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Im Jahr 1730 Wuster gedenken der Katte-Hinrichtung

Alljährlich erinnern die Wuster an die Hinrichtung Hans Hermann von Kattes im Jahr 1730.

11.11.2015, 23:01

Wust (asr) l Die Ehrenamtlichen vom Geschichtskreis und Marionettenbühne Wulkow-Wust (GuM) hatten zur Erinnerung an den Todestag 6. November 1730 des Hans Hermann von Katte eingeladen und Gäste aus Nah und Fern sind der Einladung gefolgt.

Wie in jedem Jahr standen die GuMler wieder vor der Frage, wie man die Erinnerung trotz der steten Wiederholungen gestalten könnte. Es gibt eine Fülle von historischen Abhandlungen, Biografien, Romanen und sogar Theaterstücken, die herangezogen werden können. Buchautoren, die aus ihren Werken lesen, Vorträge, die anerkannte Historiker nach Wust kommen lassen – das alles gab es schon! In diesem Jahr sollten die Beteiligten der Katte-Tragödie, König Friedrich Wilhelm I., Kronprinz Friedrich, der Vater Hans Heinrich von Katte und natürlich Hans Hermann, selbst zu Worte kommen. Wie haben sie die Ereignisse und Entscheidungen erlebt, was dabei empfunden? Eine Lesung ausgewählter Briefe, Erlasse und biografischer Schilderungen bot sich an.

Geeignete Akteure dafür wurden gesucht und gefunden. Für die Lesung kam eine Zusage von zwei Vertretern des „genthiner amateurtheater“. Für Eckhard Neumann und Alfred Jansky war es eine Herausforderung, die sie gerne annahmen. In drei Abschnitten trugen die Amateurschauspieler die Texte gefühlvoll und eindringlich vor. Begleitet wurden sie von vier Musikerinnen der Rathenower Musikschule unter der Leitung von Iva Becheva. Beeindruckend, wie besonders die beiden jungen Musikerinnen Antonia Maday (9 Jahre) und Katharina Weichelt (18 Jahre) ihr Spiel auf der Blockflöte meisterten. Sie brachten zusammen mit Irina Lawrinowitsch (Klavier) und Iva Becheva musikalische Werke von Händel, Francesco Geminiani, Loeillet und Roberto Valentini zum Klingen. Den Musikerinnen und den Schauspielern gilt herzlicher Dank und die GuMler freuen sich auf die Zusammenarbeit bei kommenden Veranstaltungen.

Ein Anliegen der Katte-Erinnerung ist es, an Personen der preußischen Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, politische Ereignisse und Entscheidungen der Mächtigen dieser Zeit zu erinnern, sie verständlich für die Menschen hier und heute darzustellen. Bezüge zur aktuellen Politik sollten auch dazugehören.

Der Vorsitzenden von GuM, Matthias Kage, stellte in seiner Begrüßung Gedanken zur aktuellen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Bundesregierung in Verbindung mit dem Edikt von Potsdam aus dem Jahr 1685 voran, aus der Zeit also, in die die Katte-Tragödie fällt. Dieses Potsdamer „Toleranz-Edikt“, erlassen vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, gilt heute als ein Höhepunkt der Einwanderungspolitik deutscher Territorialfürsten. Der Kurfürst, im Gegensatz zur evangelisch-lutherischen Bevölkerungsmehrheit Brandenburgs selbst calvinistischen Glaubens, bot seinen in Frankreich wegen ihrer Religion verfolgten protestantischen Glaubensgenossen, den Hugenotten, freie und sichere Niederlassung in Brandenburg an. Insbesondere schwach besiedelte Gebiete sollten mit angeworbenen Menschen besiedelt werden – solche Gebiete gab es nach dem Dreißigjährigen Krieg viele. Den Flüchtlingen wurden großzügige Privilegien gewährt, unter anderem Befreiung von Steuern und Zöllen, Subventionen für Wirtschaftsunternehmen und Bezahlung der Pfarrer durch das Fürstentum. Matthias Kage: „20 000 Flüchtlinge sollen diesem Ruf gefolgt sein. In der Folge stieg die Einwohnerzahl von Berlin um ein Drittel. Letztendlich gestalteten sie die Wirtschaft, Kultur und die Wissenschaften Brandenburgs und Preußens mit und wurden ein Teil dessen, auf das viele Menschen heute stolz sind: die preußische Geschichte.“