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Geschichte Kindermode im Museum bewahrt

Über die Kindermode in der DDR will Alice Peterich ein Buch schreiben. Ihre Spurensuche führte sie nach Havelberg und ins Museum.

Von Andrea Schröder 18.10.2016, 19:12

Havelberg l Das hellblau-weiß gemusterte Kleidchen wird auf „Hugo“ hübsch drapiert. Flügelärmel und Volant zieren das Kleid mit dem zarten Blumenmuster. Es ist eines von vier Kleidern aus dem einstigen VEB Oberbekleidung Havelberg, die sich in der Sammlung des Prignitz-Museums befinden. Museologin Sabine Ball hat außerdem eine rote Kinderhose und ein Shirt ausgepackt. Für Alice Peterich eine schöne Fundgrube auf ihrer Suche nach der Kindermode in der DDR.

Ihr Mann schiebt „Hugo“ vor eine weiße Wand und fotografiert das erste Kleidchen. „Ich bin immer an der Seite meiner Frau und auch schon infiziert, alles zu entdecken, was mit der Geschichte der Kindermode zu tun hat“, sagt er. „Hugo“ ist übrigens eine Schaufensterpuppe, die das Ehepaar Peterich überall da hin begleitet, wo Kindermode zu fotografieren ist.

Seit dem ersten Beitrag in der Volksstimme im August über das Anliegen Alice Peterichs, die Kindermode in der DDR aufzuarbeiten, hat sie viele Anrufe von Zeitzeugen erhalten und es gab auch schon in der Volksstimme Nachfolgebeiträge über die Designerin der Kinderkleider aus Havelberg, Petra Herberg, und über Anke Adler, die als Sechsjährige für den VEB Oberbekleidung modelte. Als die Historikerin dieser Tage in der Hansestadt weilte, besuchte sie nicht nur das Museum, sondern sprach mit rund zehn Zeitzeugen, erhielt Fotos, die Wolfgang Masur aus dem Archiv von Franz Schurwanz aufbewahrt, und auch Modezeitschriften der DDR aus den siebziger Jahren. Die hatte eine Familie aus Bad Wilsnack für Alice Peterich in der Redaktion abgegeben. Gesprochen hat sie unter anderem auch mit der Chefin der späteren Dommoden.

„Ich brauche sehr viele Partner, um solch ein Projekt zu verwirklichen. Hier in Havelberg habe ich schon viele gefunden, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Alice Peterich. Die gebürtige Mecklenburgerin, die viele Jahre im Stadtmuseum Leipzig arbeitete und heute in Schleswig-Holstein zu Hause ist, hatte sich mit der Kinderkleidung in Mecklenburg-Vorpommern in der Zeit von 1860 bis 1960 intensiv beschäftigt und das Buch „Zeigt her eure Kleider – Kindermode im Wandel der Zeit“ herausgegeben. Da entstand die Idee, sich mit der Kindermode der DDR zu befassen.

Fundgruben sind für sie natürlich auch Museen. In Havelberg fand sie die Unterstützung im Prignitz-Museum. Für ihr Buch wurden die Stücke aus dem VEB Oberbekleidung fotografisch festgehalten. Das Modemuseum Meyenburg in der Prignitz von Josefine Edle von Krepl umfasst eine der größten Privatsammlungen historischer Kleidungsstücke. Das Ehepaar Peterich hat es natürlich schon besucht.

Viele weitere Recherchen liegen noch vor ihr. Nachdem sie im Norden der ehemaligen DDR schon ganz gut vorangekommen ist, geht es nun in den Süden. Dort gab es das Erfurter Kombinat. Viele Stoffe kamen aus Sachsen. Freuen würde sich Alice Peterich auch über weitere Quelle-Kataloge. Denn viele in der DDR produzierte Kindersachen wurden in die BRD exportiert. „Die Mode war international, das Modeinstitut der DDR gab die Empfehlungen.“ Bekanntlich hatten die DDR-Bürger Schwierigkeiten, an diese schönen Sachen heranzukommen. Vor allem in der ländlichen Region. In Leipzig sah das schon anders aus, weiß die Historikerin aus eigener Erfahrung. Ein Mädchenkleid aus Havelberger Produktion, das sie für ihre Tochter gekauft hatte, befindet sich in ihrem Fundus.

„Ich habe so viele Jahre im Museum gearbeitet, da hört die Suche nach Geschichte nicht auf. Es steckt in mir drin, Historisches zu jagen und zu sammeln. Aber mit Hintergrund“, erklärt Alice Peterich, die für die Schweriner Volkszeitung auch Geschichten aus ihrer Kindheit schreibt. Viel Geduld ist erforderlich. Bis ihr erstes Buch druckreif war, hat es acht Jahre gedauert. Für die Kindermode der DDR rechnet sie noch mit drei bis vier Jahren Arbeit. „Wichtig sind vor allem auch viele Kontakte und solche Leute wie Herr Masur, die Fotos aus Archiven retten, das ist ein großer Schatz.“

Unter dem Titel „Zeigt her eure Kleider“ hatte es 2015 in der Stiftung Mecklenburg in Schwerin eine Ausstellung mit Exponaten gegeben, die zum großen Teil aus der Sammlung von Alice Peterich stammen. Eine Ausstellung zur Kindermode der DDR kann sich Sabine Ball im Prignitz-Museum vorstellen. Kleidung, Fotos, Stoffe – alles, was mit dem Thema zusammenhängt, könnte präsentiert werden. Die vier Kleidchen, Hose und Shirt aus dem Prignitz-Museum natürlich auch. „Wir würden uns freuen, wenn wir diese Sammlung noch erweitern könnten, wer noch Kleidung aus Havelberg hat, kann sie gern bei uns abgeben.“

Wer Alice Peterich unterstützen möchte, kann sich an sie wenden per E-Mail an alichris@online.de oder telefonisch unter 04323/14 49.