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Bismarck-Museum Vom Zuhörer zum Ausstellungsführer

Rollentausch im Schönhauser Bismarck-Museum. Statt der geschichtlich versierten Fachleute führen "Nachbarn" durch Museum und Park.

04.07.2017, 23:01

Schönhausen l  Eigentlich sitzt Jörg Hellmuth in den Zuhörerreihen, nun stand er selbst vor Gästen für das neue Veranstaltungsformat „Nachbarn begleiten Nachbarn“. Es waren zwar nicht viele „Nachbarn“, die den Weg ins Museum fanden, aber die Erschienenen erlebten eine kurzweilige Führung und bekamen Einblick in das geschichtliche Interesse des Noch-Bundestagsabgeordneten Jörg Hellmuth aus Wust.

Zunächst begrüßte Dr. Andrea Hopp die Gäste. Seit nunmehr genau zehn Jahren leitet sie die Otto-von-Bismarck-Stiftung Schönhausen, am 4. Juli 2007 war sie von Friedrichsruh an den Geburtsort Otto von Bismarcks gewechselt. „Dass mit Edeltraut Jeske und Heidi Voigt und wenig später auch Christiane Schramm und Katharina Handke Mitarbeiterinnen meiner ,ersten Stunde‘ immer noch verlässlich und standhaft für Kontinuität sorgen, freut mich sehr.“ Nicht nur ihnen drückte sie ihren Dank aus, sondern auch Museumspädagogin Katja Gosdek, die nach kurzer Babypause wieder zurück im Museum ist. „Ich wünsche mir weitere solche Jahre des intensiven Miteinanders und Austausches.“

Ein Miteinander gibt es auch schon lange mit Jörg Hellmuth. Er ist nicht nur Stammgast bei den Vorträgen der Stiftung, sondern Mitwirkender beim Projekt „Kunst für Demokratie“ und als Leiter der Wuster Sommerschule auch dafür verantwortlich, dass es seit Jahren eine Kooperation gibt.

Jörg Hellmuth beendet im September, wenn der Bundestag neu gewählt wird, seine berufliche politische Laufbahn. Die währt nun immerhin schon 27 Jahre. Im Dezember 1989 war er als LPG-Vorsitzender interessehalber mal zur Ratssitzung in Wust gegangen – als Bürgermeister kam er nach zwei Stunden nach Hause zurück, „die Zeiten waren damals eben so“. Seine weiteren Stationen waren Landrat im Kreis Havelberg, acht Wochen Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Schönhausen und dann Landrat des Landkreises Stendal. Vor sieben Jahren wurde er in den Bundestag gewählt.

Geschichtlich interessiert war der studierte Landwirt nicht, als er im Januar 1981 das erste Mal nach Wust kam, um seine spätere Frau Margrit zu besuchen. Sie zeigte ihm in ihrem Heimatort Kirche und Katte-Gruft, erzählte von den Bismarcks in Schönhausen und schlenderte mit ihm durch die Tangermünder Altstadt – Jörg Hellmuth war begeistert! Und so langsam erwachte das Geschichtsbewusstsein in ihm. „Ich versuchte, Geschichtsbücher zu bekommen, was zu DDR-Zeiten ja nicht leicht war. Aber der Ehrgeiz hatte mich gepackt und hat mich bis heute nicht losgelassen. Die Widersprüche seiner Figur haben mich an Otto von Bismarck am meisten interessiert. Ich eignete mir immer mehr Wissen über die Region an, so dass ich beispielsweise unseren Westbesuch durch die Kirche und Gruft führen konnte. In Schönhausen war ja leider kaum Vorzeigbares von den Bismarcks zu sehen. Aber in der Kirche stand ein Sessel, den Otto von Bismarck zu seinem 80. Geburtstag geschenkt bekommen hatte.“

Als der Schönhauser Bürgermeister Norbert Tanne und auch Ratsmitglied Ernst Tannhäuser dann Mitte der 90er Jahre, als Jörg Hellmuth Havelberger Landrat war, zu ihm kamen und sagten, dass man am Geburtsort Otto von Bismarcks irgendwas machen und ein Museum eröffnen müsste, war sein Interesse geweckt. Und tatsächlich wurde im Herbst 1997 Richtfest für das neue Museum im Torhaus, das bei der Sprengung des Schlosses stehengeblieben war, gefeiert, im Oktober 1998 eröffnete das Museum.

„Es war nicht einfach nur ein Museum, sondern hier wurde auch Geschichtsaufarbeitung betrieben und museumspä­dagogische Arbeit geleistet. Dafür stellte der Landkreis auch einen Mitarbeiter ab. Aber es sollte nicht einfach nur ein Museum sein, sondern hier sollte museumspädagogische und historisch-politische Bildungsarbeit geleistet werden. Das Engagement und Anliegen hat auch die Otto-von-Bismarck-Stiftung überzeugt, sich Schönhausens anzunehmen. Gemeinde, Landkreis, Land und Stiftung sind seit vielen Jahren Kooperationspartner und gewährleisten so, dass ein Stück Geschichte bewahrt und aufgearbeitet wird.

Durch Eigenstudium und die Teilnahme an Vorträgen gut mit der Geschichte und dem politischen Wirken Otto von Bismarcks vertraut, kann Jörg Hellmuth inzwischen versiert durch die Ausstellung führen. Das bescheinigten ihm auch die „Nachbarn“ am Sonntag.

Am 9. Juli ab 14 Uhr ist es Pfarrer Ralf Euker, der anlässlich des 500. Reformationsjubiläums zu „Luther im Museum“ zu einen kompetenten Gang unter „Nachbarn“ einlädt. Und eine Woche später, am 16. Juli, heißt es dann „Kinder in Museum und Park“ mit den beiden Bibliothekarinnen Christel Guß-Siedler und Ingrid Poppe.

Mit diesen Sommer-Sonntagsführungen „möchten wir mit den Menschen darüber ins Gespräch kommen, mit welchen Augen sie den Ort und auch das Museum als Eintrittsorte in die Geschichte sehen“, erklärt Andrea Hopp das Anliegen. „Wir probieren gern Neues aus, um unseren Bildungsauftrag zu erfüllen. Deshalb möchten wir die Bürger mit ihren Ideen und Gedanken stärker einbinden in das Geschehen im Museum und Park – es geht um Mitdenken, Mitmachen und Mitgesalten.“