bauen diese größten europäischen Nager wieder ihre Burgen und ihr Bestand nimmt zu. Die Untere Havelniederung erstreckt sich von der Havelmündung an der Elbe bis nach Rathenow. Mit ihren zahllosen Flussaltarmen, ausgedehnten Überschwemmungsflächen und Feuchtwiesen bietet die Niederungslandschaft bedrohten Tieren und Pflanzen überlebensnotwendige Lebensräume. Daher wurden weite Teile der Unteren Havel inzwischen unter Naturschutz gestellt. In dieser einzigartigen Flusslandschaft finden die Biber ideale Lebensbedingungen. Aber auch anderen seltenen Tieren wie den verspielten und intelligenten Fischottern, den majestätischen Seeadlern, Kranichen, Störchen, Kormoranen und Moorfröschen kann man hier begegnen.

Unter der Überschrift: „Begegnung auf der Havel“ schrieb die bereits verstorbene Domstädterin Frida Steffen, die damals gerne mit dem Segelboot unterwegs war, ihr Erlebnis mit dem „Castor fiber“, wie der Biber auf Lateinisch heißt, auf. Im Heimatheft 6 des Kreises Havelberg von 1986 „Zwischen Havel und Elbe“ findet man folgende Geschichte von ihr:

„Wir lagen wieder mal mit unserem Boot zwischen den Buhnen. Aus der kahlen Weide rief uns ein Täuberich sein knurr, knurr zu und äugte dabei auf unseren Abendbrottisch. Wir ließen es uns schmecken, denn es gab knusprige Bratfische.

Nachdem das Geschirr abgewaschen war, saßen wir am Heckschrank und guckten durch die Gegend. Die Havel führte allerhand Gestrüpp und Holz an uns vorbei. Eine Gabelweihe zog ihre Kreise über uns und ließ ihren pfeifenden Ruf ertönen. Ein Fischreiher flog mit schrillem Schrei zum Seitenarm der Havel bei Jederitz, um dort Futter für seine Jungen zu suchen.

Plötzlich entdeckten wir etwas Braunes auf der Havel! Es kam schräg auf uns zugeschwommen. Durch das Fernglas stellten wir fest, dass es ein Biber war, der einen armdicken Ast schleppte. Ein Ende davon ragte etwa 60 Zentimeter aus dem Wasser raus. Wir waren ganz aufgeregt und flüsterten nur ganz leise. Das Tier schwamm etwa drei Meter entfernt an uns vorbei und tauchte in der Nebenbuhne mit großem Geplautsche unter. Wir lauschten noch eine Weile, aber es tat sich nichts. Absolute Ruhe.

In der Nacht wurden wir durch ein furchtbares Geräusch wach. Wir konnten uns einfach nicht erklären, was das war. Es klang wie das laute Fauchen eines Tieres und kam aus dem hohen Schilf am Ufer. Wir übernachten schon seit über 30 Jahren auf unserem Boot und haben dabei schon alle möglichen Tierstimmen gehört, aber so etwas noch nie. Es dauerte aber nicht sehr lange.

Als wir am nächsten Tag wieder zu Hause waren, schlug ich gleich erst in ,Brehms Tierleben‘ nach. Dieses Geräusch ließ mir doch keine Ruhe. Und da hieß es dann: ,Beim Holzzersägen des Bibers entsteht durch das schnelle Schneiden der Zähne ein schnarrendes Getöse.‘ Das war also des Rätsels Lösung! Der Biber hatte aus dem großen Ast am Abend zuvor Kleinholz gemacht.

Einige Zeit später kamen wir wieder in die Buhne, und da lagen überall am Ufer und im flachen Wasser schlohweiße, sauber abgenagte dicke Knüppel herum. Ich fischte mir aus dem Wasser ein kurzes Stück heraus. Es duftete herrlich nach frischem Weidenholz. Man konnte deutlich den Abdruck der beiden Nagezähne des Bibers in regelmäßigem Abstand erkennen. Die Enden waren wie mit einer Feile sorgfältig zugespitzt. Es waren auch einige kleinere Zähne am Holz zu erkennen, also waren auch junge Biber da.

Später entdeckten wir am Ufer eine Schleifspur, die von einem großen Ast mit Zweigen herrühren musste. Sie führte aus dem Wasser ins Gras der Insel hinauf. Gleichzeitig sahen wir im feuchten Sand das Klo des Bibers. Es war ein großer zusammengekratzter Sandhaufen in der Art, wie Katzen ihr Geschäft verbuddeln oder zukratzen. Die Spuren zeigten eine handgroße Pranke. Etwas entfernt davon das gleiche in Kleinformat. Ein Zeichen, dass Mutter Biber auf Ordnung hält. Aber den Biberbau oder die Burg konnten wir nicht sehen, da man ja das Ufer nicht betreten darf und wir nur still in einer Buhne liegen, um die Tiere nicht zu verscheuchen.“

Soweit die Geschichte von Frida Steffen. Heute haben wir auf der kleinen Insel, unterhalb der Havelberger Havelstegbrücke, eine Biberburg. Hier kann der Naturliebhaber die Wassertiere beobachten.

Schon seit vielen Jahren bieten der Förderverein „Naturschutz im Elb-Havel-Winkel“ und das Biosphärenreservat Mittelelbe Biberführungen an, die sehr gut angenommen werden.

2014 wurde ein Biber als „Birnendieb“ am Havelberger Yachthafen erwischt, der sich am helllichten Tag seine Mahlzeiten sicherte.