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Pferdemarkt Elfjähriger suchte eine liebe Mutti

Beim Blick in die Geschichte des Pferdemarktes in Havelberg ist auch diese Geschichte aufgefallen.

Von Andrea Schröder 03.08.2016, 01:01

Havelberg  l „An den Heiratsmarkt in Havelberg. Ich suche für mich eine neue, liebe Mutti. Bin 11 Jahre alt. Mein Vati ist 48 Jahre und 1,75 groß. Habe noch einen Bruder von 13 Jahren“, ist in der Havelberger Pferdemarktchronik zu lesen. In ordentlicher Schreibschrift hatte dieser Junge Ernst aus Berlin einen Brief an den Bürgermeister geschrieben. Das gewünschte Alter für seine neue Mutti gab er mit 30 bis 45 Jahren an. Ohne Anhang sollte sie sein. Nach der Adresse folgte noch der Hinweis, dass seine Mutti im Mai 1944 verstorben ist und dass sein Vati bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt ist.

Die Antwort vom Bürgermeister vom 23. Januar 1947, im Auftrag unterschrieben vom ­Stadtinspektor, lautete folgendermaßen: „Lieber Ernst! Ich muss Dir leider mitteilen, dass Dein Wunsch nicht zu erfüllen ist. Der sogenannte Heiratsmarkt in Havelberg findet erst im September 1947 wieder statt und es ist dazu auch notwendig, dass Dein Vati sich selbst nach Havelberg bemüht.“

Weiterhin ist in der Chronik eine Notiz zu finden, dass erstmals nach dem Krieg wieder ein „Großer Markt“ stattfindet. „Ganze 270 Pferde stehen zum Verkauf oder Tausch. Gehandelt wird mit Futter- und Lebensmitteln und Zigaretten zu horrenden Schwarzmarktpreisen, Igilitschuhen, Kochtöpfen und Kannen aus Stahlhelmen und Gasmaskenbüchsen und mit Holzgasanlagen zum Antrieb von Fahrzeugen.“